Hamburg. Beim Konzert der von Hamburg nach Berlin übersiedelten Band um Sänger Dirk von Lowtzow steht die Rückschau auf 30 Jahre im Zentrum.

„Ich mache meinen Frieden mit euch“, heißt ein alter, eher zweitrangiger Song von Tocotronic. Beim Auftritt am Sonnabend im Stadtpark spielte die Band ihn nicht, der Titel würde allerdings passen für die Haltung, die Tocotronic mittlerweile an den Tag legt: Hier haben vier nicht mehr ganz junge Männer ihren Frieden gemacht. Mit ihrem Dasein als Rockstars. Mit dem eigenen Back-Katalog.

Und mit Thees Uhlmann als Solo-Supp, der den Konzertabend mit Sensible-Männer-Rock und seiner Akustikgitarre eröffnet hat, was eigentlich gar nicht zum immer kunstvoller verästelten Tocotronic-Sound passt – aber egal. Selbst mit Hamburg, der Hassliebe-Stadt für die längst nach Berlin übersiedelte Band. „Hamburg, schönste Stadt der Welt!“, schwärmt Sänger Dirk von Lowtzow. Und dann schlägt er die ersten Takte von „Aber hier leben, nein danke!“ an, man muss es auch nicht übertreiben mit der Versöhnung.

Tocotronic im Stadtpark: Rückschau auf 30 Jahre Band-Geschichte

Offiziell tritt Tocotronic während der „Nie wieder Krieg“-Tour auf, aber die Songs aus dem aktuellen Album spielen im Stadtpark nur eine Nebenrolle, das Zentrum des Abends bildet die Rückschau: 30 Jahre gibt es die Band mittlerweile, und diese 30 Jahre lässt sie Revue passieren.

Mit viel Musik aus der Umbruchphase Anfang der Nullerjahre, als Rick McPhail als zweiter Gitarrist dazukam und den Klang der Band konsequent ausdifferenzierte: „Ich habe Stimmen gehört“ (2005), „Kapitulation“ (2007), „Hi Freaks“ (2002), nichts von „Wie wir leben wollen“ (2013), nichts vom roten Album (2015). Schade eigentlich.

Tocotronic im Stadtpark: Alles an diesem Auftritt stimmt, nicht mal der Nieselregen stört

Vier Musiker stehen da auf der Bühne, die wissen, was sie für die deutschsprachige Musiklandschaft getan haben, die sich wortlos verstehen und die mittlerweile ins Stadium der Klassiker hineingewachsen sind. Alles an diesem Auftritt stimmt, da stört selbst der zu Beginn etwas dumpfe Sound nicht, auch der immer wieder einsetzende Nieselregen ist kein echtes Manko, die vier wissen, was sie tun, und das tun sie gut.

Sogar so gut, dass sie dem Publikum eine Freude machen: Das Konzert ist zu Ende, die letzten Feedbacks von „Explosion“ sind verhallt, Ingrid Caven ertönt vom Band. Und dann lässt sich die Band doch noch einmal auf die Bühne klatschen, spielt den Gassenhauer „Freiburg“. In Frieden.