Geesthacht. Betrugsversuch an Senioren immer perfider. Pensionierte Polizeibeamtin erklärt in Geesthacht die fünf häufigsten Maschen der Täter.

„Meine Frau hat gestern so eine SMS bekommen“, berichtet Ulrich Spielmann vom Geesthachter Seniorenbeirat. „Hallo Mama, ich habe eine neue Handynummer“, erzählt er über den Inhalt. Wie es textlich weitergeht, ist den 40 Zuhörern hier im Bühnensaal des Oberstadttreffs am Dialogweg bekannt, wie durch Handheben signalisiert wird. Auch über WhatsApp gehen diese Nachrichten zurzeit inflationär raus. Es ist der Versuch eines Trickbetrügers, zunächst an die Kontaktdaten und später an das Geld der Angeschriebenen zu kommen.

„Löschen“, lautet der dringende Rat der pensionierten Polizeibeamtin Katharina Seyer. Sie war auf Einladung von Ulrich Spielmann, Gisela Ahlborn und Waltraud Schymura vom Seniorenbeirat in den Oberstadttreff gekommen. Die Aufklärung liegt ihr weiterhin am Herzen. Die ehemalige Polizistin führte ihr Publikum durch mehrere Themenkomplexe. Dabei zeigte sich: Die Verbrecher gehen mit der Technik. Die Entwicklung ist beängstigend.

Thema Enkeltrick: Jetzt ruft schon die Künstliche Intelligenz an

Auf Einladung des Geesthachter Seniorenbeirates kam Ex-Polizistin Katharina Seyer (2. v. r.) zum Sicherheitsvortrag in den Oberstadttreff. Waltraud Schymura (v. l.), Gisela Ahlborn und Ulrich Spielmann haben die Veranstaltung organisiert.
Auf Einladung des Geesthachter Seniorenbeirates kam Ex-Polizistin Katharina Seyer (2. v. r.) zum Sicherheitsvortrag in den Oberstadttreff. Waltraud Schymura (v. l.), Gisela Ahlborn und Ulrich Spielmann haben die Veranstaltung organisiert. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

So dürften Enkeltrick und Schockanrufe durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zukünftig richtig echt werden. Ein Betrüger ruft an, gibt vor, ein Verwandter zu sein, gerade schnell viel Geld zu benötigen und einen Freund vorbeizuschicken, der es abholt. Dabei werden bei einem Anruf mit KI Stimmen imitiert, die den Opfern vorgaukeln, eben dieser Verwandte zu sein. Und zwar mit höchster Qualität, wie sich Ende August Ralf Kusterer, stellvertretender Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft, über die Entwicklung sorgte.

Man könne sich einen Familien-Code ausdenken, schlug eine Seniorin auf dem Sicherheitsvortrag als Gegenmittel vor. So etwas wie: „Wie ist der Name des Hamsters gewesen?“ Eine Fangfrage, wie sich zeigte. „Wir hatten gar keinen Hamster“, erklärte sie anschließend. Das dürfte Trickbetrüger austricksen.

Thema Schockanrufe: In Deutschland gibt‘s keine Kaution

Beim Schockanruf behauptet der Anrufer, Polizist oder auch Staatsanwalt zu sein. Sohn/Tochter/Enkel/Enkelin habe sich etwas zuschulden kommen lassen (einen schweren Unfall etwa). Um den Verwandten vor einer langen Haftstrafe zu bewahren, müsse eine hohe Kaution übergeben werden. „In Deutschland gibt es keine Kaution. Legen Sie auf. Wenn es irgendetwas mit Geld zu tun hat, können Sie sicher sein, dass es Betrüger sind“, sagt Katharina Seyer.

Thema falsche Handwerker: Niemand misstraut Männern im Blaumann

Wer sich mit einem Handwerker-Blaumann tarnt, wird in Deutschland selten argwöhnisch beäugt. Sie wolle mal was ganz Dreistes erzählen, meldete sich auf dem Vortrag eine Zuhörerin zu Wort. „Der Nachbar hatte sich einen neuen Carport gebaut. Dann sind alle in Urlaub gefahren. Kurz darauf fuhr ein Handwerkerauto vor, Leute mit Blaumann bauten den Carport wieder ab. Alle dachten, die sind beauftragt. Die Leute haben sogar noch Kaffee angeboten bekommen“.

