Hamburg. CDU-Chef Dennis Thering verspricht „Hamburg-Geld“ als Finanzhilfe für erste Immobilie. Wer wie profitiert – und was er sonst noch vorhat

Dennis Thering, Landesvorsitzender und Bürgerschafts-Fraktionschef der CDU, hat der Partei nach dem Desaster bei der Bürgerschaftswahl 2020 mit 11,2 Prozent neue Zuversicht eingehaucht. Bei den Bezirks- und Europawahlen am 9. Juni konnten sich die Christdemokraten auf 21,6 bzw. 18,5 Prozent verbessern. Im Abendblatt-Sommerinterview spricht der designierte Spitzenkandidat für die Rathauswahl am 2. März 2025 darüber, ob die Hamburger CDU konservativer geworden ist, über sein Verhältnis zu Ex-Bürgermeister Ole von Beust, warum er einen Wahlkampf „mit offenem Visier“ erwartet und wie er Familien, die ein Haus oder eine Wohnung kaufen, finanziell entlasten will.

Herr Thering, wenn es um Angriffe auf die politischen Gegner geht, scheinen Sie in Ihrem Element zu sein. Sie melden Themen zur Aktuellen Stunde der Bürgerschaft schon mal unter dem Titel „Sicherheitsrisiko Rot-Grün warum Hamburg unter SPD und Grünen wieder zur Verbrechenshochburg wird“ an und sprechen von „Wild-West auf Hamburgs Straßen“ oder „Skandal“ wie zuletzt bei den nicht inhaftierten Klimaklebern. Geht es nicht auch mal eine Nummer kleiner oder ist das schon Wahlkampf? 

Dennis Thering: Es ist wichtig, dass wir unsere Position klar artikulieren. Wir stehen in Hamburg vor großen Herausforderungen, es läuft eben vieles nicht rund. Hamburg ist deutscher Staumeister, wir haben ein sehr schlechtes Staumanagement. Es fallen immer mehr Parkplätze weg, und die Kriminalität steigt, so hat Hamburg mit seinem Hauptbahnhof immer noch den gefährlichsten Bahnhof Deutschlands.

 Uns geht es um Ihre Rhetorik, um Ihre Wortwahl. 

Politik muss Botschaften klar und verständlich adressieren, und das tun wir. 

Am Ende passt es doch nicht zusammen, wenn Sie zum Beispiel einerseits beklagen, dass es zu viele Schlaglöcher gibt, und andererseits kritisieren, dass es so viele Baustellen gibt.  

Da widerspreche ich klar. Zum einen ist eine Baustelle erst mal etwas Gutes, weil in die Infrastruktur investiert wird. Aber wenn auf den Ausweichrouten wiederum Baustellen eingerichtet werden, auf denen gar nicht gearbeitet wird, ist das Anlass für Kritik. Hamburgs Baustellen sind schlecht koordiniert. Darüber gibt es in der Stadt eine große Unzufriedenheit, und das wollen wir ändern. 

Dennis Thering sieht bei der CDU keine Abkehr von der Politik von Ole von Beust

Ist die Hamburger CDU in den zurückliegenden Jahren konservativer geworden? 

Ich bin ein Christdemokrat durch und durch. Ich möchte die Probleme der Menschen in unserer Stadt ganz praktisch lösen, dafür bin ich 2001 in die CDU eingetreten. Deshalb halte ich persönlich nicht viel von diesem Schubladendenken – rechts, links, oben und unten. 

2001 war das das Jahr, in dem Ihr Parteifreund Ole von Beust Erster Bürgermeister geworden ist. Er prägte das Bild der Elb-Union als liberale Großstadtpartei, was durchaus als Muster für andere Städte galt. Ist das ein richtiger Ansatz oder ist das Schnee von gestern? Also noch mal: Ist die Partei konservativer geworden? 

Ich bin immer ein großer Fan von Ole von Beust als Bürgermeister gewesen. Ich habe nach wie vor einen sehr engen Draht zu ihm und schätze seinen Rat. Ole von Beust hat 2001 die „wachsende Stadt“ ausgerufen, das war damals genau richtig. Wir sind als CDU weiterhin erfolgreich, wenn wir in der politischen Mitte alles abdecken. Und genau das tun wir als einzige Partei mit unseren drei Wurzeln: christlich-sozial, liberal und wertkonservativ. Das macht uns so stark. Von daher sehe ich keine Abkehr von der Politik von Ole von Beust. Das waren zehn erfolgreiche Jahre. 

