Hamburg. Teils ist sogar ein Mietwagen günstiger als eine Bahnfahrt. Besonders lukrative Angebote macht aber ein Mitbewerber der DB auf der Strecke.
- Längere Reisezeit und weniger Züge zwischen Hamburg und Berlin wegen Streckensperrung
- Umso beliebter sind die Tickets und dadurch steigt ihr Preis
- Frühzeitiges Buchen kann sich lohnen – vor allem bei einem Anbieter
Die 30.000 Menschen, die im Schnitt täglich auf der Zugstrecke zwischen Hamburg und Berlin unterwegs sind, brauchen derzeit Nerven wie Oberleitungen. Seit einigen Wochen und noch bis zum 14. Dezember ist die Strecke gesperrt. Die Fern- und Güterzüge fahren während der Sperrung von Hamburg über Lüneburg, Uelzen, Salzwedel und Stendal nach Berlin, die Reisezeit erhöht sich dadurch um rund 45 Minuten – sofern die Bahnen pünktlich sind, versteht sich.
Noch dazu musste der Fahrplan ausgedünnt werden. Nur noch zwei statt vormals vier Linien bringen Fahrgäste von Hamburg in die Hauptstadt und zurück. Die Folge: volle Bahnen und hohe Ticketpreise. Doch es gibt eine preiswerte Alternative.
Deutsche Bahn: Zugfahrt von Hamburg nach Berlin kostet bis zu 120 Euro
Wer mit einem ICE von Hamburg nach Berlin reisen will, muss tief in die Tasche greifen. Eine Beispiel-Fahrt am kommenden Freitag kostet pro Person je nach Uhrzeit zwischen 20 Euro – ausschließlich bei Abfahrt 4.49 Uhr – und 140 Euro (alle Preise Stand Freitag, 13. September).
Da dürfte sogar ein Mietwagen in einigen Fällen günstiger sein. Das Vergleichsportal Check24 weist Preise zwischen 85 und 110 Euro für Autos der Klein- oder Mittelklasse mit einer Leihdauer von acht Stunden am kommenden Freitag aus – Sprit inklusive. Die Fahrzeuige können in Hamburg gemietet und in Berlin zurückgegeben werden.
Flixtrain und Flixbus: Fahrt nach Berlin viel günstiger
Deutlich preiswerter ist die Reise aber mit einem Flixtrain oder Flixbus. Das Unternehmen Flix ruft für die Fahrt nach Berlin am kommenden Freitag lediglich zwischen 20 und 49 Euro auf. An diesem Tag fahren fünf Flixtrains von Hamburg nach Berlin, außerdem 22 Busse. Genau wie bei der DB wird für fast alle Verbindungen bereits ein hohes Fahrgastaufkommen erwartet – die neue Realität auf der gesperrten Strecke.
Wer nicht allzu kurzfristig bucht, ist noch etwas günstiger unterwegs. Eine Flixbus- oder Flixtrain-Fahrt in rund vier Wochen, am Freitag, 11. Oktober, kostet derzeit je nach Abfahrtszeit zwischen 9 und 15 Euro. Bei der DB liegen die Preise hingegen schon jetzt zwischen 18 Euro (ausschließlich bei Abfahrtszeit 5.50 Uhr) und 106 Euro.
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Streckensperrung Hamburg–Berlin: Zwei von vier Linien fahren nicht
Während der Bauarbeiten auf der Strecke entfallen zwei der eigentlich vier Linien zwischen den beiden Städten. Hierdurch gibt es nur noch einen Zug – sonst sind es planmäßig zwei Züge – pro Stunde zwischen Hamburg und Berlin. Die einzelne Verbindung dürfte also deutlich stärker ausgelastet sein, und das schlägt auf den Ticketpreis. Die Deutsche Bahn arbeitet mit einer dynamischen Preisgestaltung, bei der die Nachfrage sich auf die Kosten auswirkt.
Bestätigen will eine Bahnsprecherin auf Nachfrage weder, dass die einzelnen Züge seit der Sperrung stärker nachgefragt seien, noch, dass dementsprechend die Preise steigen. „Generell bitten wir um Verständnis, dass wir uns zu den Buchungszahlen und Auslastung einzelner Verbindungen beziehungsweise Züge auch aus Wettbewerbsgründen nicht äußern“, so die Antwort.
Sie betont aber: „Das Fahrtenangebot zwischen Hamburg und Berlin ist auch während der Bauarbeiten attraktiv.“ Es gebe weiterhin täglich rund 70 Verbindungen zwischen den beiden Städten, davon 36 direkt. Besonders lange ICE-4-Züge würden für ein großes Platzangebot sorgen.
Deutsche Bahn: Arno Luik spricht von „erheblichen Verspätungen“
Bahnkritiker und Autor Arno Luik hatte vor Kurzem in einem Gespräch mit dem Abendblatt gemutmaßt, dass die Streckensperrung auch zu erheblichen Verspätungen führen wird. „Die Züge werden sich gerade auf den einspurigen Streckenabschnitten stauen, Reisende müssen mit erheblichen Verspätungen rechnen, der Regionalverkehr wird dramatisch behindert, da die ICEs Vorfahrt haben“, sagte er. Auch dazu wollte sich eine Bahnsprecherin nicht äußern. Ob es aufgrund der Sperrung mehr Verspätungen auf der Strecke gebe, sei nicht pauschal zu beantworten.
Übrigens: Nach der Baustelle ist vor der Baustelle. Zwischen August 2025 und April 2026 soll die Strecke für eine Generalsanierung erneut gesperrt werden. Dafür, so verspricht die Bahn, sollen die Züge zwischen Hamburg und Berlin danach über Jahre hinweg ohne Einschränkungen und zuverlässiger fahren können als bisher.