Hamburg. Spektakulärer Fall: Falscher Polizist gibt sich am Telefon als Einsatzleiter aus und lockt Hamburger in die Falle. Keine Spur zu den Tätern.
- Rentner aus Hamburg ging Trickbetrügern auf den Leim und verlor ein Vermögen
- Opfer holt nach mehreren Anrufen eines falschen Polizisten Goldbarren aus dem Bankschließfach
- Erst Tage später kommt dem 70-Jährigen Rentner ein Verdacht und er ruft die Polizei an – doch die hat keine Spur zu den Tätern
Es dürfte einsamer Rekord sein: Mit dem Trick „falsche Polizisten“ haben Betrüger einen Hamburger Rentner um Gold im Wert von mehr als einer Million Euro gebracht. Opfer ist ein 70 Jahre alter Mann aus Hamburg-Osdorf. Die Täter hatten ihn dazu gebracht, das Gold aus seinem Bankschließfach zu holen und ihnen zu übergeben. Jetzt ermittelt das Landeskriminalamt – doch die Aussichten, die Täter zu fassen, sind gering. Es liegen kaum Ermittlungsansätze vor.
Gold erbeutet: Anrufer gab sich dem Opfer gegenüber als „Einsatzleiter“ aus
Und so trug sich der einmalige Fall zu: Schon am 15. November kontaktiert ein Anrufer den 70-Jährigen, der in einer Villengegend in Osdorf lebt, telefonisch. Der Täter gibt sich damals als „Einsatzleiter“ aus, der gegen eine bulgarische Einbrecherbande ermitteln würde. Bei diesen Ermittlungen seien Hinweise darauf gefunden worden, dass der 70-Jährige Opfer der bulgarischen Bande werden soll – so will es ihm der falsche Polizist weismachen.
Es folgen mehrere Gespräche, mit denen der angebliche „Einsatzleiter“ den Mann letztlich dazu bringt, seine Wertsachen aus seinem Bankschließfach zu holen. Dabei handelt es sich um Goldbarren im Wert von rund 1,13 Millionen Euro. Mit diesem Gold wird der 70-Jährige am 21. November an die Straße Palmaille in Altona gelotst, wo er auf einen Mann trifft.
Damit das ganze konspirativ-offiziell wirkt, wurde sogar ein Kennwort verabredet. Auf das Kennwort hin übergibt der 70-Jährige dem Mann seine Tasche mit den Goldbarren. Und der Unbekannte verschwindet mit der Beute.
Die Telefonnummer, unter der der Täter anrief, war „gespooft“
Tatsächlich kontaktieren die Täter den 70-Jährigen später erneut. Diesmal wollen sie ihm weismachen, dass die Goldbarren eine Fälschung sind. Weshalb die Täter das getan haben, konnte bislang nicht geklärt werden. Nach diesem Telefonat jedenfalls bricht der Kontakt ab. Am darauffolgenden Tag wendet sich der 70-Jährige an die Polizei – diesmal an die richtige.
Dort ermittelt nun das Landeskriminalamt. Die Beamten haben noch keine konkreten Ansätze, um die Täter zu ermitteln. Zwar hatte sein Telefondisplay dem 70-Jährigen bei den Anrufen der Täter eine Nummer angezeigt, die er sich auch notiert hatte. Doch diese Nummer war „gespooft“.
Hinter dem Begriff „Spoofing“ verbergen sich verschiedene Täuschungsmethoden, die bei Kontaktaufnahmen via Computer oder Telefon eingesetzt werden, um die echte Identität des Anrufers zu verschleiern. Im konkreten Fall war es eine falsche Telefonnummer, die dem 70-Jährigen vortäuschte, tatsächlich eine Behörde am anderen Ende der Leitung zu haben.
Gängigste Masche der Telefonbetrüger ist immer noch der „Schockanruf“
Hinter Taten wie dieser stecken in der Regel gut organisierte Banden. Die Anrufe werden oft aus Callcentern, die sich in der Regel im Ausland befinden, getätigt und die Anrufer sind in der Gesprächsführung geschult. Opfer werden oft gezielt ausgesucht. Dabei spielt der Vorname eine große Rolle: Ist es ein heute nicht mehr allzu weit verbreiteter Name, schließen die Täter daraus, dass es sich um einen älteren Menschen handeln könnte – und das sind die bevorzugten Opfer solcher Tätergruppen.
Um an das Geld der Opfer zu kommen, haben die Täter verschiedene Methoden. Am gängigsten sind die sogenannten „Schockanrufe“, bei denen Opfern suggeriert wird, dass ein naher Verwandter – oftmals der Enkel oder die Enkelin – sich in einer Notlage befinde.
