Erste Regierungserklärung des Bürgermeisters wird mit Spannung erwartet. Das Ziel, 510 Millionen Euro schon 2011 einzusparen, ist kaum zu erreichen.

Hamburg. Das Ziel ist extrem ehrgeizig. Um 510 Millionen Euro pro Jahr, das sind rund fünf Prozent des Hamburger Haushalts , will der Senat von 2011 an die laufenden Ausgaben der Stadt senken - und zwar "strukturell". Dabei geht es also nicht um den Verzicht auf einmalige Investitionen, sondern um Einschnitte wie Personalabbau oder die Streichung öffentlicher Leistungen, die dauerhaft wirken. Alle Behörden, Bezirksverwaltungen sowie zwei übergreifende Kommissionen brüten seit Monaten über dem Thema.

Dabei ist nach Abendblatt-Informationen herausgekommen, dass das Ziel, schon 2011 die 510 Millionen strukturell einzusparen, kaum zu erreichen ist. Stattdessen soll die Vorgabe, an der Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) unbeirrt festhält, schrittweise erreicht werden.

Konkret bedeutet das: Wenn sich CDU und GAL auf der Senatsklausur von Montag bis Mittwoch kommender Woche nur auf Vorschläge für zum Beispiel 300 Millionen Euro einigen, müssen die restlichen 210 Millionen für 2011 anders erbracht werden. Die Hoffnungen der Koalition liegen vor allem auf Steuermehreinnahmen - hierzu geben die jüngsten Konjunkturprognosen Hoffnung, die mehr als drei statt nur 1,8 Prozent Wachstum voraussagen. Sollte die Lücke auch so nicht zu schließen sein, müssten doch Einmaleffekte herhalten. In jedem Fall bliebe die Aufgabe, von 2012 an besagte 210 Millionen "strukturell" einzusparen.

Klar ist bislang, dass 100 der 510 Millionen durch Kürzungen beim Weihnachtsgeld für obere Beamtengruppen erbracht werden. Die öffentlichen Unternehmen sollen weitere 50 Millionen beisteuern. 260 Millionen sollen Behörden und Bezirke erbringen und 100 Millionen durch einen Umbau der Verwaltung eingespart werden.

Mit Spannung wird erwartet, inwiefern Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) in seiner ersten Regierungserklärung heute vor der Bürgerschaft auf das Thema eingeht. Gestern sagte er auf die Frage, ob es beim 510-Millionen-Ziel bleibe: "Dass in dieser Dimension ein Sparvolumen erbracht werden muss, hat sich leider nicht geändert." Darin seien sich die Regierungspartner CDU und GAL einig. Allerdings fügte Ahlhaus, ohne mögliche Steuermehreinnahmen zu nennen, hinzu: "Wir haben jetzt andere Rahmenbedingungen und prüfen, was seriöserweise hieraus abzuleiten ist. Derzeit habe ich aber noch keine Erkenntnisse, dass wir nächsten Mittwoch Juhu schreien können, weil wir nur noch 300 Millionen brauchen." Mutmaßungen, der Senat schiebe sein Ziel auf die lange Bank, trat Ahlhaus energisch entgegen: "Das ist nicht der Anspruch, den ich habe."

Die rund 70.000 Beschäftigten der Stadt warten gespannt auf die Einlassungen des Bürgermeisters - zumal sein Finanzsenator mit einer kostengünstigen einstufigen Verwaltung ohne Bezirksebene liebäugelt. Zwar hatte Ahlhaus dazu gesagt, weder die Bezirksamtsleiter abschaffen noch Bezirke zusammenlegen zu wollen. Gleichzeitig hatte er mehrfach betont, die Verwaltung verschlanken zu wollen - ohne Personalabbau sind Einsparungen im geplanten Bereich auch gar nicht möglich. Nach Abendblatt-Informationen wird der Senat daher nach seiner Haushaltsklausur eine Enquetekommission einsetzen, die sich mit dem Thema beschäftigt.

Ist eine einstufige Verwaltung sinnvoll? Sind Bezirksebenen verzichtbar oder eher Abteilungen in den großen Fachbehörden? Dass viele Aufgaben derzeit an zwei oder mehr Stellen bearbeitet werden, gilt allgemein als Problem. Allerdings soll die GAL hier eher zu einschneidenden Änderungen bereit sein als die CDU. Denn im Gegensatz zum kleinen Koalitionspartner sind die Christdemokraten tief in den Bezirken und Behörden verankert, Einschnitte könnten bei vielen Mitgliedern auf Protest stoßen. Offen ist, ob Ahlhaus die geplante Kommission schon heute anspricht. Sinn macht sie in jedem Fall, da die von Frigge geleitete Kommission, die Einsparpotenzial von 100 Millionen Euro in der Verwaltung aufdecken sollte, ihr Ziel nicht ganz erreicht haben soll.

"Die Verschlankung der Verwaltung ist ein Dauerthema", sagte Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, zu der möglichen Enquetekommission. Wie sich der Senat damit befasse, werde am 22. September entschieden. Ein Schwerpunkt in der Erklärung des Bürgermeisters dürfte das Thema Umwelthauptstadt 2011 sein (siehe Seite 7). Damit wollte bislang vor allem die GAL ihr grünes Profil schärfen. Indem er auf die enormen Potenziale der Umweltwirtschaft anspielt, erschließt Ahlhaus das Thema auch für seine CDU-Klientel. Der Nachfolger von Ole von Beust hatte erklärt, dass er es nicht auf einen Beliebtheitspreis abgesehen habe.

An der umstrittenen Erhöhung der Kita-Gebühren werde er daher wohl festhalten. Zu möglichen Einschnitten bei Theatern und Museen hatte Ahlhaus auf die Notwendigkeit eines lebendigen Kulturlebens hingewiesen - "aber möglicherweise nicht mit allem, was uns in den letzten Jahren lieb und teuer geworden ist". Auch die Konkretisierung dieser Aussage steht noch aus.