Hamburg. Die großen gemeinsamen Pläne außerhalb Hamburgs werden nicht mehr verfolgt. Dennoch bleiben die Unternehmen eng verwoben. Die Details.
Edeka-Chef Markus Mosa ist ein zurückhaltender Mensch. Bei den wenigen öffentlichen Terminen schlägt er eher leise Töne an, Interviews gibt er selten. Da war es schon eine Überraschung, als der Hamburger vor knapp sieben Jahren nach der Kooperationsvereinbarung von Deutschlands größter Supermarktkette mit dem Hamburger Drogeriewarenhändler Budnikowsky eine klare Ansage an die Wachstumserwartungen des Fachmarktkonzepts machte. Bis zu 50 Budni-Märkte unter der Regie von Edeka-Kaufleuten sollten demnach jährlich zusätzlich zu den Filialen der Gründerfamilie eröffnen und den Branchenriesen Rossmann und dm Kunden abjagen.
Jetzt zeigt sich: Der Plan einer deutschlandweiten Budni-Expansion ist nicht aufgegangen.
Es ist nicht der einzige Flop mit eigenen Fachmärkten in jüngster Zeit. Auch die Biokette Naturkind, 2019 mit der Eröffnung der ersten beiden Geschäfte in Hamburg und in Dinkelsbühl (Bayern) gestartet, steht in dieser Form vor dem Aus. Der Hamburger Laden in der Neuen Mitte Altona ist seit Ende November geschlossen. Edeka will die Biomarke jetzt mit erweitertem Sortiment im Supermarkt sowie einem Shop-in-Shop-Modell weiterbetreiben.
Edeka schließt Budni-Drogeriemärkte in mehreren Regionen
Bei den Budni-Drogeriemärkten ist der Rückbau deutlich sichtbarer. Mitte Februar wird sich die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover endgültig von dem stationären Drogeriegeschäft verabschieden. Die Kaufleute aus Niedersachsen, die Anfang 2019 in Bremerhaven den ersten Budni-Markt außerhalb des lokalen Stammgebiets eröffnet hatten, schließen jetzt den letzten Standort in Metgendorf bei Oldenburg. Schon Ende des Jahres hatte die Handelsgesellschaft in Berlin zwei Budnis in Wedding und Zehlendorf sowie einen dritten in Potsdam dichtgemacht.
Die Budni-Märkte in der Edeka-Region Nordbayern, Sachsen, Thüringen sind bereits seit 2022 verschwunden. Von den bundesweit 193 Budnis werden den Angaben zufolge im Moment nur noch sieben unter dem Edeka-Dach betrieben. Dabei handelt es sich um Standorte in der Region Edeka Südwest. Den Löwenanteil mit 186 Budni-Filialen betreibt die Gründerfamilie Wöhlke über die Ivan Budnikowsky GmbH & Co.KG im Stammland Hamburg und Umgebung.
Konkurrenz zwischen Edeka und Budni Grund für Aufgabe der Berliner Märkte?
Zu den Gründen für den Rückzug äußerte sich Edeka Minden-Hannover auf Abendblatt-Anfrage nicht konkret. Man habe sich bereits im vergangenen Jahr aus strategischen Gründen dazu entschieden, alle Aktivitäten in Berlin, Potsdam sowie in Metjendorf rund um das Vertriebsformat Budni-Drogeriemarkt einzustellen, erklärte eine Unternehmenssprecherin.
Offenbar gibt es aber, neben der Konkurrenzsituation mit Rossmann, dm und Müller im hart umkämpften Drogeriemarkt sowie der fehlenden Markenbekanntheit von Budni außerhalb von Hamburg und Norddeutschland, auch hausgemachte Reibungsverluste. Die Altgesellschaftfamilie Wöhlke hat in den vergangenen Jahren die eigene Expansion in Berlin verstärkt und betreibt in der Hauptstadt bereits zehn Märkte – mit weiteren Plänen für Neueröffnungen.
Das kommt bei der für Berlin zuständigen Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover offenbar nicht so gut an. „Die Erfahrung der letzten Jahre hat uns gezeigt, dass es angesichts der parallel laufenden Expansionsaktivitäten der Ivan Budnikowsky GmbH & Co.KG im Großraum Berlin für uns als Unternehmen strategisch nicht länger sinnvoll ist, Kapazitäten in dieses Vertriebsformat zu investieren“, so die Sprecherin.
Familie plant weitere Budnis in Berlin
Es sieht so aus, als ob in der Metropole mit knapp vier Millionen Einwohnern nicht genug Platz für beide Betreiber der Marke ist. „Sobald zwei Spieler den gleichen Markt bespielen, kommt es zu Wettbewerb, das ist mit derselben Marke weder konstruktiv noch sinnvoll. Und Wettbewerb ist nicht nur Wettbewerb um Kunden, sondern auch um gute Standorte“, sagte Budnikowsky-Geschäftsführer Carsten Neumann dem Abendblatt.
