Hamburg. Geringere Frachtraten und neue Schiffe auf den Weltmeeren lassen Erträge schmelzen. Das hat Folgen für die Stadt als Anteilseignerin.

Wenn Hapag-Lloyds Vorstandschef Rolf Habben Jansen sich jüngst öffentlich äußerte, hatte er fast immer ausschließlich positive Nachrichten zu vermelden. Hohe Transportpreise hatten zu exorbitanten Gewinnen der Hamburger Traditionsreederei geführt. Neue Schiffe wurden bestellt, Konkurrenten akquiriert. Selbst als die Frachtraten zu Beginn des Jahres einbrachen, gab sich der Manager zuversichtlich: „Das bedeutet eine Normalisierung des Marktes auf dem Vor-Corona-Niveau“, sagte er und zeigte sich zuversichtlich, dass die Raten nicht weiter unter Druck geraten. Doch nun hat sich diese Einschätzung gedreht.

Bei einem Pressegespräch am Montag klang der Reederei-Chef deutlich pessimistischer. „Die See wird rauer“, gab er unumwunden zu. Die Nachfrage nach Containertransporten sei gedämpft, die Hochsaison für Transporte scheine sich zu verzögern, „...der Ausblick für die kommenden Monate ist herausfordernd“, sagte Habben Jansen.

Hamburger Hafen: Hapag-Lloyd-Chef: „Die See wird für uns rauer“

Und dann legte er Kurvendiagramme vor, die genau das besagen. Die durchschnittliche Rate für den Transport eines 20-Fuß-Standardcontainers beträgt derzeit knapp ein Fünftel dessen, was er Anfang 2022 gekostet hat. Während die Preise für Transporte aus China zum Jahresanfang 2023 offenbar ihren Tiefpunkt erreicht haben, fallen die Frachtraten für Atlantiktransporte weiter. Und gerade das ist der Markt, in dem Hapag-Lloyd aktiv ist. Grund dafür ist nicht zuletzt die sinkende Nachfrage, die im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um 4,3 Prozent gesunken ist.

Die Containerschiffe der Reederei Hapag-Lloyd fuhren 2022 noch sehr hohe Gewinne ein. Jetzt sind die Frachtraten auf einigen Routen kaum mehr auskömmlich.
Die Containerschiffe der Reederei Hapag-Lloyd fuhren 2022 noch sehr hohe Gewinne ein. Jetzt sind die Frachtraten auf einigen Routen kaum mehr auskömmlich. © picture alliance / imageBROKER | Ingeborg Knol

Verstärkt wird der Druck auf die Frachtraten dadurch, dass in den kommenden Monaten immer mehr Schiffe auf den Markt kommen. Während der Corona-Krise waren Transportkapazitäten nämlich knapp und die Reedereien beauftragten die Werften, neue Schiffstonnage zu bauen. So wird schon in diesem, vor allem aber im folgenden Jahr das Angebot an Seetransporten die Nachfrage übersteigen, mutmaßt Habben Jansen. „Wir sind von der Situation während der Schifffahrtskrise 2009 weit entfernt“, sagt er einerseits. Anderseits gibt er zu: „Wir müssen aktiv an unserem Kosten- und Kapazitätsmanagement arbeiten.“

Gewinne gehen massiv zurück

Und das gilt auch für alle anderen Reedereien. Zwar sind Hapag-Lloyd & Co weit davon entfernt, Verluste zu schreiben. Vergleicht man ihre Gewinne aber mit denen aus dem Vorjahr, sieht man allenthalben Abstürze. Branchenprimus Maersk hat im ersten Halbjahr dieses Jahres ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von rund 3,6 Milliarden Euro erzielt. Klingt schön – das ist aber nur ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum. Bei der drittgrößten Reederei CMA CGM waren es 78 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2022 und insgesamt 3,3 Milliarden Euro. Und bei Hapag-Lloyd reduzierte sich das Konzernergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Drittel. Betrug der Gewinn unterm Strich 8,65 Milliarden Euro zum Halbjahr 2022, sind es in diesem Jahr 2,89 Milliarden Euro gewesen.

