Wendung im Hamburger Piraten-Prozess: Zwei der Angeklagten haben Geständnisse abgelegt und den Überfall auf die “Taipan“ eingeräumt.

Hamburg. Die Piraten haben ihr Schweigen gebrochen: Nachdem sich ein Angeklagter bereits am vergangenen Mittwoch für den Überfall auf den Hamburger Containerfrachter "Taipan" persönlich entschuldigt hatte, ließen sich zwei der zehn Angeklagten am Montag überraschend vorm Hamburger Landgericht ein.

Ihre Beteiligung am Überfall auf die "Taipan" begründeten beide - Abdi Y. und Hussein C. - mit Zwangslagen. So gab Abdi Y. an, er habe zuletzt als Fischer gearbeitet, jedoch kaum noch etwas gefangen. Es sei immer schwieriger geworden, seine Familie – zwei Frauen und fünf Töchter – zu versorgen.

Geradezu verlockend die Aussicht auf das schnelle Geld bei erfolgreicher Kaperung eines Frachtschiffes. „Tausende Dollar“, lässt der Angeklagte über seinen Verteidiger erklären, ließen sich mit der Entführung eines Schiffes verdienen. Durchschnittlich verdient ein Somali im Jahr rund 225 US-Dollar – das vom Bürgerkrieg gebeutelte Land zählt zu den Ärmsten der Welt.

Als mal wieder ein Piratenboot vor seinem Dorf an der somalischen Küste vor Anker gegangen sei, habe er sich mit drei weiteren Männern aus dem Dorf den Seeräubern angeschlossen, sagt Abdi Y. Sie seien mit einer Dhau in See gestochen, die zuvor von Landsleuten gekapert worden sei. An Bord hätten sich vor allem indische Matrosen befunden. Am Morgen des siebten Tages, am Ostermontag, sei am Horizont die "Taipan" aufgetaucht. Mit zwei Skiffs - wendigen Schlauchbooten - hätten sie Kurs auf den Frachter genommen und das Schiff beschossen, aber nur „um die Crew einzuschüchtern“, denn der Besatzung sollte „keinesfalls etwas passieren“.

Dass eine Panzerfaust abgefeuert wurde, wie Dierk Eggers, Kapitän der "Taipan", ausgesagt hatte, habe er nicht mitbekommen. Um seine „Freunde“ nicht zu belasten, wolle er nicht sagen, wer die Brücke der "Taipan" mit Schnellfeuergewehren unter Beschuss genommen habe.

Er selbst sei nur ein „Handlanger“ gewesen, der mit anderen Subalternen die „Schmutzarbeit“ übernommen habe. Seine Aufgabe habe darin bestanden, mit einem Eimer eingedrungenes Wasser aus dem Skiff zu schütten. Nach Plan des "Piraten-Chefs" sollte er mit weiteren Seeräubern gleich bei Aufnahme der Lösegeldverhandlungen abgelöst werden. „Wir sollten nicht mitbekommen, wieviel Geld erpresst werden sollte“, sagt Abdi Y. Ihm seien „3000 bis 5000 Dollar" versprochen worden. Doch der Plan ging schief: Zunächst hätten sie an Bord der "Taipan" vergeblich nach der Besatzung gesucht, bevor sie Stunden später von niederländischen Marine-Soldaten festgenommen worden seien.

Hussein C. hingegen will sich zur Sache nicht äußern, will nur Angaben zu seiner Person machen. Als Sechsjähriger habe er miterleben müssen, wie seine Eltern bei einem Granateinschlag getötet worden seien – ein Trauma, das er seither nicht verwunden habe. Er habe sich den Piraten angeschlossen, weil er Geld benötigte, um seinen Sohn bei einem Gläubiger auszulösen. Der Mann habe sein Kind als Geisel genommen, weil er Schulden in Höhe von 1100 US-Dollar nicht habe bezahlen können. „Das war der einzige Grund, warum ich mich an dem Überfall beteiligt habe“, sagt er. Mehrere Zeugen könnten diese Geschichte bestätigen.

Er leide unter Depressionen, habe in deutscher Untersuchungshaft mehrfach kein Essen zu sich nehmen können. Er hoffe, dass ihm das Gericht die Möglichkeit gewähre, telefonisch mit seinem Kind in Kontakt zu treten. "Mir fehlen dafür die Mittel“, sagt Hussein C. Er sei zutiefst traurig und mit den Gedanken nur bei seinem Sohn.

Aus Rücksicht auf die Vernehmung des zweiten Offizieres der "Taipan", Igor S., stellte das Gericht Fragen an die geständigen Angeklagten zurück. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.