Ole von Beust war der Architekt des ersten schwarz-grünen Bündnisses auf Landesebene, was ja einige Nachahmer gefunden hat. Täuscht der Eindruck, dass für Sie die Partei der Grünen der Hauptgegner ist? 

Ich tue mich schwer mit dem Begriff Hauptgegner. Wir wollen 2025 den rot-grünen Senat ablösen. Klar ist, dass uns inhaltlich vieles von den Grünen unterscheidet, besonders in der Wirtschafts-, Verkehrs- und der Sicherheitspolitik. Aber natürlich ist für uns auch die immer radikalere AfD ein Gegner, den wir gerne wieder aus der Bürgerschaft heraushaben wollen. Wir stehen in Konkurrenz mit allen Parteien. 

Der designierte Spitzenkandidat erwartet einen Bürgerschaftswahlkampf „mit offenem Visier“

Sie grenzen sich rhetorisch sehr stark ab von den Grünen und auch der SPD. Um Wahlen zu gewinnen, brauchen Sie aber aller Voraussicht nach eine überzeugende Regierungsoption. Mit wem würden Sie denn am ehesten zusammenarbeiten? 

Eins vorab: Ich mache nicht Politik, um an irgendeine andere Partei anschlussfähig zu sein. Wir wollen den rot-grünen Senat ablösen. Die inhaltlichen Differenzen zu den Grünen sind deutlich größer als zur SPD. Es geht aktuell aber nicht um mögliche Koalitionen, sondern um das Beste für Hamburg. Je stärker das Ergebnis der CDU im März ist, desto wahrscheinlicher ist ein Regierungswechsel. 

Die Grünen-Vorsitzenden in der Bürgerschaft, Jennifer Jasberg und Dominik Lorenzen, haben im Abendblatt-Sommerinterview gerade sehr deutlich gemacht, dass sie Rot-Grün fortsetzen wollen. Auch Peter Tschentscher hat sich für Rot-Grün nach der Wahl ausgesprochen. Kann es sein, dass niemand auf Sie wartet? 

Am Ende entscheiden aber die Wählerinnen und Wähler über Mehrheiten in unserer Stadt. Ich kann es nur wiederholen: Die einzige Chance, Rot-Grün abzuwählen, ist eine starke CDU. 

Da Sie die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler so stark betonen: Wäre es für die Wählerinnen und Wähler nicht hilfreich zu wissen, was sie mit Ihnen und der CDU bekommen – ein Bündnis mit der SPD oder mit den Grünen? 

Ich werde zum jetzigen Zeitpunkt keine Koalitionen, abgesehen von AfD und Linken, ausschließen oder darüber schwadronieren. Der Bürgermeister hat es getan, die Grünen auch. Von daher weiß jeder, woran er ist. Es ist ein Kampf mit offenem Visier. 

„Die inhaltlichen Differenzen mit den Grünen sind in Hamburg sehr groß“

In Schleswig-Holstein arbeitet Ministerpräsident Daniel Günther mit den Grünen relativ geräuschlos zusammen. Warum lässt sich das Modell aus Ihrer Sicht nicht auf Hamburg übertragen? 

Es gibt auch andere Länder wie Nordrhein-Westfalen, wo Schwarz-Grün gut funktioniert. Aber in Hessen zum Beispiel funktioniert Schwarz-Rot gut. Es gibt für beide Optionen gute Beispiele. Die inhaltlichen Differenzen mit den Grünen sind in Hamburg sehr groß. Aus heutiger Sicht kann ich mir schwer vorstellen, wie das zusammengehen soll. 

Ausweislich der jüngsten Umfragen gibt es keine Wechselstimmung in der Stadt. Rot-Grün hat danach noch immer eine Mehrheit. Welchen Hebel wollen Sie ansetzen, um das aufzubrechen? 

Die Umfragen zeigen auch, dass die Unzufriedenheit mit SPD und Grünen und auch mit Peter Tschentscher zugenommen hat. Bei den Bezirkswahlen waren SPD, Grüne und CDU nah beieinander. Diesen Dreikampf wird es auch bei der Bürgerschaftswahl im März geben.  

Trotzdem gibt es keine ausgewiesene Wechselstimmung. 

Es kann noch viel passieren. Ich nehme mal das Beispiel Olaf Scholz. Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl hat kein Mensch damit gerechnet, dass Olaf Scholz Bundeskanzler wird. Politische Stimmungen können sich sehr schnell ändern. Im Übrigen ist die Mehrheit für Rot-Grün in Umfragen nur noch sehr knapp. Das zeigt, dass die Unzufriedenheit mit SPD und Grünen wächst. 

