Hamburg. Zwei neue Kriminalromane, zwei dänische Insel-Schauplätze: Till Raethers „Danowski“-Finale und der neue Bornholm-Band von Michael Kobr.
Am Ende weiß Danowski auch nicht mehr, was er tun soll. Obwohl man, gerade wenn wenn es um Kriminalromane geht, natürlich niemals mit dem Ende beginnen sollte – soviel kann man doch verraten, ohne die Geschichte zu spoilern. Weil es ja ohnehin klar ist: So ist das eben mit Adam Danowski. Dass der Hamburger Polizist eine Situation mal so richtig souverän im Griff hat, passiert selten. Also, eher gar nicht, genau genommen. So auf der Kippe wie in „Sturmkehre“ (Rowohlt Polaris, 304 Seiten, 18 Euro), wie der Hamburger Autor Till Raether nun den finalen Fall seines zwar hypersensiblen, aber unbeirrten Hauptkommissars getauft hat, war es allerdings nie.
Seine besten Freunde verachten ihn, seine Frau will ihn verlassen und hat dafür ebenfalls gute Gründe (die im Vorgängerband „Hausbruch“ erzählt werden), sein Chef erpresst ihn, eine Gefängnisstrafe droht, der eigene Untergang ganz buchstäblich irgendwann auch. Eine karrieretechnisch, emotional, legal und auch sonst ungünstige Grundkonstellation für Danowski, um einer seit Jahren verschwundenen Frau auf die Spur zu kommen und zwischendurch – gewissermaßen aus Versehen, es ist eine der schönsten Szenen, wie er der gesamten Kollegenschaft den Zugriff vermasselt – den Fleetmörder festzunehmen.
Neue Insel-Krimis: Till Raethers „Danowski“-Finale und der neue Bornholm-Band von Michael Kobr
Till Raether (dessen Roman „Die Architektin“ erst kürzlich zum Hamburger Roman des Jahres erkoren wurde) ist ein fabelhafter Beobachter, der mit Danowski eine ausgesucht trübe, aber dennoch entschlossene Natur erfunden hat. Der tief melancholische Sound des Romans wird in diesem Band vom aufziehenden Sturm vor der dänischen Nordseeinsel Fanø flankiert, auf die der Hamburger während seiner Ermittlungen gerät. Dass es Danowskis letzter Fall sein soll, ist schon einzusehen, das Steigerungspotenzial ist irgendwann erschöpft. Aber diese Figur ist eine, die wird man vermissen.
Für Leserinnen und Leser immerhin ist dänisches Insel-Hopping eine mögliche Lösung. Denn auch der Allgäuer Krimiautor Michael Kobr, der sonst gemeinsam mit Volker Klüpfel die erfolgreichen „Kluftinger“-Bände schreibt, hat einen neuen Roman herausgebracht, bereits zum zweiten Mal verschlägt es ihn solo auf das so eigenwillige wie hyggelige Ostseeeiland Bornholm. Nach „Sonne über Gudhjem“ zieht „Nebel über Rønne“ (Goldmann, 416 Seiten, 24 Euro) auf. Der Bornholmer Kriminalkommissar Lennart Ipsen (der genau so heißt wie die lokale Müllabfuhr, ein Running Gag auch in dieser Episode) hat es diesmal mit einem ausgeklügelten Giftgasmord in einem Privatflugzeug und den ungemütlichen Geheimnissen des Inselvolks zu tun.
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Drei Leichen landen auf dem kleinen „Lufthavn“ vor der Inselhauptstadt Rønne, Chef Ipsen und seine unkonventionellen Kolleginnen ermitteln in einer der typischen Rundkirchen und in der gehobenen Hotelerie. Auch Bornholms einziges Sternerestaurant, das Kadeau, bleibt Vorbild für das fiktive „Argousier“, mit dessen Sterneköchin den Kommissar inzwischen eine vielversprechende Romanze verbindet.
Erneut macht sich Kobr einen Spaß daraus, die Idylle auf der malerischen Sonneninsel empfindlich zu stören. Fortsetzung folgt? Mit Sicherheit, „Nebel über Rønne“ hat es bereits kurz nach Erscheinen auf die „Spiegel“-Bestsellerliste geschafft. Und da Bornholm zwar übersichtlich, aber enorm abwechslungsreich ist, dürften Michael Kobr die Schauplätze noch eine ganze Weile nicht ausgehen.