Hamburg. Bürgerschaft debattiert über die Verkehrspolitik. Opposition legt Finger in die Wunden und der Senator macht eine große Ankündigung.

Hamburg ist die „Staustadt Nr. 1“, die Busse werden immer langsamer und unpünktlicher, Großprojekte verzögern sich und zuletzt fast schon täglich neue Verkehrstote zeigen, wie schlecht es auch um die Sicherheit auf Hamburgs Straßen und Wegen steht. Das ist, grob zusammengefasst, das Bild, das die Opposition am Mittwoch in der Hamburger Bürgerschaft von der aktuellen Verkehrspolitik des rot-grünen Senats gezeichnet hat. Vertreter von SPD und Grünen sahen das natürlich ganz anders und betonten in der bisweilen hitzigen Debatte, dass die Stadt noch nie so viel für den Ausbau von Schnellbahnen und Radwegen, die Sanierung von Straßen und die Elektrifizierung von Bussen und Taxis getan habe.

Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) nutzte die Gelegenheit, um mit einer aktuellen Nachricht zu unterstreichen, wie energisch der Senat den Ausbau von U- und S-Bahnen vorantreibe. „Die Hochbahn hat heute den größten Auftrag ihrer Firmengeschichte bekannt gegeben“, sagte Tjarks. „Sie hat 374 neue U-Bahn-Züge für Hamburg bestellt. Das zeigt doch, wie es vorangeht.“ Die U-Bahn-Flotte werde bis 2050 um 50 Prozent wachsen, die der S-Bahn um 30 Prozent, bis 2040 würden 36 neue Schnellbahn-Stationen gebaut, der Bau der S6 nach Süden beginne in diesem Jahr, die U5 sei im Zeit- und Kostenplan. All das zeige die große „Dimension des Schnellbahnausbaus“ in Hamburg. Zudem sei die Stadt bei anderen Vorhaben, wie der Elektrifizierung von Bussen und Taxis, schon sehr weit.

Verkehr Hamburg: „Großprojekte kommen zu spät für die ehrgeizigen Klimaziele“

Das hörte sich gut an, so optimal aber laufe es in Wahrheit nicht, monierte die Opposition. Linken-Politikerin Heike Sudmann wies darauf hin, dass der Senat bei vielen seiner großen Verkehrsvorhaben viel zu spät dran sei, was auch dem Klimaschutz schade. „Der Senat will bis 2030 den Anteil der ÖPNV-Fahrgäste verdoppeln. Und die CO2-Emission im Verkehrsbereich soll um gigantische 1,4 Millionen Tonnen gesenkt werden“, so Sudmann. „Doch die dafür nötigen großen Projekte gibt es bis dahin nur auf dem Papier“, sagte Sudmann. „U5 und S6/S32 werden erst in den 2040er-Jahren fertig, die komplette Elektrifizierung der Hamburger Busflotte wurde gerade auf 2032 verschoben, der Hamburg-Takt bleibt schwammig und hat bis heute nicht mal die versprochenen zusätzlichen Buslinien geschaffen.“

Diese Großprojekte kämen „zu spät für das Klima“, so Sudmann. „Schnell und wirksam braucht Hamburg jetzt viele Busspuren, damit die Busse nicht neben den Autos im Stau stehen. Die Straßenbahnplanung muss wieder aufgenommen werden, damit schon 2030 die erste Linie fahren kann. Wer den Autoverkehr nicht ernsthaft eindämmen will, hat beim Klima verloren.“

CDU: „Bürger sind schlichtweg genervt von der Verkehrsmisere in Hamburg“

CDU-Verkehrspolitiker Richard Seelmaecker sagte, die „Verkehrsmisere“ werde langsam zum „Thema Nr. 1“ in der Stadt. Die Bürger seien „schlichtweg genervt“, dass der Senat „die Probleme nicht in den Griff“ bekomme. Die Busse seien trotz angeblicher „Busbeschleunigung“ heute langsamer und unpünktlicher, Hamburg sei Stauhauptstadt, bei der Köhlbrandquerung oder dem Stadtrad gehe es nicht voran und tatsächlich reiße Rot-Grün bei den großen Verkehrsprojekten die selbstgesetzten zeitlichen Ziele. Seelmaecker verwies auch darauf, dass die geplante Elektrifizierung der gesamten Busflotte die Kosten um 500 Millionen Euro in die Höhe treibe, obwohl E-Busse weniger effizient seien – und warf die Frage auf, ob das wirklich aus Klimaschutzgründen nötig sei.

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AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann warf SPD und Grünen vor, sie würden „alle Probleme weglächeln“. Die Ärgernisse der Bürger interessierten den Senat „keinen Deut“, so Nockemann. Dessen Politik schränke die individuelle Mobilität ein, „Staus, Blitzer und Abschleppabzocke“ seien „Umerziehungsmaßnahmen für die Bürger“.

Verkehr Hamburg: Nur in einem Punkt räumt Rot-Grün Schwächen ein

Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte, die „sogenannte Mobilitätswende des Verkehrssenators“ sei gescheitert. Sie sei „extrem teuer – wie etwa bei der Anschaffung der E-Busse – funktioniert aber trotzdem nicht, weil die neuen Fahrzeuge am Ende vom Senat erzeugten Stau stehen, den unnötige Straßenverengungen, völlig abstruse Kreuzungsumbauten und unkoordinierte Baustellen in der halben Stadt verursachen“. Der Wirtschaftsverkehr mache mittlerweile einen Bogen um die Hansestadt. „Die City wie einige Stadteilzentren fangen nach umfassender Parkplatzvernichtung an zu veröden“, so die FDP-Politikerin. „Und das Klima hat von dieser kontraproduktiven Politik gar nichts, im Gegenteil, die Verbrenner im Dauerstau belasten es zusätzlich.“

SPD-Verkehrspolitiker Ole Thorben Buschhüter warf der Opposition vor, ihre Kritik sei „miesepetrig“, „besserwisserisch“ und „stillos“, schließlich sei noch nie so viel in den Schienenausbau investiert worden wie in diesen Jahren. Nur in einem zentralen Punkt räumte die rot-grüne Koalition Handlungsbedarf klar ein. „Wir haben ein massives Problem mit der Verkehrssicherheit“, sagte die Grünen-Abgeordnete Rosa Domm. Dessen müsse sich der Senat annehmen. Auch die jüngsten tödlichen Unfälle zeigten dabei eines: „Das Problem liegt beim motorisierten Verkehr und nicht bei Fußgängern und Radfahrern.“