CDU lehnt das Bauprojekt Oberbillwerder ab und will stattdessen mehr in die Höhe bauen

Ein zentrales Thema der städtischen Entwicklung ist der Wohnungsbau. Die Zahlen sind rückläufig, das Senatsziel von 10.000 neuen Wohnungen wird nicht mehr erreicht. Die Baukosten sind hoch, geeignete Flächen knapp. Jetzt haben Sie erklärt, die CDU werde das größte Projekt, den neuen Stadtteil Oberbillwerder mit geplanten 7000 Wohnungen, „beerdigen“, wenn sie in den Senat kommt. Warum verschärfen Sie die Lage am Wohnungsmarkt noch? 


Wir halten das überdimensionierte Projekt Oberbillwerder für falsch. Das bedeutet viele Tausend neue Wohnungen auf dem flachen Land, mit allen negativen Folgen für die Umwelt, mit schlechter Anbindung durch den ÖPNV und mangelnder Infrastruktur. Wir haben einen anderen Ansatz und setzen weiter auf das Magistralenkonzept, das einst vom CDU-Senat ins Leben gerufen wurde. Statt immer mehr Naturflächen zu versiegeln, sollten wir mehr in die Höhe bauen. 


Es geht um 7000 Wohnungen. Das wird mit dem Magistralenkonzept so schnell nicht zu realisieren sein, zumal der Senat auch entlang der großen Verkehrsachsen bauen will. Wäre es nicht klüger, Vorschläge zur Optimierung von Oberbillwerder zu machen? Etwa, was die Verkehrsanbindung angeht? 


Die CDU ist stärkste Kraft in Bergedorf bei der Bezirkswahl geworden, weil die Wählerinnen und Wähler dort ein derart überdimensioniertes Bauprojekt nicht haben wollen. Es gibt keine Mehrheit für Oberbillwerder in der neuen Bezirksversammlung mehr. Das muss der Senat anerkennen. Es ist ambitioniert, in Hamburg neuen Wohnraum zu schaffen. Wir stehen aber zu dem Ziel, 10.000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen und werden in unserem Wahlprogramm auch deutlich machen, wie das gehen kann. 

Ist das Nein zu Oberbillwerder eine zwingende Bedingung für einen Koalitionseintritt? 

Wir wollen, dass dieses Projekt nicht realisiert wird. Wenn aber SPD und Grüne Planungsreife schaffen, wenn Oberbillwerder gebaut wird, dann ist für jeden auch klar, dass es nur noch sehr schwer ein Zurück gibt. 

CDU will mit einem Hamburg-Geld die Eigenheimquote erhöhen

Die Wohnnebenkosten sind in Hamburg mit die höchsten unter den 16 Ländern, wie der Steuerzahlerbund gerade festgestellt hat. Das liegt vor allem an der Grundsteuer, aber auch die Grunderwerbssteuer ist hier sehr hoch. Wie kann der Erwerb von Eigentum für Familien in Hamburg erschwinglicher werden? 

Viele Menschen haben den Traum vom Eigenheim. Hamburg liegt bei der Eigenheimquote mit rund 20 Prozent auf dem vorletzten Platz unter den 16 Bundesländern. Bundesweit sind es über 40 Prozent. Wir wollen daher ein Hamburg-Geld zur Eigenheimförderung einführen. Das heißt konkret, dass 10.000 Euro pro Käufer für das erste selbst genutzte Eigenheim, maximal 20.000 Euro für zwei Käufer und 5000 Euro für jedes Kind erstattet werden sollen. Das wird vor allem Familien mit Kindern entlasten. 


Wäre es nicht einfacher, die Grunderwerbssteuer zu senken, schließlich dürfte der bürokratische Aufwand für die Prüfung der Anträge recht hoch sein? 

Vorbild ist das Bundesland Hessen, wo es das entsprechende Hessengeld gibt. Dort funktioniert es gut. Uns geht es um eine signifikante Senkung der Wohnnebenkosten. Durch das Hamburg-Geld können gerade Familien am Ende sogar die Grunderwerbssteuer in voller Höhe erstattet bekommen. 

Ein heißes Eisen in einer dicht besiedelten Stadt wie Hamburg ist die Verkehrspolitik. Rot-Grün baut Straßen um, um den Rad- und Fußgängerverkehr zu fördern. Hat das Auto wieder Vorfahrt, wenn die CDU wieder mitregiert? Welche konkreten Maßnahmen würden Sie umsetzen? 