Dabei spielt möglicherweise auch die unterschiedliche Feinjustierung der Konzepte eine Rolle. Während die Budnis unter dem Edeka-Dach in der Regel eher auf das günstige Drogeriesortiment setzten, sind die Budni-Filialen der Familie Wöhlke auch Nachbarschaftsläden mit einem breiteren Angebot mit lokalen Produkten und Lebensmitteln sowie einem Leitsystem zum umweltfreundlicheren Einkauf. Bemühungen, die Ladenkonzepte zu vereinheitlichen, sind offenbar schwieriger umzusetzen als erwartet.
Das geht so weit, dass die geschlossenen Märkte in Wedding und in Zehlendorf nicht von den Hamburger Budni-Betreibern übernommen wurden, sondern vom Konkurrenten Rossmann. Die Altgesellschafter hätten sich sehr früh dagegen entschieden, die Standorte zu betreiben, insofern sei es nur folgerichtig, diese nun auch nicht zu übernehmen, kommentierte Geschäftsführer Neumann. „Die Iwan Budnikowsky GmbH & Co. KG sucht weiterhin nur Standorte, die langfristig erfolgversprechend sind, und findet sie auch. So werden wir im zweiten Quartal den nächsten Standort in Berlin-Friedrichshain eröffnen.“
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Hinter der Konkurrenz unter gleichem Namen steckt eine ungewöhnliche Konstruktion. Die Budnikowsky-Inhaberfamilie Wöhlke hatte 2017 nach schwierigen finanziellen Jahren einen Strategiewechsel eingeleitet und ist eine Kooperation mit dem Edeka-Verbund eingegangen. Das Gemeinschaftsunternehmen, in dem die Bereiche Einkauf, Logistik, Marketing und IT ausgegründet worden waren, ist inzwischen mehrheitlich in der Hand von Edeka. Das Ziel: niedrigere Einkaufspreise in dem hart umkämpften Drogeriegeschäft. Die Wöhlkes agieren mit ihrem Filialnetz in Hamburg und Norddeutschland sowie in Berlin praktisch wie selbstständige Edeka-Kaufleute im Verbund.
2019 hatte Edeka begonnen, auch eigene Budnikowsky-Märkte zu betreiben. Schon im Jahr vorher hatten die Altgesellschafter ihren ersten Budni außerhalb des Stammgebiets in Berlin eröffnet und hatten 2022 einen Roll-out im größeren Stil angekündigt. Eine weitere Folge der Kooperation: Zahlreiche bekannte Marken wurden bei Budni ausgelistet, dafür liegen vermehrt Eigenmarken aus der Edeka-Familie und von der Discounterkette Netto in den Regalen. Nicht immer zur Freude der Kunden.
Handelsexperte: Budni hat lokale Daseinsberechtigung
„Es gibt bundesweit in Summe zu wenige Budni-Märkte. Dadurch ist die Einkaufsmacht zu gering, und die Preise sind zu hoch“, bewertet Jörg Funder, Professor an der Hochschule Worms und Direktor des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagement, Edekas Einschnitte im Budni-Filialnetz. Auf Dauer seien die beiden Branchenführer Rossmann und dm in dem Segment gesetzt. „Die sind gekommen, um zu bleiben.“ Müller habe sich mit einem deutlich umfangreicheren Sortiment zu einem kleinen Kaufhaus entwickelt.
„Die Frage ist, wie es mit Budni weitergeht, der Nummer vier in dieser Quadriga“, sagt der Handelsexperte. Er sieht vor allem eine lokale Daseinsberechtigung für das Hamburger Unternehmen. „Ich denke, so wird es auch erst mal bleiben.“ Weitere stationäre Budni-Fachmärkte in anderen Regionen seien angesichts der Marktabdeckung der Konkurrenz nicht erforderlich.
Edeka schließt Budni-Märkte und setzt auf „Beautybox“
Unter dem Edeka-Dach verbleiben jetzt vorerst nur sieben Budni-Märkte in der Region Südwest. Die Unternehmenszentrale in Hamburg verweist bei Nachfragen zur Schrumpfung des Budni-Netzes auf die Regionen, die für die Expansion zuständig sind. Und auf eine Neuerung: „Zusätzlich haben wir im vergangenen Jahr das Shop-in-Shop-Konzept ,Budni Beautybox‘ entwickelt und an den Start gebracht“, so ein Edeka-Sprecher.
Die erste Eröffnung war den Angaben zufolge im Mai 2023 in Villingen-Schwenningen (Baden-Württemberg). Bis Ende 2023 folgten sechs weitere Märkte. Im laufenden Jahr sind zahlreiche weitere Märkte in Planung. Nach einer Pilotphase soll das Konzept auch überregional ausgeweitet werden.