Hamburg. 15.000 Wahlhelfer zählen Bezirkswahlen aus – öffentlich. Weil jeder Wähler zehn Stimmen hatte, kostet das Zeit. Das Abendblatt war dabei.
Mit dem Wahl-Sonntagabend hat sich das Stimmenauszählen für Hamburg noch lange nicht erledigt. Stehen die Ergebnisse der Europawahl gerade erst fest, geht es in der Hansestadt mit denen der Bezirksversammlungswahlen weiter. Ein ganz schöner Aufwand für die insgesamt rund 15.000 Wahlhelferinnen und -helfer in den Auszählungszentren. Denn während die Wähler auf dem weißen Europawahl-Zettel nur ein Kreuz machten, konnten sie auf den Bezirks- und Wahlkreislisten der gelben und rosafarbenen „Wahl-Büchlein“ jeweils fünf Stimmen beliebig verteilen. Auf den Bezirkslisten stehen 1399 Kandidaten, auf den Wahlkreislisten sind es 1273 – entsprechend aufwendig ist das händische Auszählen.
Bezirkswahlen Hamburg: Planmäßiges Gewusel in den Messehallen – so läuft die Auszählung
Die rund 1100 Wahlhelfer, die sich in der Messehalle A4 um die Stimmzettel aus dem Bezirk Mitte kümmern, haben sich vorsorglich mit reichlich Snacks und Getränken eingedeckt. Denn die Auszählung dauert bis „open end”, wie es heißt. Realistisch sei, dass die ersten Ergebnisse am späten Nachmittag feststehen, sagt die Sprecherin des Bezirksamts Mitte, Elsa Scholz. Mit einem vorläufigen Endergebnis rechnet der Landeswahlleiter Oliver Rudolf ab 18 Uhr.
Schon seit 8 Uhr in der Frühe stapeln die Wahlhelfer, als Grüppchen in sogenannte Wahlvorstände oder Bezirkswahlleitungen sortiert, Papier von A nach B. Zettelkram, wohin man blickt: Die gelben und rosafarbenen Heftchen werden munter hin- und herbewegt, auf Haufen und Stapel, in Pappkartons und Plastiksäcke.
Peter Keller aus dem Bezirk Mitte ist einer der vielen Wahlhelfer vor Ort. Er macht den Job zum ersten Mal, „um etwas für die Allgemeinheit zu tun und die Demokratie zu unterstützen”, wie er sagt. Damit alle wissen, was sie zu tun haben, sitze an jedem großen Tisch eine eingewiesene Gruppenleitung „und die Leitung weist uns dann wiederum ein”, sagt er. Bislang hat Kellers Gruppe einen ganzen Haufen Wahlzettel zunächst in panaschierte und kumulierte Stimmen eingeteilt, die kumulierten zudem nach Parteistimmen gestapelt. Jetzt gelte es, „die Stimmen in diese ungemein übersichtliche Liste einzutragen”, sagt Keller mit einem Augenzwinkern und verweist auf eine mehrseitige, kleinteilige Tabelle.
Bezirkswahlen 2024: Auszählung in Hamburger Messehallen ist öffentlich
Die Auszählung in den Messehallen ist öffentlich. Theoretisch kann ihr jeder beiwohnen, um sich davon zu überzeugen, dass hier alles mit rechten Dingen zugeht. In der Nacht von Sonntag zu Montag lagerten die Urnen in abgeschlossenen Räumen ohne Fenster. Am Sonntagabend wurden die Bezirkswahlstimmen von rund 400 Urnenwahllokalen unter Polizeibegleitung zu den Briefwahlzentren gebracht.
Von Hamburg-Mitte bis Hamburg-Altona sind es am Auszählungstag nur wenige Schritte, zumindest in den Messehallen. In A1, direkt gegenüber der „Mitte-Halle”, werden die Stimmen des westlichsten Hamburger Bezirks ausgezählt. 99 Briefwahlvorstände mit je ungefähr acht Personen arbeiten hier in Grüppchen, außerdem 59 Urnenwahlvorstände, die die in den Wahllokalen abgegebenen Stimmen zählen. „Grüne, Gesamtliste: drei. Linke, Gesamtliste: zwei“ – stakkatoartig werden die Wahlzettel verlesen, gezückte Stifte halten die Ergebnisse fest.
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Auszählung der Bezirkswahl-Stimmen in den Messehallen mit Tausenden Freiwilligen
Teil des planmäßigen Gewusels in den Messehallen ist auch die 19-jährige Theresa, die nicht nur ihre Wahlhelferinnen-Premiere feiert, sondern am Sonntag auch zum ersten Mal ein Wahllokal betreten hat. „Ich bin richtig froh, dass ich jetzt auch wählen gehen darf“, sagt sie, während sie einige Dutzend rosafarbener Stimmzettel zu Haufen legt. Ganz schön kompliziert, die Arbeit hier – oder? „Wir haben gestern die Europawahl ausgezählt, das war eine gute Vorbereitung. Jetzt habe ich den Dreh raus“, sagt Theresa. Obwohl ehrenamtlich im Einsatz, schuftet sie heute gemeinsam mit ihren Bürokollegen. Denn die Chefin der Designagentur, in der Theresa arbeitet, tritt regelmäßig als Wahlleiterin auf und akquiriert ihre Mitarbeiter als ehrenamtliche Wahlhelfer.