Hamburg. Die Berliner Soul-Sängerin Joy Denalane zeigt zum Abschluss ihrer Tournee in Hamburg nicht nur mit ihrem neuen Album ihre Bandbreite.

Der Mojo Club ist richtig voll, ausverkauft seit Langem. Als Joy Denalane die Bühne betritt, wird sie frenetisch bejubelt, bevor sie überhaupt einen Ton gesungen hat. Auf ihr Hamburger Publikum kann sich die Sängerin aus Berlin verlassen. Seit sie vor einem Vierteljahrhundert mit Max Herres Kollektiv Freundeskreis im Stadtpark aufgetreten ist, wird sie jedes Mal abgefeiert, wenn sie in die Hansestadt kommt. Es gibt nicht viele Sängerinnen in Deutschland, die über eine ähnliche Präsenz und Bühnenausstrahlung verfügen wie die Künstlerin mit den südafrikanischen Wurzeln.

Die Distanz zwischen sich und ihren Fans hebt sie auf, weil sie das Publikum direkt anspricht, die Entstehung von Songs erklärt und auch viel Privates erzählt. Wie zum Beispiel über den Song „Good Times Better“. Das Liebeslied hat sie für ihren Lebenspartner Max Herre geschrieben. „Ich bin eine Frau, die total liebt“, sagt sie und erhält spontanen Beifall ihrer vielen Anhängerinnen, „aber ich fordere auch viel, und es ist sicher nicht einfach mit mir.“ Ein Satz, den gewiss manche im Saal unterschreiben würden.

Joy Denalane zeigt Motown-Hits und Songs für die Generation Ü40

Das Hamburger Konzert ist der Abschluss der aktuellen Tournee, fast zwei Dutzend Songs singt Denalane und hat dafür Stücke aus ihrer langen Karriere auf die Setliste genommen. Auch aus „Mamani“, ihrem Debütalbum von 2002. Damals hat sie noch überwiegend auf Deutsch gesungen. „Geh jetzt“ und „Sag‘s mir“ werden besonders von den Fans der Generation Ü40 gefeiert, denn das waren Anfang der Nuller-Jahre Hits für die damals in Stuttgart lebende Berlinerin.

Besonders stolz ist sie auf das Album „Let Yourself Be Loved“, das 2020 erschienen ist, und zwar auf dem berühmten Motown-Label, das in den 60er-Jahren den Soul in den USA entscheidend mitgeprägt hat. Ein großer Teil ihrer Stücke sind Balladen, aber diese Motown-Nummern haben den nötigen Funk und sind tanzbare Songs – ausgelassenes Tanzen ist in der Enge des Mojo Clubs an diesem Abend allerdings kaum möglich. Doch die Energie fährt jedem im Parkett und im Rang in die Glieder.

Joy Denalane: Am Merchandising-Stand herrscht nach Konzertende einiges Gedränge

Vor ein paar Wochen hat Joy Denalane unter dem Titel „Willpower“ ein neues Album veröffentlicht, und aus dem stammt ein großer Teil des aktuellen Repertoires. Dabei sind starke Soul-Nummern wie „Fly By“ und die aktuelle Single „Hideaway“, unter die Haut gehende Balladen wie „Good Times Better“ und „Revolutions“. Und natürlich der Titelsong „Willpower“, in dem eine gehörige Portion Pathos steckt. Dieses Konzert dient auch dazu, Werbung für „Willpower“ zu machen und den Fans die neuen Lieder auf der Bühne zu präsentieren.

Denalane macht klar, dass es zwar fein sei, wenn ihr Publikum sich die neue Platte in den Streaming-Diensten anhört, doch leben kann kein Künstler von den geringen Honoraren, die Spotify und Co. zahlen. Also Platten und CDs kaufen! Am Merchandising-Stand herrscht nach Ende des Konzerts dann auch einiges Gedränge.

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Im Zugabenteil zeigt sie noch einmal ihre große stilistische Bandbreite: Nach „Alles leuchtet“ folgt mit „Heaven Or Hell“ eine R-‘n‘-B-Nummer, die sie 2006 mit dem Wu-Tang-Clan-Rapper Raekwon aufgenommen hat, und zum Ende gibt es für das begeisterte Publikum mit „Let Yourself Be Loved“ noch den Titelsong aus dem Motown-Album. Joy Denalane hat, wieder mal, die Gesichter ihres Publikums zum Leuchten gebracht. Schon eine Menge in diesen dunklen Zeiten.