Wir haben einen ganzheitlichen Ansatz in der Verkehrspolitik: Wir wollen alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen. Wir werden damit Schluss machen, die Autofahrer einseitig zu benachteiligen. Seit 2020 sind rund 4000 Parkplätze im öffentlichen Raum durch SPD und Grüne abgebaut worden. Den Abbau wollen wir beenden und neue Quartiersgaragen schaffen, zumal die Zahl der zugelassenen Autos von Quartal zu Quartal zunimmt. Wir versprechen eine vernünftige Baustellenkoordinierung und eine Digitalisierung der Ampeln, um Staubildung abzubauen. 

Thering will das Anwohnerparken reformieren und setzt auf unterirdische Quartiersgaragen

Wollen Sie auch die Anwohnerparkzonen wieder abschaffen? 

Wir werden das Anwohnerparken komplett reformieren. Es kann nicht sein, dass Handwerker keine Aufträge in bestimmten Gebieten mehr annehmen, weil sie keinen Parkplatz finden. Rund um den Flughafen zum Beispiel kann Anwohnerparken sinnvoll sein, aber wir würden jedes Gebiet auf den Prüfstand stellen. So, wie es jetzt von SPD und Grünen ausgestaltet ist, geht es eher um die Verdrängung des Autos und darum, dass die Menschen ihr Auto abschaffen. Das ist nicht unser Ansinnen. 

Was heißt Reform des Anwohnerparkens genau? 

Reform heißt, dass wir ein Anwohnerpark-Gebiet, das nicht hält, was man sich versprochen hat, auch wieder abschaffen. Ein Beispiel ist die Situation rund um das Kinderkrankenhaus Altona. Da gab es eine Kündigungswelle, weil das Pflegepersonal im Schichtdienst keine Parkplätze mehr gefunden hat. 

Das ist keine Reform, sondern eine Abschaffung.  

Wir wollen zum Beispiel einen Handwerker-Parkausweis nach Kölner Modell einführen. Außerdem braucht es kreative Lösungen. Wir sprechen seit Jahren von Quartiersgaragen. Wenn es nicht gelingt, oberirdisch Parkraum zu erhalten, dann müssen wir ihn unterirdisch schaffen. In vielen Stadtteilen wären die Menschen heilfroh, wenn sie überhaupt einen Parkplatz bekämen. Im Bezirk Hamburg-Mitte waren Quartiersgaragen Bestandteil der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, SPD und FDP in der letzten Legislaturperiode. 

Gibt es denn in Mitte mittlerweile Quartiersgaragen? 

Die dortige Deutschland-Koalition konnte diese zu unserem Bedauern bis zum Ende der Legislaturperiode leider nicht realisieren. 

CDU-Spitzenkandidat fordert eine „Entschlackung“ der Lehrpläne am Gymnasium

Es gibt in vielen Städten, auch international, die Übereinkunft, dass es gut wäre, wenn der motorisierte Individualverkehr zurückginge. Teilen Sie diese Einschätzung? 

Ja, ausdrücklich. Ich freue mich über jeden, der sein Auto stehen lässt, weil er in Hamburg schnell und sicher, mit Alternativen wie der Bahn oder dem Fahrrad, gut und sicher von A nach B kommt. Die Realität ist aber eine andere. Schauen Sie sich zum Beispiel das Alstertal und die Walddörfer an, Teile von Bergedorf oder Harburg. Da ist die Anbindung durch den ÖPNV häufig nicht gut. Für viele Hamburger spielt das Auto von daher auch in Zukunft eine wichtige Rolle. Anders als SPD und Grüne wollen wir daher nicht mit Zwängen und Verboten arbeiten. Wir wollen alternative Verkehrsmittel so attraktiv wie möglich machen, damit möglichst viele Menschen ihr Auto stehen lassen. 

Eine Volksinitiative fordert die Rückkehr zu neunjährigen Gymnasien, also G9. Die CDU ist Anhänger einer längeren Gymnasialzeit. Werden Sie mit dieser Forderung in den Wahlkampf ziehen? 