In der Regel wird behauptet, dass er einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hätte und eine Haft lediglich durch die Zahlung einer Kaution, die einem Abholer übergeben werden muss, abgewendet werden kann. Neun Fälle, bei denen die Opfer zahlten, wurden in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bekannt. Bei 221 Fällen blieb es beim Versuch.
Polizei Hamburg: „Enkeltrick“-Masche verwenden die Täter kaum noch
Manche Maschen, die früher verbreitet waren, verwenden die Täter heute kaum noch. So wurde der Polizei im ersten Halbjahr 2024 kein einziger Fall des sogenannten Enkeltricks bekannt, bei dem der Anrufer vorgibt, der Nachkomme zu sein und Geld – beispielsweise für einen Autokauf – zu benötigen.
Eine weitere Masche ist das Gewinnversprechen. Dabei soll der „Gewinner“ zunächst eine Bearbeitungsgebühr entrichten, die die Täter dann einsacken. In letzter Zeit werden zudem falsche Steuernachforderungen versendet, und direkt an der Haustür versuchen Täter sich als Handwerker oder Polizeibeamte auszugeben, um in fremde Wohnungen zu gelangen. Immer wieder wird dabei auch Gutmütigkeit ausgenutzt: zum Beispiel indem nach einem Glas Wasser gefragt wird und die Täter sich so Zugang zur Wohnung verschaffen.
Auch über WhatsApp nehmen Betrüger Kontakt zu ihren Opfern auf
Auch das ist eine fiese Masche, mit der Täter ihren Opfern das Geld abknöpfen: Mit einer gefälschten WhatsApp-Nachricht haben Täter eine 69-Jährige dazu gebracht, 29.000 Euro auf verschiedene Konten zu überweisen. Sie hatten vorgegaukelt, die Tochter der Frau zu sein, die sich in einer finanziellen Notlage befinde.
Immer wieder gibt es Fälle, in denen die Täter ihre Opfer über den Messaging-Dienst kontaktieren und behaupten, Sohn, Tochter, Enkel oder ein anderer naher Verwandter zu sein. Die dem Opfer unbekannte Telefonnummer erklären sie damit, dass angeblich das Handy abhandengekommen sei und ein neues samt neuer Nummer angeschafft wurde.
Lovescam: Täter gaukeln ihren Opfern Liebe vor
Eine Frau aus dem Hamburger Süden fiel auf einen Betrüger herein, der sich via Chat als Robbie Williams ausgab und behauptete, von einer gemeinsamen Zukunft mit ihr zu träumen. Die Frau zahlte für eine angebliche gemeinsame Immobilie. Lovescam nennt man diese Masche, bei der Frauen Liebe vorgegaukelt wird, um sie finanziell auszunehmen.
Geradezu skurril wirken manche Betrugsmaschen, die fast ausschließlich in migrantischen Gruppen funktionieren. Beim „Wash-Wash-Trick“ geht es etwa um wundersame Geldvermehrung. Die Täter behaupten, dass sie aus einem Geldschein drei machen können. Dazu legen sie den Schein zwischen zwei Blätter weißes Papier und geben eine „geheime Chemikalie“ dazu.
Dem Opfer wird die Methode vorgeführt, wobei der Täter seinen Schein „vermehrt“. Tatsächlich ist das natürlich ein Trick. Fällt ein Opfer darauf herein, geht es meist um eine größere Summe, die in eine Tüte gesteckt und dann vervielfacht werden soll. Das Geld wird unbemerkt gegen wertloses Papier ausgetauscht.
Polizei Hamburg: Diese fiesen Maschen haben Trickbetrüger
Vor allem in osteuropäischen Communitys funktioniert zuweilen auch der „Verflucht-Trick“. Der beginnt mit einem Gespräch zwischen Täterin – meist eine ältere Frau aus dem russischen Raum – und Opfer. Dann stellt sich die Täterin als angebliche „Wunderheilerin“ vor, die einen Fluch beenden könne. Dazu müsse Geld und Schmuck geholt und in ein Tuch gepackt werden. Dann murmelt die Täterin Zauberformeln.
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Anschließend soll das Tuch mit dem Geld und Schmuck ungeöffnet längere Zeit, manchmal einen Monat lang, unter das Bett gelegt werden. Öffnet man es, sind nur Papierschnipsel darin, die die „Wunderheilerin“ beim Treffen geschickt gegen die Wertsachen ausgetauscht hat.