Hamburg. Bahnfahren wird für vier Monate deutlich mühsamer: Die Fahrt von Hamburg dauert länger, es gibt weniger Züge. Alle Infos für Fahrgäste.

  • Bahnstrecke Hamburg - Berlin ab heute Abend gesperrt
  • Die Fahrt dauert im Schnitt 45 Minuten länger
  • Es gibt eine Alternative während der Sperrung bis 14. Dezember

Es ist die wichtigste Bahnverbindung zwischen den beiden größten deutschen Städten, und sie wird täglich von bis zu 30.000 Reisenden genutzt. Doch ab Freitagabend, 22 Uhr, ist die Zugstrecke zwischen Hamburg und Berlin komplett gesperrt. Und das nicht nur für kurze Zeit, sondern gleich vier Monate lang bis zum 14. Dezember. Zwar gibt es eine Umleitungsstrecke, doch die verlängert die Fahrt um durchschnittlich 45 Minuten. Und Experten gehen davon aus, dass sie stark überlastet sein wird. Mit der Streckensperrung geht im Abendblatt der Bestsellerautor und Bahnkritiker Arno Luik hart ins Gericht. Er bezeichnet sie als „völligen Irrsinn“.

Auf Bahnreisende zwischen Berlin und Hamburg kommen also harte Zeiten zu. Wegen der Bauarbeiten dauert die Fahrt länger, es gibt deutlich weniger Verbindungen – dabei machen die bisher mehr als 200 Züge pro Tag die Strecke auch laut Bahn zur wichtigsten Städtedirektverbindung. Für die Hamburger Elbbrücken ist die Umleitung eine Belastungsprobe. Zwischen Hamburg und Schwerin verkehren Ersatzverkehrsbusse, die EC-Linie von Hamburg nach Prag endet in Berlin.

Bahnstrecke von Hamburg nach Berlin gesperrt – was Reisende wissen müssen

Auch wegen ihrer hohen Belastung ist die Bahnstrecke zwischen Hamburg und Berlin marode, die Infrastruktur überaltert; sie soll umfassend erneuert werden. Doch bei der jetzigen Sperrung handelt es sich noch nicht um die seit Längerem geplante Generalsanierung. Diese erfolgt erst im kommenden Jahr. Wenn die Bahnverbindung Mitte Dezember wieder auf direktem Wege aufgenommen wird, heißt es für Pendler und Berlin-Reisende also: Nach der Sanierung ist vor der Sanierung.

In einem Jahr folgt dann die nächste Sperrung – für neun Monate

Von August 2025 bis April 2026 gibt es eine weitere Sperrung zwischen der Hanse- und der Hauptstadt. Gleise, Weichen, Oberleitungen, Leit- und Sicherungstechnik – alles soll während dieser fast neun Monate erneuert werden. Dafür, so verspricht die Bahn, soll die Strecke danach über Jahre hinweg baufrei bleiben und die Züge dort zuverlässiger fahren können als bisher. 

Deutschlands bekanntester Bahnkritiker und Autor Arno Luik („Schaden in der Oberleitung. Das geplante Desaster der Bahn“) glaubt, dass die Umleitungsstrecke heillos überlastet sein wird. „Die Züge werden sich gerade auf den einspurigen Streckenabschnitten stauen, Reisende müssen mit erheblichen Verspätungen rechnen, der Regionalverkehr wird dramatisch behindert, da die ICEs Vorfahrt haben“, sagt er. „Viele Reisende dürften so verärgert sein, dass sie nicht mehr Bahn fahren – das ist ein staatlich subventioniertes Zwangsumerziehungsprogramm zum Autofahren“, sagt Luik.

Strecke Hamburg–Berlin: Was Reisende jetzt wissen sollten

Sicher ist: Für alle Menschen, die in den kommenden Monaten zwischen Hamburg und Berlin fahren, bedeuten die Bauarbeiten erhebliche Einschränkungen, zumal auch deutlich weniger Züge fahren als bisher. Alles, was man dazu wissen muss: Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist geplant?

Ab Freitag (16. August, 22 Uhr) will die Deutsche Bahn mehr als 74 Kilometer Gleise und 100 Weichen zwischen Wittenberge (Brandenburg) und Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) sowie zwischen Hamburg und Büchen (Schleswig-Holstein) und rund um Hagenow Land (Mecklenburg-Vorpommern) erneuern.

Was bedeutet das für Reisende?