Wir sehen, dass die Belastung der Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien massiv ist, das hören wir tagtäglich im Gespräch mit ihnen und ihren Eltern. Deshalb können wir nicht einfach so weitermachen wie bisher. Richtig ist aber auch, dass eine grundlegende Strukturänderung nicht so einfach ist. So würde die Rückkehr zu G9 bedeuten, dass Hamburg ca. 500 neue Lehrer braucht und mehr Raum an den Schulen für den zusätzlichen Jahrgang. Klar ist: Man kann es nicht lassen, wie es ist; wir können nicht zulassen, dass Schülerinnen und Schüler keine Zeit mehr haben für Freunde, Hobbys und die Familie. Deshalb ist unsere klare Ansage: Wenn wir den sogenannten Schulstrukturfrieden über diese Legislaturperiode hinaus verlängern wollen, dann wird das mit der CDU nur gehen, wenn es eine gezielte Entschlackung der Lehrpläne gibt. Wir müssen uns ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir Schule, Freizeit, Familie, Freunde besser miteinander vereinbaren können. Dazu werden wir als CDU in Kürze einen Vorschlag machen. 

Wenn Sie die Lehrpläne entschlacken wollen – was soll denn wegfallen?  

Wir müssen uns fragen, ob es sinnvoll ist, so viele Fächer für die Kinder schon in frühen Jahren zu haben. Schülerinnen und Schüler gilt es besser auf das Berufsleben vorzubereiten. Das fängt bei der Vermittlung der Kernkompetenzen an, diese sind viel zu häufig lückenhaft. Die jungen Menschen fühlen sich nicht gut vorbereitet auf die Zeit nach der Schule, das wurde mir bei meinen zahlreichen Diskussionen an Schulen immer wieder zurückgespiegelt. 

Mehr Berufsorientierung ist aber das Gegenteil von Entschlackung. 

Man kann andere Elemente herausnehmen. Konkrete Vorschläge dazu werden wir demnächst machen. Aber klar ist für mich, am Ende des Tages kann es mit uns nur eine Fortsetzung des Schulstrukturfriedens geben, wenn der Unterrichtsausfall effektiv bekämpft wird und wenn es uns gelingt, den Schülerinnen und Schülern wieder mehr Zeit für Freunde, Hobbys und Freizeit zu geben. 

CDU will die Waffenverbotszone um den Hauptbahnhof auf den Steindamm ausweiten.

Der Hafen schwächelt, die Umschlagszahlen sind rückläufig. Die CDU ist strikt gegen den Einstieg der weltgrößten Reederei MSC bei der städtischen HHLA. Welches Rezept haben Sie für den Hafen? 

Der Verkauf an MSC ist ein großer Fehler. Das sagen nicht nur wir, das sagen fast alle Experten, die wir in den Ausschüssen gehört haben. Viele halten diesen Einstieg in die kritische Infrastruktur für falsch. Wir hätten uns eine Terminalbeteiligung oder auch ein neues Hafenterminal vorstellen können. Aber dieser Deal mit MSC ist schlecht für Hamburg, ist schlecht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Als CDU wollen wir die Umschlagszahlen im Hamburger Hafen wieder erhöhen. Dazu muss der Hafen schneller und günstiger werden. Wir brauchen eine norddeutsche Hafen-Kooperation. 

Ein weiteres Thema, das auf Ihrer Agenda ganz oben steht, ist die Sicherheit – ganz besonders am Hauptbahnhof. Senat und Bahn haben ja auf die Kriminalitätsprobleme reagiert und eine „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ geschaffen. Reicht das aus? Die Quattro-Streifen sind ja recht erfolgreich.   

Nein, das reicht nicht aus, und es kommt vor allem deutlich zu spät. Erst auf unseren und den öffentlichen Druck hin hat der Senat eine Waffenverbotszone rund um den Hauptbahnhof eingerichtet. Diese ist gut, reicht aber nicht aus und muss auf das weitere Umfeld des Hauptbahnhofs ausgeweitet werden. Wir fordern, dass auch der Steindamm einbezogen wird – auch was die intelligente Videoüberwachung angeht. Zudem ist es nicht damit getan, Personal von den Wachen aus ganz Hamburg zum Hauptbahnhof zu verlagern, diese fehlen dann in den übrigen Stadtteilen. Wir brauchen insgesamt mehr Polizei auf der Straße. 

Bedeutet das, dass Sie das Personal der Polizei insgesamt aufstocken wollen? 

