Hamburg. Verbraucherzentrale Hamburg ruft zur Wahl auf und meldet einen Rekord bei versteckten Preiserhöhungen. Wie die Hersteller tricksen.

Es ist ein Jubiläum in einem Rekordjahr: Zum zehnten Mal ruft die Verbraucherzentrale Hamburg (vzhh) Interessierte auf, sich an der Wahl zur Mogelpackung des Jahres zu beteiligen. Und die Auswahl war dabei so groß wie nie.

104 Produkte seien 2023 in die Liste mit Mogelpackungen aufgenommen worden, teilte die Organisation am Donnerstag mit. Das sei ein Rekord gewesen. Im Jahr zuvor waren es 76, im Jahr 2021 sogar nur 47 Produkte, die durch versteckte Preiserhöhungen auffielen.

Wahlaufruf: Mogelpackung des Jahres 2023 – das sind die fünf Kandidaten

„Viele Verbraucherinnen und Verbraucher fühlen sich von der Politik im Stich gelassen“, sagte Lebensmittelexperte Armin Valet und forderte strengere Verpackungsregeln. Derzeit seien in der Regel bis zu 30 Prozent Luft in der Packung erlaubt, in manchen Fällen sogar mehr.

Ziel müsse es sein, dass alle Verpackungen von den Herstellern grundsätzlich bis zum Rand befüllt werden. Ein Eckpunktepapier des Verbraucherschutzministeriums, wonach bei verringertem Inhalt auch die Verpackung eines Produkts schrumpfen soll, mache Hoffnungen, reiche aber nicht aus. Es müsse von außen gut ersichtlich sein, ob die Füllmenge eines Produkts reduziert wurde.

Mogelpackung: Die Abstimmung läuft bis zum 22. Januar

Eine Kennzeichnung direkt auf der Verpackung wäre die verbraucherfreundlichste Lösung. „Aktuell gleicht unsere Suche nach den geschrumpften Packungen detektivischer Recherchearbeit“, so Valet. „Das können die Menschen nicht mal eben beim Einkauf im Supermarkt nebenher bewerkstelligen.“

Lebensmittelexperte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg fordert strengere Verpackungsregeln.
Lebensmittelexperte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg fordert strengere Verpackungsregeln. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Für das abgelaufene Jahr stellt die vzhh nach einer Vorauswahl nun fünf Kandidaten zur Abstimmung mit folgenden Begründungen:

Kandidat 1: Yoghurt-Gums von Katjes

Äußerlich änderte sich nichts. Design und Tüte der Yoghurt-Gums von Katjes seien gleich geblieben – doch die Inhaltsmenge schrumpfte: Statt 200 sind nur noch 175 Gramm drin. Der Preis sei mit 99 Cent fast überall gleich geblieben. Unterm Strich ergebe das eine versteckte Preiserhöhung von 14 Prozent.

Diesen Trick wandte Katjes bei mehr als 30 Sorten an, von Fred Ferkel über Grün-Ohr-Hasen bis zu Katzenpfötchen. Bei größeren Verpackungseinheiten sei die Menge zum zweiten Mal binnen eines Jahres um jeweils 25 auf jetzt 250 Gramm gesunken. Durch diesen Doppelschlag seien die Waren sogar 20 Prozent teurer geworden. Zudem gebe es nun viel mehr Verpackungsmüll, monierten die Verbraucherschützer.

Kandidat 2: Tuc Bake Rolls Meersalz von Mondelez

„Eine solche Mogelpackung hatten wir noch nie“, hieß es bei der vzhh Anfang März. Da waren die Tuc Bake Rolls Meersalz zum Sieger der Wahl für den Februar gekürt worden. Hersteller Mondelez biete quasi die gleichen Brotchips unter anderen Namen „neu“ an – aber mit weniger Inhalt.

Beim Vorgängerprodukt 7Days waren 250 Gramm in der Packung, die bei Rewe 1,39 Euro kostete. Bei den nun erhältlichen Tuc Bake Rolls stecken nur noch 150 Gramm drin, dafür werden 1,89 Euro aufgerufen. Das Aussehen, die Rezepturen und die Nährwerte wie Fettsäuren, Zucker und Eiweiß der Bake Rolls von Tuc und 7Days seien „quasi identisch“, so Valet damals.

Kandidat 3: Chocolat Amandes Vollmilch von Aldi

Mit 22,5 Zentimetern Länge misst die Marzipan-Schokolade Chocolat Amandes Vollmilch 4,5 Zentimeter mehr als früher. Bei seiner Hausmarke packt der Discounter Aldi allerdings nun weniger Inhalt rein. Statt 184 sind nur noch 150 Gramm Süßes drin.

Gleichzeitig wurde an der Qualität gespart, weil der Marzipangehalt sank. Das Phänomen wird Skimpflation genannt. Zunächst wurde der Preis zwar von 1,59 Euro auf 1,49 Euro gesenkt. Das entsprach aber immer noch einem Aufschlag von 15 Prozent. Wenig später kostete die Schokolade sogar 1,69 Euro – plus 30 Prozent.

Kandidat 4: Listerine Total Care von Johnson & Johnson

Die Flasche ist gleich hoch, aber schlanker – mit dem bloßen Auge sei das kaum zu erkennen. Hersteller Johnson & Johnson füllt seit 2023 statt 600 nur noch 500 Milliliter in die Flasche seiner Mundspülung Listerine. Zudem habe zum Beispiel Kaufland den Preis von 4,45 Euro auf 4,95 Euro erhöht. Macht unterm Strich eine Erhöhung von fast 34 Prozent.

Kandidat 5: Oreo Stieleis von Froneri

Das Oreo Stieleis gab es früher immer im Vierer-Pack. Seit vergangenem Jahr sind nur noch drei Stück in einer Packung. Zudem ist das Stieleis um 20 Milliliter geschrumpft. Aus viermal 110 Milliliter wurden dreimal 90 Milliliter Eis. Zwar blieb der Verkaufspreis gleich, aber unterm Strich liegt die Preiserhöhung bei 63 Prozent.

Mehr Wirtschaftshemen

Hergestellt wird das Oreo Stieleis vom Unternehmen Froneri, das hierfür als Lizenznehmer die Rechte vom Lebensmittelkonzern Mondelez erworben hat. Das gilt auch für die Marken Daim und Toblerone, für die die vzhh ebenfalls eine Verteuerung feststellte.

Die Abstimmung läuft bis zum 22. Januar um 16 Uhr unter https://umfrage.vzhh.de/webform/mogelpackung2023