Bis zum 14. Dezember werden Fern- und Güterzüge über Lüneburg, Uelzen, Salzwedel und Stendal (Sachsen-Anhalt) umgeleitet. Weil diese Strecke zum Teil nur eingleisig befahrbar ist, fährt pro Stunde dann nur ein Fernzug zwischen den beiden größten deutschen Städten statt wie bisher zwei. Für Pendler zwischen Hamburg und Wittenberge wird ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet, der auch über Ludwigslust führt. Die Verbindungen sind bereits in den Online-Fahrplänen eingearbeitet und können über die gängigen Kanäle abgerufen werden. 

Gibt es weitere Einschränkungen?

Auch der Regionalverkehr ist betroffen. Zwischen Hamburg und Schwerin sowie Wittenberge sollen Ersatzbusse fahren. Schwerin ist mit dem Zug nur noch über Lübeck und die nicht elektrifizierte, eingleisige Strecke nach Bad Kleinen erreichbar. Zwischen Hamburg (U Wandsbek Markt) und Schwerin fahren Schnellbusse ohne Zwischenhalt im Zwei-Stunden-Takt. Ab 29. September sollen die Regionalexpress-Züge auf der Linie RE1 (Hamburg–Schwerin–Rostock) wieder weitgehend ohne Einschränkungen rollen. Zudem fährt pro Tag ein Intercity über Lübeck. Die Mitnahme von Fahrrädern ist in den Ersatzbussen aus Platzgründen nur eingeschränkt möglich.

Was bedeutet das für die Elbbrücken?

An den Eisenbahnbrücken wurden jetzt Schienen und Weichen kurzfristig erneuert. Ab Freitagabend muss die Strecke, auf der normalerweise bereits bis zu 660 Züge pro Tag fahren, den zusätzlichen Verkehr von und nach Berlin aufnehmen. Die Route ist nun wieder viergleisig – eine Voraussetzung dafür, dass sie den zusätzlichen Verkehr auf dem Hochleistungskorridor Hamburg–Berlin bewältigen kann, so die Bahn.  

Welche Alternative haben Reisende für die Bahnstrecke Hamburg–Berlin?

Am ehesten wohl Flixbus. Die Reisebusse benötigen von Hamburg nach Berlin zwar laut Unternehmen 3.05 Stunden, damit aber auch nicht viel länger als die Bahnverbindung während der Sperrzeit. Dafür kostet die einfache Fahrt regulär nur 12,49 Euro. Insgesamt verkehren 22 Busse pro Tag zwischen Hanse- und Hauptstadt. Der erste Bus verlässt den ZOB in Hamburg um 0.15 Uhr, der letzte um 23.35 Uhr. Es gibt kostenloses WiFi.

Warum baut die Bahn überhaupt?

Die Bahn gibt als Grund für die Sanierung an, dass die hohe Auslastung Weichen, Gleise und Oberleitungsanlagen in den vergangenen Jahren stark beansprucht habe. Die jetzt beginnenden Bauarbeiten seien notwendig, damit Züge auch weiterhin mit voller Geschwindigkeit fahren könnten und es weniger Störungen an der Infrastruktur gebe.

Wird dann alles gut?

Das dauert noch. Von August 2025 bis April 2026 wird die Strecke zwischen Hamburg und Berlin im Zuge eines deutschlandweiten Programms zur Generalsanierung erneut gesperrt, die Fernzüge sollen wieder über Uelzen und Stendal umgeleitet werden. Es würden Gleise, Weichen, Oberleitungen, Leit- und Sicherungstechnik erneuert. Die Sperrung dauert neun Monate, ursprünglich waren sechs Monate geplant. Das Versprechen der Bahn: Dann sollen die heute oftmals verspäteten Züge dort zuverlässiger fahren können als bisher. 

Warum wird das nicht in einem Abwasch gemacht?

Die DB teilt mit, sie habe intensiv geprüft, ob die Baumaßnahmen des Jahres 2024 verschoben und während der Folgemaßnahmen 2025/2026 gebündelt umgesetzt werden könnten. Das sei aber leider nicht möglich, weil die Strecke so überaltert ist, dass einige Arbeiten nicht mehr warten könnten. „Die Bauarbeiten im Jahr 2024 sind notwendig, damit Züge auch weiterhin mit voller Geschwindigkeit fahren können und es weniger Störungen an der Infrastruktur gibt“, heißt es in einer Präsentation der Deutschen Bahn. Gesetzliche Fristen der Instandhaltung müssten eingehalten werden.

mit dpa

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