Hamburg. Hits bis zum Abwinken: DJ Ötzi lud zahlreiche Freunde von Mickie Krause bis Vengaboys zum Après-Ski ohne Schnee in die Barclays Arena.

  • Aprés-Ski-Party im Flachland: Das ist DJ Ötzis Idee zur „Mountain Mania“
  • Bei der Hamburg-Premiere der Show kamen 5000 Fans in die Barclays Arena.
  • Zahlreiche Schlagerstars wie Florian Silbereisen, Mickie Krause, voXXclub, Schürzenjäger und Anna Maria Zimmermann feierten mit

Für Hamburgs Partyschlager-Fans war der Wechsel der Jahreszeiten sehr schnell: Vor drei Wochen feierten sie noch Sommer, Sonne, Kaktus bei Mia Julias bumsfidelen Ballermann-Hits in der Sporthalle, und kaum sind sie ausgenüchtert, steht auch schon der Winter vor der Tür bei „Mountain Mania“ am Freitag in der Barclays Arena. Besagter Bergwahnsinn ist eine große Après-Ski-Party, mit der Initiator und Gastgeber DJ Ötzi den Hüttenzauber von Ischgl, Hinterglemm und Flachau in deutsche Großstädte bringen will.

Ob sich die Zielgruppen von Mia Julia und DJ Ötzi, von Mallorca und Sölden, von Kotzikotzi und Obergurgl überschneiden, ist allerdings schwer zu sagen beim Betreten der Barclays Arena. Die volkstümliche Schlager-Boygroup voXXclub („Rock mi“), Jodel Toni und Matty Valentino („Auffe aufn Berg“) lassen die Lederhosen knarzen. Und die 5000 in der Halle sind 15 Minuten nach Showbeginn längst voll dabei. Sehr viele haben sich aufwendig zurechtgehübscht, mit Skianzügen, Dirndeln und Krachledernen, blinkenden Rentiergeweihen und leuchtenden Winkelelementen.

DJ Ötzi in Hamburg: Liebesgrüße aus der Lederhose

Waschechte Norddeutsche würden dem Publikum vielleicht 24 Stunden geben, um die Stadt zu verlassen, aber verwunderlich ist der große Zuspruch nicht. Als der Österreicher „Volks-Rock-‘n‘-Roller“ Andreas Gabalier 2019 im Volksparkstadion auftrat, waren 40.000 gekommen, ein großer Teil davon in Tracht. Das Oktoberfest, die Hingabe an erfolgreicheren Fußball, als ihn HSV und St. Pauli bieten, oder die Hamburger „Skiferien“ (der zweite große Jahresurlaub für Besserverdienende) haben auch nördlich der Elbe Wurzeln geschlagen.

DJ Ötzi Mountain Mania Show
Er ist so schön, der Rest ist voll: DJ Ötzi ist Ideen- und Gastgeber der „Mountain Mania“-Tour, die auch in der Hamburger Barclays Arena eine große Aprés-Ski-Party feierte. 5000 Fans waren mit dabei. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Und Gerry „DJ Ötzi“ Friedle („Ich bin so schön, ich bin so toll. Ich bin der Anton aus Tirol“) weiß das und erweitert die in seiner Heimat Österreich beliebte „Gipfeltour“ um den drei Jahre lang geplanten deutschen Ableger „Mountain Mania“. Vor der Hamburg-Premiere der Sause war nicht ganz klar, wie man sich das vorzustellen hat, aber das Konzept ist mit Party bis zum Aufwischen eigentlich schon komplett beschrieben.

Barclays Arena: Tanzen auf gigaschlanken Waderln zu Hits, Hits, Hits

Der Aufwand dafür ist allerdings beachtlich. Ein Drittel des Innenraums der Barclays Arena ist für die VIP-Tribünenhütte „Flachau Alm“ reserviert, flankiert von zwei Seilbahngondeln. Von der aus führt eine lange Brücke zu einer zweiten Bühne auf der anderen Seite. Drum herum kämpfen Getränkestände um die Nahversorgung, auch am Fanartikelstand sind die Reserven knapp: „Haben sie irgendwas, das blinkt?“, fragt ein Mann verzweifelt. Leider nein. Da müssen gigaschlanke Wadeln in Trachtenstrümpfen reichen.

DJ Ötzi Mountain Mania Show
Bei ihr sind nicht nur die Augen der Fans blau: Schlagerstar Anna Maria Zimmermann. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Aber ein Alsterwasser gibt es noch zum Glück. Nicht, dass die Meute wittert, dass man nüchtern ist. Im Saal und auf den Tribünen bilden sich immer neue schunkelnde Trauben. Ein kräftiger Kerl trägt seine Begleiterin zum WC, DJ Ötzi ruft „zickezacke, zickezacke!“, die Menge „hoi, hoi, hoi!“. Das auch noch Musik gespielt wird, ist beinahe egal.

