Hamburg. In den Bewohnerparkgebieten gibt es positive Effekte. Auch beim Verkehrsaufkommen hat sich etwas getan. Was das vor Ort bedeutet.

An der Einführung von immer mehr Bewohnerparkzonen in Hamburg scheiden sich die Geister: Die einen freuen sich, dass sie in ihrem Wohnviertel leichter einen Parkplatz finden. Besucher, Handwerker und Beschäftigte beklagen hingegen, dass das Parken in vielen Stadtteilen für sie teurer geworden ist. Die Anwohnerparkzonen haben aber offenbar zwei positive Folgen – für die Verkehrssicherheit und den Parksuchverkehr.

So hat der Verkehr an den allermeisten Zählstellen in Bewohnerparkgebieten seit 2017 deutlich abgenommen, wie die Senatsantwort auf eine schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Richard Seelmaecker zeigt, die dem Abendblatt vorliegt. Wurden beispielsweise an der Holstenstraße/Max-Brauer-Allee 2017 noch durchschnittlich 33.400 Kraftfahrzeuge am Tag gezählt, waren es 2023 noch 23.100. An der Budapester Straße/SO Simon-von-Utrecht-Straße ging der Kfz-Verkehr von 42.800 auf 36.630 Fahrzeuge am Tag zurück, an der Reeperbahn/Millerntorplatz von 31.300 auf 22.809, am Neuen Jungfernstieg/Esplanade von 41.400 auf 39.600.

Verkehr Hamburg: Autofahrer finden schneller einen Parkplatz

Die Entwicklung wird unter anderem darauf zurückgeführt, dass Autofahrer schneller einen Parkplatz finden und nicht auf der Suche immer wieder um den Block kurven müssen. Es gibt allerdings auch einzelne Zahlstellen, an denen das Verkehrsaufkommen mehr geworden ist: beispielsweise an der Schröderstiftstraße/Beim Schlump, an der St. Pauli Hafenstraße und an der Kennedybrücke/Ferdinandstor.

So entwickelte sich das Verkehrsaufkommen an anderen Zählstellen:

  • Kleiner Schäferkamp/Schäferkampsallee: von 16.000 Fahrzeugen am Tag im Schnitt (2017) auf 12.400 in 2023
  • Stresemannstraße/Neuer Pferdemarkt: von 30.000 (2017) auf 26.686 (2023)
  • Feldstraße/Sternstraße: 14.600 (2017) auf 15.200 (2023)
  • Glinder Straße/Oststeinbeker Weg: von 23.700 (2017) auf 20.700 (2023)

Der ADAC Hansa bestätigt, dass durch die Bewohnerparkzonen der Parksuchverkehr punktuell abgenommen hat. Dies sei durch Studien belegt, so ein Sprecher des ADAC Hansa. Insgesamt habe sich der Parkdruck in Hamburg durch das Verbot des Schrägparkens aber erhöht. Da die Fahrzeuge jetzt hintereinander am Straßenrand stehen müssen, fielen Parkplätze weg

Weniger Unfälle in Bewohnerparkgebieten

Auch hat die Zahl der Unfälle im sogenannten ruhenden Verkehr – zumindest in den untersuchten fünf Bewohnerparkgebieten Altona-Altstadt, Rotherbaum, Sternschanze, Billstedt und St. Pauli – von 2017 bis 2023 durchschnittlich um 20 Prozent abgenommen. Bei einem Unfall im ruhenden Verkehr stößt ein fahrendes mit einem parkenden oder haltenden Fahrzeug zusammen. Und das ist 2023 in den genannten fünf Bewohnerparkgebieten 695-mal passiert. 2017 waren noch 867 solcher Unfälle registriert worden – 172 mehr.

In seiner Antwort auf eine schriftliche Kleine Anfrage des CDU-Verkehrspolitikers Richard Seelmaecker listet der Senat die Entwicklung bei den Unfällen im ruhenden Verkehr im Einzelnen auf:

  • Im Bewohnerparkgebiet St. Pauli gab es 2017 noch 252 Unfälle im ruhenden Verkehr. 2023 waren es 216.
  • Im Bewohnerparkgebiet Billstedt gab es 2017 noch 44 Unfälle im ruhenden Verkehr. 2023 waren es 32.
  • Im Bewohnerparkgebiet Rotherbaum gab es 2017 noch 175 Unfälle im ruhenden Verkehr. 2023 waren es 111.
  • Im Bewohnerparkgebiet Altona-Altstadt gab es 2017 noch 309 Unfälle im ruhenden Verkehr. 2023 waren es 278.
  • Im Bewohnerparkgebiet Sternschanze gab es 2017 noch 87 Unfälle im ruhenden Verkehr. 2023 waren es 58.

