Hamburg. Millionen-Einnahmen durch Parkscheine von Bewohnern und Besuchern. Was damit geschieht. CDU spricht von Abzocke und zweifelt am Erfolg.
Die Einrichtung von Bewohnerparkgebieten in Hamburg soll dazu führen, dass die Anwohnerinnen und Anwohner in ihrem Viertel leichter einen Parkplatz finden. Sie können einen Jahresparkausweis für 65 Euro (online) beziehungsweise 70 Euro beantragen, während Besucher des Stadtteils, die hier nur arbeiten, shoppen gehen wollen, einen Arzttermin haben oder ausgehen möchten, am Automaten, die vielfach neu aufgestellt wurden, Parktickets kaufen müssen. Dahinter steht ein verkehrspolitisches Konzept. Aber: Für die Hansestadt sind die Bewohnerparkgebiete auch ein einträgliches Geschäft: Im Jahr 2022 hat sie allein für Bewohnerparkausweise, Besucherparkausweise und Ausnahmegenehmigungen für Handwerker und Gewerbetreibende 5.324.858 Euro eingenommen, wie der Senat auf eine schriftliche Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mitteilt.
Anwohnerparken: Wohin die Gebühren fließen
Für 2023 waren im Wirtschaftsplan des Landesbetriebs Verkehr (LBV) sogar rund 6 Millionen für Bewohnerparkausweise, für Besucherparkausweise circa 1 Million Euro und für alle Ausnahmegenehmigungen (davon sind Ausnahmen für Handwerksbetriebe, Pflegedienste nur ein kleiner Teil) rund 1,7 Millionen Euro veranschlagt, so der Sprecher der Hamburger Verkehrsbehörde, Dennis Heinert, auf Anfrage. Insgesamt sind das 8,7 Millionen Euro. Die aktuellen Ist-Zahlen seien noch nicht evaluiert. Die Mittel fließen in den Hamburger Haushalt, sind keiner speziellen Verwendung zugeordnet. Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, spricht von einer „Millionen-Abzocke für Hamburgs Bürger“.
Zu diesen Summen müssen die Einnahmen aus den Parktickets, die Nicht-Anwohner an den Automaten lösen müssen, noch hinzugerechnet werden. Weitere aktuelle Schriftliche Kleine Anfragen des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Stephan Gamm zeigen beispielhaft für fünf Bereiche, wie hoch diese Erlöse sind. In der im März 2023 auf der Uhlenhorst eingerichteten Bewohnerparkzone N109 Hofweg wurden bis Jahresende 2034 Anwohnerparkausweise ausgegeben. Daraus ergaben sich Einnahmen in Höhe von 131.455 Euro. Zusätzlich wurden an den überwiegend neu aufgestellten Parkautomaten bis 31. Januar 2024 von Kurzzeitparkenden rund 160.000 Euro bezahlt.
Rund 300.000 Euro Einnahmen allein in einer Anwohnerparkzone
Ebenfalls im März 2023 wurde die Bewohnerparkzone N110 Feenteich eingerichtet sowie N111 Uhlenhorster Weg. Bis Ende Januar 2024 wurden am Uhlenhorster Weg 1987 Ausweise neu ausgegeben, bis Jahresende ergaben sich daraus Einnahmen von 128.825 Euro. An den vielfach neu aufgestellten Parkautomaten wurden bis Ende Januar 2024 Einnahmen von rund 140.000 Euro gezahlt. In der Bewohnerparkzone N113 Lübecker Straße in Hohenfelde wurden bis Jahresende 1263 Parkausweise an Anwohner ausgegeben für insgesamt 82.225 Euro. Hier lagen die Einnahmen von Kurzzeitparkenden an den Parkautomaten – vermutlich weil es hier viele Geschäfte gibt – deutlich höher. Sie beliefen sich Ende 2023 auf rund 230.000 Euro.
Der Senat weist jeweils darauf hin, dass die Zuordnung der Parkautomateneinnahmen zu einzelnen Bewohnerparkzonen nur annäherungsweise möglich sei. Um den Parkdruck zu senken, wurden bei einer Zahl von Bewohnerparkgebieten Überlappungszonen geschaffen. Das heißt: Bewohner dürfen auch in den angrenzenden Straßen des nächsten Gebiets parken. Wenn sie Besuch erwarten, können sie für den auch Besucherparkausweise für 3 Euro am Tag beantragen.
Plant der Hamburger Senat weitere Bewohnerparkzonen?
