Hamburg. Ansteckende Krankheit in der Unterkunft. Es fehlen Isolierräume. Sozialarbeiter kritisieren medizinische Versorgung.

Erstmals ist in Hamburg wegen einer ansteckenden Krankheit die Aufnahme von Flüchtlingen in einer Unterkunft gestoppt worden. Im Zeltlager Jenfelder Moorpark sei bei mehreren Dutzend Bewohnern die Krankheit Scabies (Krätze) festgestellt worden, teilte das städtische Unternehmen „Fördern & Wohnen“ am Wochenende mit. Bis auf Weiteres würden in Jenfeld keine weiteren Flüchtlinge aufgenommen oder von dort verlegt werden. Die rund 800 Bewohner des Zeltlagers würden eingehend untersucht.

Die oppositionelle CDU und Sozialarbeiter aus den Unterkünften beklagten Mängel bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen. Die Verfügbarkeit von Ärzten sei zuletzt „nicht zufriedenstellend“ gewesen, räumte auch „Fördern & Wohnen“ ein und kündigte eine Personalaufstockung an. Zudem fehlten Isolierräume, hieß es von Mitarbeitern der Unterkünfte.

Unterdessen verlangen Hamburger Politiker mehr finanzielle Hilfe der Bundesregierung. Der Bund habe zugesagt, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zusätzlich bis zu 2000 Mitarbeiter einzustellen, damit über die Asylanträge zügig entschieden werden könne, sagte Bürgermeister Olaf Scholz und fügte hinzu: „Das muss jetzt ganz schnell vollzogen werden.“

FDP-Fraktionschefin Katja Suding forderte die komplette Übernahme der Kosten für die Flüchtlingsunterbringung durch Berlin. „Wenn der Bund für beides zuständig wäre, dann würden die Verfahren schneller laufen“, sagte sie dem Abendblatt. Ähnlich argumentierte Scholz. Der Bund sollte nach einem Jahr Aufenthalt die Lebenshaltungs- und Unterbringungskosten der Antragsteller tragen. „Das würde eine jährliche finanzielle Entlastung zwischen ein und zwei Milliarden Euro bedeuten, die bei wachsenden Flüchtlingszahlen automatisch mitwachsen würde.“ Zudem entwickelte der Bund so ein eigenes Interesse, die Asylanträge schnell zu bearbeiten.

„Länder und Kommunen brauchen jetzt schnelle Hilfen“, sagte die Linke-Fraktionschefin, Cansu Özdemir. „Vor allem für die menschenwürdige Unterbringung der Schutzsuchenden muss dringend eine Lösung gefunden werden.“ Der Haushaltsexperte der Grünen, Farid Müller, forderte einen „substanziellen Beitrag“ des Bundes. „Hamburg kann das nicht wuppen.“

Tausende bei Abendblatt-Spendenaktion

Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab
Die Hamburger gaben am Montag bis zum Abend Tausende Spenden ab © Michael Rauhe | Michael Rauhe
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden
Die Schwestern Hannah (l.), 20, und Anne Jagusch, 18, kamen aus Volksdorf, um unter anderem Kleidung zu spenden © Andreas Laible
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei
Auch Abendblatt-Redakteur Daniel Herder half mit und hatte sichtlich Spaß dabei © Ralf Nehmzow
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an
Auch Chefredakteur Lars Haider (Mitte) packte mit an © Ralf Nehmzow
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld
Die ersten voll beladenen Lkw fuhren am Mittag vom Hamburger Abendblatt zur Flüchtlingshilfe der Luthergemeinde in Bahrenfeld © Miguel Brusch
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee
Die Luthergemeinde unterstützt unter anderem die Zentrale Erstaufnahme in der Schnackenburgallee © Miguel Brusch
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld
Migranten vor einem Lagerraum der Flüchtlingshilfe in Bahrenfeld © HA/ | Miguel Brusch
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen
Til Schweiger hatte im Vorfeld bei Facebook zur Teilnahme aufgerufen © Miguel Brusch
Die Spenden werden in Lkw geladen
Die Spenden werden in Lkw geladen © Miguel Brusch
Tüten voller Spenden wurden abgegeben
Tüten voller Spenden wurden abgegeben © Miguel Brusch
Die meisten Menschen spendeten Kleidung
Die meisten Menschen spendeten Kleidung © Miguel Brusch
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Aber auch Koffer, Spielzeug und Kinderwagen brachten die Menschen vorbei
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße
Die Schlange reichte teilweise bis auf die Straße © HA/ | Miguel Brusch
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge
Von 11 bis 19 Uhr sammelt das Hamburger Abendblatt Spenden für Flüchtlinge © HA | Miguel Brusch
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr
Dringend benötigt werden Kleidung, Bettwäsche, Turnschuhe, Regenjacken und Regenschirme, Koffer, Kinderwagen, Fahrräder, Säuglingsnahrung, Fußbälle, Hygieneartikel und vieles mehr © HA | Miguel Brusch
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben
Bürger, die solche Artikel spenden wollen, können diese in der Passage des neuen Redaktionsgebäudes am Großen Burstah 18–32 (zwischen Rathaus und Rödingsmarkt) abgeben © HA | Miguel Brusch
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern
Die Hilfsgüter sollen noch am selben Tag zu den Flüchtlingsinitiativen gebracht werden, die sich um die Bewohner der großen Zentralen Erstaufnahmen kümmern © HA | Miguel Brusch
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen
Bereits vor dem offiziellen Start um 11 Uhr waren rund 80 Menschen gekommen © HA | Miguel Brusch
Und wenig später ...
Und wenig später ... © Miguel Brusch
...bildeten sich schon lange Schlagen
...bildeten sich schon lange Schlagen © Miguel Brusch
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an
Die Flüchtlingszahlen in Hamburg steigen immer weiter an © Miguel Brusch
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt
Zuletzt kamen bis zu 300 Flüchtlinge pro Tag in die Hansestadt © Miguel Brusch
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht
Aufgrund der großen Spendenmenge wurden weitere Lager aufgemacht © HA | Miguel Brusch
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben
Unzählige Kinderwagen und Fahrräder wurden abgegeben © HA | Miguel Brusch
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Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Andre Trepoll, verwies auf die Zusagen des Bundes und kritisierte den rot-grünen Senat. „Es kann nicht sein, dass die Behörden immer noch nicht wissen, wie viel Geld Hamburg letztes Jahr für Flüchtlinge ausgegeben hat.“

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius forderte derweil ein Moratorium für alle Gesetze, die die Beschaffung von Unterkünften für Flüchtlinge erschweren. Dazu zählten das Vergaberecht und das Baurecht.