Eine andere Frau schildert einen Fall vom Ohlsdorfer Friedhof. „Falsche Gärtner kamen, haben einen neuen Grabstein mitgenommen“, sagt sie. Kein Zeuge habe sich etwas dabei gedacht. Der wurde bestimmt abgeschliffen und neu verkauft. „Es gibt Sachen, die gibt es gar nicht“, sagt die Seniorin.

Katharina Seyer bittet, nie blauäugig zu sein. Im Mehrfamilienhaus gebe es über Handwerkerarbeiten immer eine Mitteilung am schwarzen Brett. Und wenn es echte Handwerker seien, hätten die einen Firmenausweis. Man solle auch niemanden ins Haus lassen bei einem komischen Baugefühl. Die Tür wieder zuzumachen sei nicht unhöflich, sagt sie.

Thema QR-Code-Betrug: Obacht am Parkscheinautomaten

Beim „Quishing“ geht es darum, über vom Opfer gescannte QR-Codes an sein Geld zu kommen. Dabei werden legale QR-Codes, wie sie zum Beispiel im öffentlichen Raum an Parkscheinautomaten angebracht sein können, damit Autofahrer per Handy zahlen, mit einem QR-Code der Betrüger überklebt. Wer bezahlt, zahlt dann an die Gauner. Ob ein echter Code überklebt wurde, ist, lässt sich optisch oder mit dem Fingernagel-Test an der Kante checken.

Mittlerweile sind auch Fälle bekannt geworden im Zusammenhang mit falschen Bußgeldern. Dabei haben Autofahrer ein Knöllchen an der Windschutzscheibe vorgefunden. Wer die angebotene Möglichkeit nutzt und sofort per aufgedrucktem QR-Code zahlt, wird auf eine Webseite der Gauner weitergeleitet – und zahlt an Kriminelle. Noch gefährlicher wird es, wenn es um Bankdaten und das eigene Konto geht. Denn auch per E-Mail werden solchen gefälschten QR-Codes gern verschickt. Davor warnt bereits der Bundesverband deutscher Banken.

Gegenmaßnahmen: Die Handy-Betriebsprogramme Android und iOS zeigen die URL als Vorschau an. Vor allem bei einem verkürzten Link sollten die Alarmglocken klingeln. Wer weitergeleitet wurde, sollte die Webseite genauer unter die Lupe nehmen, ob sie verdächtig erscheint. Wer Zweifel hat, sollte den Vorgang lieber abbrechen.

Thema Einbruch: Wer nicht abschließt, geht bei der Versicherung leer aus

Die meisten Einbrecher kommen am Tag. Die meisten sind Gelegenheitseinbrecher, da muss es schnell gehen, um in die Wohnung zu kommen. Am liebsten unter drei Minuten. Deshalb lohnt es sich auch, die Außenjalousien herunterzulassen, wenn welche vorhanden sind. Auch, wenn man dadurch kundtut, nicht zu Hause zu sein.

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Zwei Methoden, um eilige Langfinder zu stoppen, sind schnell, simpel und völlig umsonst: Auch bei kurzer Abwesenheit die Fenster nie auf Kipp zu lassen und die Haustür immer gut abzuschließen. Ein Einbrecher öffnet per Flippermethode eine zugezogene Tür im Nu. Dabei wird eine Scheckkarte, die nach Art einer Delfinschwanzflosse gebogen ist, in den Türspalt geschoben. Sie hebelt den Schnapper aus. Und ein gekipptes Fenster hat nur noch einen Verriegelungspunkt. Da reicht ein kräftiger Schraubenzieher, um ihn zu knacken. „Da zahlt die Versicherung nichts“, warnt Katharina Seyer.

Einen ganz wichtiger Schutz bietet übrigens eine intakte Gemeinschaft. „Bitte gut in der Nachbarschaft aufeinander aufpassen“, rät Katharina Seyer.

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