Hamburg. Einträgliches Geschäft: Für die einen sind Anwohnerparkgebiete sinnvoll, für die anderen schlicht „Abzocke“. Neuste Zahlen, zwei Erfolge.
- Anwohnerparken ist ein verkehrspolitisches Konzept, doch es lohnt sich füe die Stadt Hamburg auch finanziell.
- Einnahmen sind 2023 noch einmal deutlich gestiegen - für die CDU ist das „Abzocke“
- Verkehrsbehörde verweist auf zwei positive Effekte: Weniger Parksuchverkehr und weniger Unfälle.
An den zahlreichen Bewohnerparkgebieten in Hamburg scheiden sich die Geister: Für die Befürworter nimmt es den Parkdruck aus vielen Quartieren. Die Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) sieht zwei Erfolge für den Verkehr in Hamburg. Gegner werten das Anwohnerparken hingegen als eine weitere Gängelung von Autofahrern und Abzocke der Bürger. Fest steht: Die Hansestadt Hamburg hat mit den Bewohnerparkgebieten im vergangenen Jahr noch einmal deutlich mehr Geld eingenommen als im Jahr zuvor.
So geht das Verfahren: Anwohnerinnen und Anwohner können für ihr Viertel einen Jahresparkausweis für 65 Euro (online) beziehungsweise 70 Euro beantragen und diesen neuerdings auch mit Paypal bezahlen. Erwarten sie Gäste, gibt es hierfür maximal 20-mal im Monat Besucherparkausweise für bis zu 3 Euro am Tag zu beantragen.
Hamburg bekommt mehr Geld: Einnahmen aus Bewohnerparken steigen deutlich
Dahinter steht ein verkehrspolitisches Konzept, doch die Bewohnerparkzonen lohnen sich für die Stadt auch finanziell. Und zwar in steigendem Maße: Durch den Ausbau des bewirtschafteten und geordneten Parkraums stiegen die Einnahmen durch das Bewohnerparken 2023 auf rund 5,7 Millionen Euro, teilte die Verkehrsbehörde auf Abendblatt-Anfrage mit. 2022 waren es noch rund 5,3 Millionen Euro gewesen. Beim Besucherparken lagen die Einnahmen 2023 bei rund 2,6 Millionen Euro im Vergleich zu rund 1,6 Millionen Euro 2022. Im vergangenen Jahr waren in Hamburg neue Bewohnerparkgebiete, etwa auf der Uhlenhorst und in Hohenfelde dazugekommen.
In seinem Wirtschaftsplan für 2023 hatte der Landesbetrieb Verkehr (LBV) zudem circa 1,7 Millionen Euro für alle Ausnahmegenehmigungen (davon sind Ausnahmen für Handwerksbetriebe, Pflegedienste nur ein kleiner Teil) veranschlagt, die noch hinzukommen. Ebenso müssen zu diesen Summen die Einnahmen aus den Parktickets, die Nicht-Anwohner an den Automaten lösen müssen, dazugerechnet werden. Denn wer in einem Stadtteil nur arbeiten, ausgehen oder shoppen möchte oder etwa einen Arzttermin hat, muss dafür am Automaten ein Parkticket lösen.
Verkehrssenator Tjarks plant keine weiteren Bewohnerparkgebiete in Hamburg
Da die Verkehrsbehörde derzeit nicht plant, wie sie jetzt nochmals bestätigt, weitere Bewohnerparkgebiete in Hamburg einzuführen, bewegen sich die Einnahmen im ersten Halbjahr 2024 in etwa auf dem Vorjahresniveau: Mit Bewohnerparkausweisen wurden laut Behörde in den ersten sechs Monaten fast 2,78 Millionen Euro eingenommen, mit Besucherparkausweisen knapp 1,3 Millionen Euro. Die Mittel fließen in den Hamburger Haushalt, sind keiner speziellen Verwendung zugeordnet.