Erst mal sollten wir die Polizisten von unnötigem bürokratischem Aufwand entlasten. Künstliche Intelligenz kann die Polizeiarbeit erleichtern. Damit haben andere Bundesländer, wie zum Beispiel Bayern, schon gute Erfahrungen gemacht. Das sollten wir auch in Hamburg umsetzen. Es reicht zudem nicht, nur am Hauptbahnhof zu kontrollieren. Wir haben noch viele andere Brennpunkte. Am Jungfernstieg etwa mag sich nach 20 Uhr kaum noch jemand aufhalten, weil dort Jugendgangs unterwegs sind. Probleme gibt es auch im Phoenixviertel und vielen anderen Ecken unserer Stadt. Insofern werden wir unterm Strich in einer wachsenden Stadt auch noch mehr Polizisten brauchen.    

Wenn Sie im kommenden Jahr die Bürgerschaftswahl gewinnen sollten, was würden Sie denn am Hauptbahnhof konkret anders machen?   

Wir würden die Videoüberwachung konsequent umsetzen. 

„Friedrich Merz wäre ein guter Bundeskanzler, sollte er kandidieren“

Noch im August werden 27 Kameras am Hauptbahnhof aufgebaut. 

Aber das sind doch alles Schnellschüsse kurz vor der Wahl. Da fragt man sich: Die SPD regiert jetzt 14 Jahre in Hamburg – warum ist das nicht früher passiert, sondern erst jetzt kurz vor der Wahl auf maximalen Druck? Und es bringt auch nichts, wenn jetzt am Hauptbahnhof mehr kontrolliert wird, aber es eine Verdrängung in die angrenzenden Bereiche wie Steindamm und ZOB gibt. Es braucht eine Sicherheitsoffensive für das gesamte Areal St. Georg – Hauptbahnhof, Drob Inn, Steindamm. 

Würden Sie das Drob Inn schließen? 

Wir brauchen eine Kontakt- und Beratungsstelle wie das Drob Inn in einer Großstadt wie Hamburg. Wir würden uns aber auf den Weg machen, wie in Zürich Drogenkriminalität und Drogenabhängigkeit insgesamt besser zu bekämpfen. Dafür braucht es mehr Straßensozialarbeiter und eine stärkere Differenzierung der Klientel vor Ort. Wir müssen die Menschen enger betreuen, medizinisch und psychosozial versorgen und sie schrittweise wieder in die Gesellschaft integrieren. Das passiert zurzeit viel zu wenig. Dazu muss man sich aber auch die Frage stellen, ob der jetzige Standort des Drob Inn in so einer prominenten Lage der richtige ist. Das wird dann in einer möglichen Koalition noch mal auf den Tisch kommen. So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. 

Ganz anderes Thema: Ist Friedrich Merz aus Ihrer Sicht der richtige Kanzlerkandidat der CSU? Sind Sie der Meinung, er sollte es werden? 

Friedrich Merz ist es gelungen, die CDU wieder zu einen. Nach der Wahlniederlage bei der letzten Bundestagswahl sind wir auf Bundesebene wie in Hamburg so geschlossen wie seit vier Jahren nicht mehr. Das ist sein Verdienst. Das Gute ist, und da unterscheiden wir uns von allen anderen Parteien, dass wir gleich mehrere geeignete Kandidatinnen und Kandidaten haben. 

Thering will als Bürgermeisterkandidat Amtsinhaber Peter Tschentscher (SPD) herausfordern

An wen denken Sie? 

An Hendrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen etwa. Wir werden als CDU im Herbst einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin küren, und dann wird sich die gesamte Union geschlossen hinter diese Entscheidung stellen. So etwas wie vor der letzten Bundestagswahl zwischen Markus Söder und Armin Laschet darf sich nicht wiederholen und wird es auch nicht. 

Was meinen Sie denn persönlich? Wäre Friedrich Merz der richtige Kanzlerkandidat? 

Friedrich Merz wäre ein guter Bundeskanzler, sollte er kandidieren. 

Wann werden Sie selbst sich als CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl aufstellen lassen? 

Der CDU-Landesvorstand wird am 20. August einen Personalvorschlag für die Landesvertreterversammlung am 7. September beschließen. Dann werden wir offiziell unsere 60 Kandidaten und Kandidatinnen für die CDU-Landesliste aufstellen. Dabei werden wir alle Parteiströmungen mit abbilden und sowohl an der Spitze als auch in der Breite einen sehr starken Personalvorschlag machen. 

Werden Sie wieder als Bürgermeisterkandidat antreten, also als Herausforderer von Peter Tschentscher? 

Wenn ich als Fußballer auf den Platz gegangen bin, dann stets, um zu gewinnen und nicht auf Unentschieden zu spielen. So halten wir das jetzt auch, und natürlich werde ich Peter Tschentscher herausfordern. Wir wollen die Wahl gewinnen.