Die Verkehrsbehörde von Senator Anjes Tjarks (Grüne) wertet dies als Zeichen dafür, dass die Verkehrssicherheit in den Bewohnerparkzonen gestiegen ist. Ein Grund dafür sei, dass in Anwohnerparkgebieten in der Regel deutlich einfacher Parkplätze zu finden seien. Die Auslastung liege mittlerweile bei unter 100 Prozent. Irgendwo sei also meist doch noch ein Parkplatz frei. Und deshalb werde auch weniger „wild geparkt“ – und es kracht seltener.

ADAC sieht keine Belege für mehr Verkehrssicherheit

Nach Überzeugung des Senats lässt lediglich dieser Unfalltyp Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Bewohnerparks zu, weil bei allen anderen Unfalltypen zahlreiche andere Faktoren eine Rolle spielten. Für den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker ist das nicht plausibel. Er nennt die Senatsauffassung fraglich. „Weniger als die Hälfte der Bewohnerparkgebiete wurden diesbezüglich überhaupt nur untersucht. Dazu kommt, dass lediglich der Unfalltyp 5 – der ruhende Verkehr – betrachtet wurde“, sagt er. „Das hat mit einer umfassenden Evaluation von Verkehrsunfallzahlen in Bewohnerparkgebieten nichts zu tun und ist einfach nur unglaubwürdig.“

Auch der ADAC Hansa ist skeptisch. Es brauche weitere Erhebungen. „Nicht belegt ist nach Ansicht des ADAC, dass sich durch die Bewohnerparkzonen auch die Verkehrssicherheit erhöht hat. Die vorlegten Zahlen reichen für eine derartige Schlussfolgerung nicht aus und müssen längerfristig betrachtet werden, da zu viele andere Gründe (Verkehrsmenge, Umbaumaßnahmen, untersuchte Gebiete) eine Rolle spielen könnten“, heißt es vom Verkehrsclub. 2023 waren durch Strafzettel für falsches Parken rund 22 Millionen Euro eingenommen worden.

Hamburger CDU will Konzept des Anwohnerparkens auf den Prüfstand stellen

„Für uns ist klar, dass das Konzept des Anwohnerparkens auf den generellen Prüfstand muss“, so Seelmaecker. „In seiner jetzigen Form sorgt es bei Anwohnern, Berufstätigen und speziell Handwerkern für große Frustration.“ Es bleibe dabei: „Eine echte Weiterentwicklung des Anwohnerparkens kann nur durch eine umfassende Evaluation der gesamten Thematik erfolgen. Nicht aber durch rot-grünes Schönreden einzelner Zahlen. Anwohnerparken darf nicht nur Abkassieren sein.“ Zuletzt waren nach Senatsangaben 2023 die Bewohnerparkgebiete Harvestehude, Hoheluft-West/Eimsbüttel Ost, Eimsbüttel (Osterstraße) und Eppendorf/Hoheluft-Ost/Lokstedt offiziell evaluiert worden.

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Anwohnerparkgebiete werden in Hamburg seit 2015 ausgewiesen. Mittlerweile gibt es laut Senat in der Stadt insgesamt 62 Bewohnerparkzonen in 17 Bewohnerparkgebieten. Daran gibt es Kritik von der Wirtschaft und Autofahrern selbst. So hatte sich zuletzt die Handwerkskammer über die Vergabepraxis bei Sonderparkerlaubnissen beschwert.

Umstritten war auch, dass die Stadt teils deutlich mehr Parkausweise ausstellt als Parkplätze vorhanden sind. So kann es in Stoßzeiten eben doch schwer sein, einen Parkplatz zu finden. Verkehrssenator Tjarks kündigte nach den Protesten im Frühjahr 2023 an, vorerst auf neue Bewohnerparkgebiete zu verzichten. Für Anwohnerinnen und Anwohner kostet ein Jahresparkausweis etwa 65 Euro, eine Ausnahmegenehmigung beispielsweise für Unternehmen kostet etwa 250 Euro. mit dpa