Die CDU in Hamburg kritisiert das Bewohnerparken immer wieder, gerade auch im Hinblick auf die Folgen für Handwerker und Gewerbetreibende. Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sprach in der Vergangenheit von einer „Millionen-Abzocke für Hamburgs Bürger“. Die Hamburger CDU sieht in den Bewohnerparkzonen „Umerziehungsprojekte“ der Bürgerinnen und Bürger, um den Autoverkehr in der Stadt zurückzudrängen. Diese zahlten aber bereits Anliegerbeiträge und die Kfz-Steuer. Seelmaecker hat Verkehrssenator Anjes Tjarks wiederholt eine „auto- und wirtschaftsfeindliche Verkehrspolitik“ vorgeworfen. Dennis Thering, Spitzenkandidat der CDU bei der Bürgerschaftswahl 2025, hat angekündigt, das Anwohnerparken im Falle eines Wahlsiegs komplett zu reformieren.
Weniger Parkdruck: Autofahrer müssen nicht mehr so viel um den Block kurven
Aus Sicht der Verkehrsbehörde von Senator Tjarks sollen die Bewohnerparkgebiete dazu führen, dass die Anwohnerinnen und Anwohner in ihrem Viertel leichter einen Parkplatz finden. Außerdem soll so ein „Anreiz für den Umstieg“ gesetzt werden, beispielsweise auf ÖPNV und Fahrrad, aber auch auf innovative Carsharing-Modelle, die stadtweit gefördert würden.
Die Behörde verweist auf zwei positive Folgen des Anwohnerparkens: So sei der Parkdruck in den untersuchten Bewohnerparkgebieten deutlich zurückgegangen, was den Bewohnern zugutekomme und auch weitere Kapazitäten unter anderem für Handwerksbetriebe, Pflegekräfte und Ähnliche schaffe. Die Entwicklung wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass Autofahrer schneller einen Parkplatz finden und nicht auf der Suche immer wieder um den Block kurven müssen.
Verkehr Hamburg: Weniger Unfälle – aber sind Zahlen wirklich belastbar?
Außerdem zeigten die Zahlen der Polizeilichen Unfallstatistik, dass 2023 die Unfälle in den Bewohnerparkgebieten zurückgegangen und damit die Verkehrssicherheit im ruhenden Verkehr gestärkt wurde. Die Zahl der Unfälle in den untersuchten Bewohnerparkgebieten Altona-Altstadt, Rotherbaum, Sternschanze, Billstedt und St. Pauli, so die Behörde, ging von 2017 bis 2023 im Schnitt um 20 Prozent zurück, während ihre Zahl in dieser Zeit für Gesamt-Hamburg um rund fünf Prozent stieg.
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Aus Sicht der Behörde sind das zwei gute Nachrichten. „Die Zahlen zeigen, dass das Parkraummanagement in den Bewohnerparkgebieten einen deutlichen Effekt auf die Verkehrssicherheit hat“, sagt Dennis Krämer, Sprecher der Behörde. „Der Parkdruck hat abgenommen, die Bewohnerinnen und Bewohner haben eine bessere Chance, einen regulären Parkplatz zu finden, zudem wird sicherheitsgefährdendes Parken auf Geh- und Radwegen, in Einfahrten und Einmündungen verstärkt geahndet und der ruhende Verkehr im Sinne der Verkehrssicherheit geordnet und überprüft.“
Der ADAC Hansa bestätigte in der Vergangenheit, dass durch die Bewohnerparkzonen der Parksuchverkehr punktuell abgenommen habe. Dies sei durch Studien belegt. Insgesamt habe sich allerdings der Parkdruck in Hamburg durch das Verbot des Schrägparkens erhöht. Da die Fahrzeuge jetzt hintereinander am Straßenrand stehen müssen, fielen Parkplätze weg. Im Hinblick auf die höhere Verkehrssicherheit ist der ADAC Hansa skeptisch. Es brauche weitere Erhebungen. „Die vorlegten Zahlen reichen für eine derartige Schlussfolgerung nicht aus und müssen längerfristig betrachtet werden, da zu viele andere Gründe (Verkehrsmenge, Umbaumaßnahmen, untersuchte Gebiete) eine Rolle spielen könnten“, heißt es vom Verkehrsclub.