Hamburg. CDU-Anfrage lässt die Gerüchteküche brodeln. Der rot-grüne Senat erklärt die Privatisierung 2007 für einen Fehler. Jetzt drängt die Zeit.
Bis 2007 gab es in Hamburg mit Pflegen & Wohnen einen städtischen Pflegeheimbetreiber. Der damalige Senat unter Ole von Beust (CDU) hatte das Unternehmen allerdings der freien Wirtschaft überlassen. Jetzt stützt eine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion an den Senat die Ahnung, dass die Stadt Pflegen & Wohnen wieder zurückkaufen will. Denn dementieren will der Senat das bisher nicht.
Für die mittlerweile 17 Jahre alte Entscheidung der damaligen CDU-geführten Landesregierung, den Heimbetreiber Wohnen & Pflegen zu veräußern, hat der heutige rot-grüne Senat nicht viel übrig. Die Privatisierung und der Verkauf des Heimbetreibers seien „nicht wirtschaftlich vorteilhaft“ für Hamburg gewesen, teilt er in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage mit.
Hamburg: Kauft der Senat Heimbetreiber Pflegen & Wohnen zurück?
Zudem dementiert der Senat nicht, Pflegen & Wohnen zurückkaufen zu wollen. Vielmehr heißt es: Die Finanz- und Sozialbehörde würden die gegenwärtige Situation und vertragliche Lage „sondieren“. Pflegen & Wohnen „war in der Vergangenheit immer ein Garant für hohe Pflegequalität und deckte vielfältige Fachpflegebereiche ab, die von anderen (privaten) Anbietenden aufgegeben oder nicht eingerichtet wurden“, heißt es weiter.
Sollte der Senat das Unternehmen tatsächlich zurückkaufen wollen, wäre der Zeitpunkt nicht zufällig gewählt. Denn 2026 (20 Jahre nach der Privatisierung) laufen für den Heimbetreiber die Verpflichtungen zum Standorterhalt aus, sodass die Stadt ihre letzte Handhabe über Pflegen & Wohnen verliert – und womöglich noch mehr Pflegeheime. Das Unternehmen kümmert sich derzeit an 13 Standorten in Hamburg um Pflege und Betreuung.
Sozialverband Hamburg plädiert für Rückkauf von Pflegen & Wohnen
Der Sozialverband Hamburg teilt mit, einen möglichen Rückkauf zu begrüßen. Oder besser: Der Vorsitzende Klaus Wicher fordert ihn sogar. Der Verband warnt vor einer dramatischen Zuspitzung in der Pflegeversorgung. „Der Senat muss endlich handeln und Pflegen & Wohnen wieder in die öffentliche Hand bringen. Nur so können wir Einfluss auf die Kostenentwicklung nehmen und sicherstellen, dass Pflege bezahlbar bleibt,“ erklärt Wicher.
Der Verkauf des Unternehmens im Jahr 2007 sei ein Fehler gewesen. Pflege gehöre nicht in die Hand von Spekulanten. „Ein Pflegeheim ist keine Fabrik! Und Privatisierungen führen, wie man immer wieder feststellen kann, keineswegs automatisch zu besserer Leistung und höherer Wirtschaftlichkeit“, so Wicher.
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Hamburger Senat erwägt Rückkauf von Pflegen & Wohnen – Linksfraktion plädiert dafür
Auch der pflegepolitische Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Deniz Celik, trommelt für einen Rückkauf von Pflegen & Wohnen. „Ein Rückkauf würde allen nützen: Zum einen den Pflegebedürftigen, die auch weiterhin darauf vertrauen könnten, ihren Heimplatz zu erhalten oder einen Platz zu finden. Zum anderen den Pflegekräften, denen die Stadt mit ihrem Einfluss faire, attraktive und gesundheitserhaltende Arbeitsbedingungen garantieren könnte.“
Celik befürchtet, dass der ehemals städtische Betreiber nach 2026 stationäre Plätze abgebaut und Einrichtungen geschlossen, umgewandelt oder an Investoren verkauft werden. „Für die pflegerische Versorgungssicherheit wäre das katastrophal“, so Celik. Die Linksfraktion hatte bereits 2017 in der Bürgerschaft beantragt, das 2007 privatisierte Unternehmen zu rekommunalisieren.