„Mountain Mania“ in Hamburg: Es gibt die Wahl zischen Halb- und Vollplayback

Dabei ist das Programm durchaus prominent besetzt. Auf den Bühnen und Rampen tauchen, von permanentem Rauch, Konfettischnee und Funkenfontänen begleitet, immer neue bekannte Gesichter der Szene auf, gern auch zusammen, mit einer Handvoll schneller Kurzfassungen ihrer Songs, die als Halb- oder Vollplayback präsentiert werden. „Live Is Life“ gilt hier nur für den 80er-Mitgröler von Opus.

DJ Ötzi Mountain Mania Show
Stimmungsvolles „Donnawedda“ in der Barclays Arena: Auf einer langen Brücke durch den Saal singen und tanzen die Buam von voXXclub aus München. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Anna-Maria Zimmermann, neben den omnipräsenten Tänzerinnen und zwei Vierteln von Vengaboys die einzige Frau im Programm, schwebt im Glitzerdress über die Rampe und singt „Himmelblaue Augen“. Offenbar entdeckt sie unter sich einen, der nicht mitfeiert: „Tschuldigung!“, warnt sie. Aber der Saal brennt sogar bei dem neuen Song „Liebelei“: „Was ich will, kannst du in meinen Augen sehen, es hat drei Buchstaben und ist schön“, singt Zimmermann. Was könnte sie wohl meinen? Bir?

Après-Ski in Norddeutschland: Immer neue Kartätschen voller Konfetti

Meine Damen und Herren, es singt für sie: das Niveau. Das Wichtigste bei einer Tanzlustbarkeit ist, dass es keine Atempause gibt. Wenn gerade keine Band wie die thematisch etwas unpassenden Vengaboys („We Are Going To Ibiza“) auf die Brücke rennt, lässt DJ Ramazotti die Hit-Herdplatte glühen: „Last Christmas“, „Freed From Desire“, „Atemlos“. Sogar „Bella Napoli“ von Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys hat er dabei, wenn auch nur in der Version von voXXclub. Der Abend kennt fünf Stunden lang absolut keine Gnade. Immer neue Kartätschen voller Konfetti verteilen sich auf Köpfen und Böden und kleben als Bier-Papiermatsch an Moonboots.

DJ Ötzi Mountain Mania Show
Viel Holz vor der Hütte: Bei „Mountain Mania“ in der Hamburger Barclays Arena wurde halb Flachau aufgebaut, Seilbahngondeln inklusive. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Aber der Ablauf und die Organisation in diesem vermeintlichen Chaos sind auf Zack. Das Handwerk wurde bei zahllosen Gipfeltouren und Frühlings- und Winterfesten der Volksmusik gut gelernt. Apropos „Winterfest der Volksmusik“: TV-Moderator Florian Silbereisen ist auch mit von der Partie, „Ei, ei, ei, hier wird gebusselt und geflirtet“, freut er sich beim Blick in die Reihen, ruft „Musik ein bisserl lauter, bitte“, und dann geht es an den weißen Flügel für „Ich war noch niemals in New York“.

Schürzenjägerzeit: Das Trio „MFG“ bittet Udo Jürgens um Sahne

Vollplayback. Geschenkt. Dafür gesellen sich DJ Ötzi und Mallorca-Partyprinz Mickie Krause („Geh mal Bier hol′n, du wirst schon wieder hässlich“) zum Flori. Als Trio „MFG“ bitten sie Udo Jürgens um Sahne, tanzen als Village People um „In The Navy“ und „Y.M.C.A.“ und lösen sich mit „Major Tom“ von der Erde. Und kaum hat man sich davon erholt, kommt sogar eine echte Band mit echten Instrumenten auf die Bühne: Die Schürzenjäger. Dass bei „Zillertaler Hochzeitsmarsch”, „Schürzenjägerzeit“ oder „Sierra Madre“ keine Kabel in den Instrumenten stecken, juckt hier keinen Kumpel bei akustischen Liebesgrüßen aus der Lederhose.

Aktuelle Pop-Kritiken aus Hamburg

Und immer heiter weiter. Stereoact. Hey! DJ Ötzi solo. Baby! Mickie Krause. Uh! Noch mal MFG. Ah! Ötzi als DJ. „Reiß die Hütte ab“ von Mickie Krause ist das ideale Motto für die „Mountain Mania“, sprich für Après-Skihasen und Hüttenzauberer ist es mit Sicherheit ein stimmungsvoller Abend. Und wahrscheinlich wird die Hütte Ende 2025 oder Anfang 2026 erneut in Hamburg aufgebaut. Schließlich hat DJ Ötzi schon vor dem Beginn der Tour gedroht: „Wenn du nicht in die Berge kommst, kommen die Berge zu dir.“ Das ist ja wohl der Gipfel!

Sternstunde oder Reinfall? Jeden Monat rezensieren wir für unsere Abonnentinnen und Abonnenten mehr als 100 Konzerte, Theatervorstellungen, Choreografien, Bücher, Ausstellungen, Serien oder Filme. Hier finden Sie alle Kritiken – was Sie in Hamburg gesehen, gehört oder gelesen haben müssen!