Die Zweifel an der Zukunft der Koalition verdichten sich. Senatorin Christa Goetsch will im Amt bleiben - trotz gescheiterter Schulreform.
Hamburg. Der Rücktritt von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und der verlorene Volksentscheid um die Schulreform bringen die schwarz-grüne Koalition in Hamburg ins Wanken. Während Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) gestern klarstellte, dass sie im Amt bleiben werde, forderten erste Grüne Neuwahlen. Vor allem an der GAL-Basis wird eine Koalition unter dem deutlich konservativer eingeschätzten Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sehr skeptisch gesehen. Der 40-Jährige wurde nach der Nominierung durch den CDU-Landesvorstand gestern Abend auch von der CDU-Fraktion einstimmig als Beust-Nachfolger bestimmt.
"Mit der Schulreform ist jetzt ein zentrales Projekt der Koalition gescheitert, Neuwahlen wären die sauberste Lösung", sagt der Altonaer GAL-Bezirksabgeordnete Lars Andersen dem Abendblatt. "Ich tendiere auch zu Neuwahlen", sagte Sven Kuhfuß, Vize-Fraktionschef der GAL in der Bezirksversammlung Altona. Roland Seidlitz, Vize-Fraktionschef der Eimsbütteler GAL, sieht das Fortbestehen von Schwarz-Grün ebenfalls skeptisch: "Ich wage es zu bezweifeln, dass die Koalition ohne die Person Ole von Beust weiter Bestand hat." Ahlhaus, der am 25. August zum Nachfolger von Ole von Beust gewählt werden will, fehle die liberale Haltung des Noch-Bürgermeisters.
+++ Umfrage von abendblatt.de: Eine Mehrheit der Hamburger will offenbar Neuwahlen +++
Ronald Preuß, der als GAL-Fraktionschef eine schwarz-grüne Koalition in Harburg mitführt, glaubt auch nicht an ein einfaches "Weiter so". Allerdings sieht er noch Beratungsbedarf - wie viele Hamburger Grüne, die einen Bruch der CDU/GAL-Koalition ablehnen.
"Die Frage von Neuwahlen stellt sich im Moment nicht", sagte Jens Kerstan, GAL-Fraktionschef in der Bürgerschaft. "Wir müssen jetzt die Verantwortung, die wir bei der letzten Wahl bekommen haben, trotz der Veränderungen wahrnehmen." Allerdings räumte auch er ein, dass die Partei sich mit Blick auf den verlorenen Volksentscheid und den Bürgermeisterwechsel die Frage stelle, "wie es weitergehen soll". Entschieden wird darüber vermutlich auf einer GAL-Mitgliederversammlung am 22. August.
+++ Die Rücktrittserklärung von Ole von Beust +++
+++ Porträt: Christoph Ahlhaus - der designierte Nachfolger +++
+++ Zitate von Hamburgern zum Rücktritt des Bürgermeisters +++
CDU-Chef Frank Schira und Ahlhaus selbst bekannten sich zum Koalitionsvertrag mit der GAL: "Neuwahlen wären ein falscher Weg für diese Stadt", sagte Ahlhaus. Noch-Amtsinhaber Ole von Beust sieht Schwarz-Grün durch seinen Rückzug nicht gefährdet. "Die Koalition ist nicht mein alleiniges Werk", sie werde auch unter seinem Nachfolger funktionieren, sagte er in der CDU-Zentrale in Berlin.
Die Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch will anders als der Erste Bürgermeister im Amt bleiben. "Wenn die Situation schwere See da ist, dann kann man nicht einfach das Schiff verlassen, sondern muss dafür kämpfen, dass das Schiff wieder ordentlich an Land kommt", sagte die GAL-Politikerin gestern im Rathaus. "Bei mir ist die Luft nicht raus. Wer das denkt, kennt mich schlecht." Unterstützung bekam sie auch von CDU-Fraktionschef Schira. Goetsch leiste eine "ausgezeichnete Arbeit als Senatorin und hat das Vertrauen der CDU-Fraktion". Auch GAL-Fraktionschef Kerstan stellte sich hinter seine Parteifreundin: "Sie hat mit Herzblut und Engagement trotz teils harter persönlicher Anfeindungen bewundernswert gekämpft."
In der Schulbehörde liegt offensichtlich kein Plan B für die Schulen im Fall der Niederlage beim Volksentscheid vor. "Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir einen geordneten Schulanfang haben", sagte Goetsch.