2023 waren in Hamburg neue Bewohnerparkgebiete, etwa auf der Uhlenhorst und in Hohenfelde dazugekommen. Nach der Bürgerschaftswahl 2020 hatte die rot-grüne Koalition beschlossen, in Hamburg insgesamt mindestens 20 neue Zonen bis 2025 einzurichten. Aktuell sind keine neuen Bewohnerparkgebiete geplant, so der Senat jetzt in seiner Antwort. Die Überlegungen seien allerdings „noch nicht abgeschlossen“.
Nach massiver Kritik der Wirtschaft und der Opposition hatte ein runder Tisch auf Einladung der Stadt Ausnahmegenehmigungen für Gewerbetreibende Mitte vergangenen Jahres vereinfacht. Waren 2023 im ersten Halbjahr 73,56 Prozent der Anträge genehmigt worden, waren es im zweiten Halbjahr 86,34 Prozent. Wobei unterschieden werden muss: Für das Parken beim Kunden liegt die Genehmigungsquote bei 97 Prozent, für das Parken am Betriebssitz der Gewerbetreibenden deutlich darunter. „Das Anwohnerparken in Hamburg sorgt weiterhin für großen Ärger“, sagt deshalb CDU-Politiker Seelmaecker. „Viele Bürger und vor allem die Gewerbetreibenden leiden weiterhin unter der kopflosen Verkehrspolitik von SPD und Grünen. Während für das so wichtige Parken am Betriebssitz noch immer fast jeder vierte Antrag im Jahr 2023 abgelehnt wurde, gönnen sich die Behörden selbst eine 100-Prozent-Genehmigungsquote.“
Bewohnerparkzonen: „Umerziehungsprojekt“ oder kluge Verkehrspolitik
Die Hamburger CDU sieht in den Bewohnerparkzonen „Umerziehungsprojekte“ der Bürgerinnen und Bürger, um den Autoverkehr in der Stadt zurückzudrängen. Diese zahlten aber bereits Anliegerbeiträge und die Kfz-Steuer. Der CDU-Abgeordnete Seelmaecker hat Verkehrssenator Anjes Tjarks immer wieder eine „auto- und wirtschaftsfeindliche Verkehrspolitik“ vorgeworfen.
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Ebenso regelmäßig verweist dessen Behörde darauf, dass der öffentliche Raum ja begrenzt sei. Tjarks will mit den Bewohnerparkgebieten auch einen „Anreiz für den Umstieg“ schaffen, beispielsweise auf ÖPNV und Fahrrad, aber auch auf innovative Carsharing-Modelle, die stadtweit gefördert würden. Unter dem Strich steht dahinter auch die Überlegung, dass Autofahrer mit dem Kauf eines Pkw nicht automatisch das Anrecht auf eine Fläche in der Stadt erworben haben, um diesen auch abzustellen. Die Jahresgebühren für ein Bewohnerparkticket, die in dieser Legislaturperiode sehr zum Missfallen der CDU kräftig angehoben wurden, ist laut Deutschem Institut für Urbanistik (Difu) in anderen Städten wie Wien, Amsterdam oder Stockholm deutlich höher.
Was Bewohnerparken in Hamburg-Harvestehude bringt
Für Kritik bei der CDU sorgt auch, dass die Behörde die Wirkung des Bewohnerparkens in neu ausgewiesenen Gebieten nicht weiter untersuchen will. Ende 2023 hatte zuletzt eine Evaluation in der Parkzone in Harvestehude laut Behörde ergeben, dass sich die Auslastung der Parkplätze insgesamt um durchschnittlich zehn Prozentpunkte wochentags und sieben Prozentpunkte am Wochenende reduziert hat. Insbesondere wochentags sei am Nachmittag die Auslastung um bis zu 22 Prozent zurückgegangen. Frühmorgens und spätabends sei die Auslastung sowohl am Wochenende als auch wochentags zwar weiterhin höher als mittags und nachmittags, allerdings habe sich die Auslastung auch hier insgesamt verringert. Weitere Evaluationen seien zunächst nicht geplant.
Die CDU moniert, dass bislang weit weniger als die Hälfte aller Bewohnerparkgebiete (40 Prozent) evaluiert worden seien. In manchen Stadteilen senke das Anwohnerparken den Parkdruck gar nicht. Seelmaecker: „So bleibt das Anwohnerparken weiterhin eine Millionen-Abzocke für Hamburgs Bürger, ohne stadtweit klare Erfolge vorweisen zu können.“