Hamburg. Wegen Sperrung steigt die Fahrzeit ohnehin. Doch viele Züge sind extrem unpünktlich. Von bestimmten Verbindungen ist besonders abzuraten.
- Deutsche Bahn: Züge von Hamburg nach Berlin fahren monatelang eine Umleitung.
- An manchen Tagen sind bis zu elf Verbindungen verspätet oder fallen ganz aus.
- Bestimmte Züge sind stets besonders unpünktlich.
Deutschlands wichtigste Städtedirektverbindung zwischen Hamburg und Berlin ist derzeit und noch bis zum 14. Dezember gesperrt. Weil die Deutsche Bahn (DB) die marode Infrastruktur sanieren muss, können deutlich weniger Fernzüge am Tag auf der Strecke verkehren. Außerdem fahren die Bahnen einen Umweg über Lüneburg, Uelzen, Salzwedel und Stendal nach Berlin. Das bedeutet für die Reisezeit ein Plus von circa 45 Minuten – sofern die Bahnen keine weiteren Verspätungen einsammeln.
Wie pünktlich die Züge auf der Ersatzstrecke sind, will die DB bisher nicht kommunizieren. Das Abendblatt hat die Verspätungen auf der Strecke daher selbst ausgewertet. Es zeigt sich: Auf einige ICE ist besonders wenig Verlass.
So lange ist Bahn-Strecke Hamburg–Berlin gesperrt
Nachdem die Strecke vor rund sechs Wochen gesperrt wurde, schätzt eine Bahnsprecherin den baustellenbedingten Umleitungs- und Ersatzverkehr zwischen Hamburg und Berlin als „nach wie vor stabil“ ein. Vereinzelt würden die DB Beschwerden bezüglich des Fernverkehrs erreichen, hauptsächlich von Pendlern. „Das ist natürlich nachvollziehbar. Die Beschwerden halten sich aber im üblichen Rahmen bei Bauvorhaben“, so die Sprecherin. Mehr als 74 Kilometer Gleise und 100 Weichen werden erneuert.
Ob es auf der Strecke vermehrt zu Verspätungen kommt, möchte die DB nicht verraten. Das sei nicht pauschal zu beantworten, so eine Bahnsprecherin. Laut Bahnkritiker und Autor Arno Luik ist es aber wahrscheinlich, dass die Züge auf der geänderten Route mit mehr Verspätung unterwegs sind: „Die Züge werden sich gerade auf den einspurigen Streckenabschnitten stauen, Reisende müssen mit erheblichen Verspätungen rechnen“, sagte er vor Kurzem dem Abendblatt. Allerdings: Vor allem der Regionalverkehr dürfte dadurch beeinträchtigt sein, da ICE in der Regel Vorfahrt haben.
Hamburg–Berlin: ICE sammeln in sechs Tagen 13 Stunden Verspätung
Aktuelle Verspätungen lassen sich ständig auf der Webseite der DB sowie in der App DB Navigator verfolgen. Das Abendblatt hat beispielhaft zusammengetragen, wie pünktlich die Züge zwischen Montag, 23. September, und Sonnabend, 28. September, waren. Ausgewertet wurden ausschließlich ICE-Direktverbindungen auf der Strecke von Hamburg Hauptbahnhof nach Berlin Hauptbahnhof.
Als verspätet gilt ein Zug, wenn er mindestens fünf Minuten später als geplant im Zielbahnhof ankommt. Insgesamt haben die 52 verspäteten ICE der vergangenen Tage auf der Strecke 796 Minuten (mehr als 13 Stunden) Verspätung gesammelt. Fünf Verbindungen sind zudem vollständig ausgefallen.
An den einzelnen Tagen waren jeweils zwischen sieben und elf Verbindungen von Verspätungen oder Ausfällen betroffen. Insgesamt gibt es 36 Direktverbindungen zwischen Hamburg und Berlin täglich.
ICE-Strecke Hamburg–Berlin: Diese Züge sind am häufigsten verspätet
Einige Züge sind besonders häufig von Verzögerungen betroffen: Der ICE mit der Nummer 699, der eigentlich um 18.48 Uhr in Hamburg abfahren und 21.23 Uhr in den Berliner Hauptbahnhof einrollen soll, war zwischen Montag und Sonnabend an jedem Tag verspätet. Zwischen fünf und 40 Minuten, im Durchschnitt rund 20 Minuten zu spät, kamen die Reisenden an.
Abzuraten ist allen, die einen knappen Umstieg schaffen müssen, auch vom ICE 801, der regulär zwischen 14.37 Uhr und 17.22 Uhr zwischen Hamburg und Berlin verkehrt. Er fiel in den vergangenen sechs Tagen zweimal vollständig aus. An den anderen Tagen sammelte er zwischen fünf und 29 Minuten Verspätung.
Der ICE mit der Nummer 705 (8.52 Uhr ab Hamburg Hauptbahnhof) war ebenfalls an jedem der beobachteten Tage verspätet. Allerdings: meistens um weniger als zehn Minuten. Einen Zeitpuffer für eventuelle Umstiege oder dringende Termine konnten zudem die Reisenden folgender Verbindungen an den meisten der beobachteten Tage gebrauchen: ICE 703 (Abfahrt 6.48 Uhr) ICE 1601 (Abfahrt 11.49 Uhr), ICE 709 (Abfahrt 12.37 Uhr) und ICE 609 (Abfahrt 19.53 Uhr).
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Bahnfahrt: App zeigt Verspätungswahrscheinlichkeit
Dass manche Verbindungen besonders häufig mit Verspätung unterwegs sind, ist kein Geheimnis. Eine App mit dem süffisanten Namen „Wahrscheinlich ankommen“ wertet historische Verspätungsdaten von Bahnverbindungen aus. Hier lässt sich der gewünschte Zug heraussuchen und nachschauen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass dieser pünktlich kommt.
Wer sich traut, kann sich dann noch einmal im Bett herumdrehen, statt überpünktlich zum Gleis zu hetzen. Allerdings: wahrscheinlich bleibt wahrscheinlich. Auch wenn die App anzeigt, dass die gewählte Verbindung in acht von zehn Fällen mit Verspätung abfährt, kann die Bahn ausnahmsweise pünktlich sein.
Deutsche Bahn: Strecke Hamburg–Berlin bald noch einmal gesperrt
Die 30.000 Pendler, die täglich in den Bahnen zwischen Hamburg und Berlin reisen, können sich an die Streckensperrung schon einmal gewöhnen. Denn von August 2025 bis April 2026 ist der Hochleistungskorridor erneut dicht, dieses Mal für eine Generalsanierung.
Dabei werden Gleise, Weichen, Oberleitungen sowie Leit- und Sicherungstechnik grundlegend erneuert. Das Versprechen: Danach bleibt die Strecke erst einmal von Baustellen verschont – und die Züge fahren dauerhaft zuverlässiger.