„Die Reedereien werden künftig deutlich weniger verdienen. Sie haben das auch erkannt und rechtzeitig neue Sparmaßnahmen eingeleitet und Effizienzprogramme aufgelegt“, sagt Jan Ninnemann Schifffahrtsprofessor an der Hamburg School of Business Administration. Er fügt aber hinzu: „Die Aktionäre müssen sich allerdings auf schmalere Dividenden einstellen.“

Dividende für Hamburg fünfmal geringer als im vergangenen Jahr

Das gilt im Fall von Hapag-Lloyd insbesondere für die Stadt Hamburg. Sie hält 13,9 Prozent an Deutschlands größter Containerreederei und wird sich in diesem Jahr auf eine deutlich schmalere Dividendenausschüttung vorbereiten müssen. 17 Milliarden Euro hat Hapag-Lloyd 2022 verdient und davon elf Milliarden Euro also etwa 65 Prozent an ihre Aktionäre ausgeschüttet. 1,5 Milliarden davon flossen an die Stadt Hamburg.

Finanzsenator Andreas Dressel muss mit weniger Geld rechnen: Die Zeit, dass Hapag-Lloyd mehr als eine Milliarde-Dividende an die Stadt zahlte, ist vorbei.
Finanzsenator Andreas Dressel muss mit weniger Geld rechnen: Die Zeit, dass Hapag-Lloyd mehr als eine Milliarde-Dividende an die Stadt zahlte, ist vorbei. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez

Das Geld wurde dazu verwendet, Risiken abzufedern, die sich aus der Kostenentwicklung im Bereich Klimaschutz und Energiekosten ergeben, teilte die Finanzbehörde am Montag mit. Ein Teil der Summe investierte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) auch in die Mobilitätswende und Infrastrukturinvestitionen und vor allem in Rückstellungen für die Pensionsansprüche der Beamtinnen und Beamten der Stadt.

Hochsaison im Containertransport bleibt aus. Reeder vor herausfordernden Monaten

Selbst wenn Hapag-Lloyd auch in diesem Jahr wieder 65 Prozent des Gewinns an die Aktionäre weitergeben sollte, würden für Hamburgs Staatssäckel nicht mehr als 350 Millionen Euro herausspringen – etwas mehr als ein Fünftel der vorherigen Einnahmen. Hapag-Lloyd rechnet nämlich unter dem Strich nur mit einem Jahresgewinn zwischen zwei und vier Milliarden Euro.

Und das auch nur, wenn sich die Lage an den Schifffahrtsmärkten nicht weiter verschlechtert. „Es herrscht derzeit keine Katastrophenstimmung am Markt. Besorgniserregend könnte die Situation aber werden, wenn die Nachfrage nach Schiffstransporten so schwach bleibt, aber im kommenden Jahr zahlreiche neu bestellte Schiffe auf den Markt kommen“, sagt Jan Tiedemann vom Branchendienst Alphaliner. „Dann besteht wieder die Gefahr, dass es zu Überkapazitäten an Schiffstonnage kommt. Und wie sich die Frachtraten dann verhalten, steht in den Sternen.“

Hamburger Hafen: Exporte aus China sind extrem zurückgegangen

Auch Alexander Geisler, Geschäftsführer der Vereinigung Hamburger und Bremer Schiffsmakler, sieht im Moment noch keine Gefahr. „Die Störung der Märkte aus der Corona-Zeit ist überwunden. Die Frachtraten liegen stabil knapp über denen von 2019. Wir würden darüber überhaupt nicht reden, wenn die Weltwirtschaft etwas stabiler wäre.

Die Exporte aus China sind extrem zurückgegangen. Die Branchen Stahl und Bau haben eine Deflation und auch dem chinesischen Binnenmarkt geht es nicht gut.“ In den USA habe die Bestellwut bei Amazon nachgelassen und in Europa herrsche Konsumflaute. „Sorgen bereiten mir aber die deutschen Exporte, die stark nachlassen.“

Egal, ob die Experten Optimismus verbreiten oder Skepsis: Handelsschifffahrt ist und bleibt ein unsicheres Geschäft.

Hapag Lloyd: Beteiligungspläne an koreanischer Reederei HMM geplatzt

Unterdessen wurde bekannt, dass aus den Plänen von Hapag-Lloyd zum Einstieg bei der südkoreanischen Reederei Hyundai Merchant Marine (HMM) nichts wird. „Wir sind aus diesem Prozess raus“, sagte der Reederei-Chef Rolf Habben Jansen.

Hapag-Lloyd wäre ein guter Partner für die weltweit achtgrößte Reederei gewesen, zeigte sich der Chef der weltweit fünftgrößten Reederei überzeugt. Doch die Südkoreaner hätten sich nun entschieden, ihr Ziel mit anderen Parteien zu verfolgen. „Ich denke, das ist in Ordnung.“ Es sei von Anfang an klar gewesen, dass es so kommen könnte.