Hamburg. Seit 25 Jahren ein Paar, jetzt erstmals gemeinsam auf Tour: Der Rapper und die Souldiva begeisterten 5000 Fans mit einem langen Abend.
„Die Kids sind aus dem Haus, Schatz, job is done, verschwinden wochenlang, hängen noch mal eine Woche dran“: Seit 25 Jahren sind der Stuttgarter Rapper Max Herre und die Berliner Sängerin Joy Denalane ein Paar, und sie haben eine Menge zusammen erlebt: Diverse Songs aufgenommen, geheiratet, zwei Söhne aufgezogen, eine vier Jahre lange Trennung überstanden – nur für eine gemeinsame Tournee war nie Zeit. Herre gastierte zuletzt 2022 in der Laeiszhalle, Denalane im selben Jahr in der Elbphilharmonie und im November 2023 im Mojo Club.
Aber jetzt, wo die Kids aus dem Haus sind, machen Max & Joy ein Fass auf, so wie es Eltern tun, wenn sie in Jogger und Schlappen in der Küche stehen, Kaffee schlürfen und feststellen, dass es verdächtig ruhig im Haus geworden ist. Die beiden nahmen als Erstes das vor zwei Wochen erschienene Album „Alles Liebe“ auf, ein Hip-Hop- und Soul-Album, flauschig weich und verschwitzt wie die Handtücher, die sich Schmusebruder Barry White bei seinen Konzerten um den Biernacken legte. Mmmmh. Smooth.
Max Herre & Joy Denalane: Selten sah man sie so gelöst auf der Bühne
So geht es auch los beim Konzert des Paares in der Sporthalle. „Alles Liebe“ und „Skyline“ perlen, von einer siebenköpfigen Band begleitet, aus den Boxen. „Crazy, sexy, funky“ soll der Abend werden, wie Denalane verspricht. Und das Versprechen wird gehalten. Selten hat man Denalane so locker und gelöst auf einer Bühne gesehen, immer wieder zärtlich umarmt und mit Blicken abgescannt und bewundert von Max Herre, der den Freundeskreis-Klassiker „Esperanto“ aus dem Archiv holt und Lenny Kravitz mit „Nicht vorbei (bis es vorbei ist)“ eindeutscht.
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Zusammengekommen sind Max und Joy 1999 am „Day One“ in einer „Fotofix-Kabine in Stuttgart“, und stehen sie vor einer großen Leinwand und einem davor platzierten, mit einem Vorhang abgedeckten Container. Ein spartanisches wie schönes Bühnenbild, das die 5000 Fans in der sehr gut gefüllten Sporthalle rot illuminiert.
Max Herre in der Sporthalle: „2024 fühlt sich an wie 1932“
So gut das Album „Alles Liebe“ auch ist, es ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt des jeweiligen Schaffens von Herre und Denalane. Joy kriegt als Erstes die Bühne für sich für Solo-Songs wie „Im Ghetto von Soweto“ und „Was auch immer“, es wird nachdenklich und zeitkritisch. Auch Herre dreht das Licht dunkler bei seinen Alleingängen mit „Athen“, „Nachts“ und „Dunkles Kapitel“ (mit Dirk von Lowtzow von Tocotronic als Videogastsänger): „2024 fühlt sich an wie 1932“ sagt er. Seine Frau, Tochter eines Südafrikaners mit riesiger Motown-Plattensammlung, kennt die Blicke, die „nicht erst seit 2015“ auf Menschen mit dunkler Haut fallen.
Nach dem die Liebe in vollen Zügen feiernden Auftakt werfen diese dunkleren Kapitel der langen Setliste aber keine Schatten auf die Stimmung im Saal. „Hamburg Soul HipHop Ciddie number one“, lobt Herre entsprechend, und alle schweben „Auf Tour“, auf der „Wolke 7“ weiter an diesem langen, langen Abend. Herre und ein DJ steigen auf das Container-Dach, gönnen Joy und der Band eine Pause und entfesseln gewaltig pumpende Beats mit „Rap ist“, „Wenn der Vorhang fällt“ und „Erste Schritte“. Anschließend gehört die Bühne Joy und ihrem Album „Let Yourself Be Loved“, das 2020 das erste Album einer Deutschen beim legendären Soul-Label Motown war.
Max und Joy in Hamburg: Ein Akustikset zum Konzertfinale
Über zwei Stunden sind mittlerweile vergangen. Jetzt würde man üblicherweise eine großes Hit-Eskalation mit Konfetti und Rummsbumms erwarten, aber tatsächlich haben sich Max und Joy etwas ganz anderes ausgedacht. Der Vorhang am Container fällt, und die beiden quetschen sich mit den Musikern zu einem abschließenden Akustikset in die Blechbude.
„A-N-N-A“ verbindet diesen Freundeskreis aus Musikern, der Herre seit Ewigkeiten begleitet, das ist alles ein „Bisschen mehr als Freundschaft“, und schaut man sich bei „Leg dein Ohr auf die Schiene der Geschichte“ und „Alles leuchtet“ im Saal um, fällt tatsächlich die Menge der mit gealterten Paare auf, bei denen ein bisschen mehr als Freundschaft angesagt ist. Da passt es gut, dass M&J mit Michael Jacksons „Don‘t Stop`Til You Get Enough“ die Band vorstellen: Die wenigsten in der Sporthalle dürften schon genug haben. Und daher kommen Max Herre und Joy Denalane auch bald wieder: Am 13. September 2025 kommen die beiden in den Stadtpark. Alles Liebe bis dahin!
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