Harburg. Umweltbehörde bestätigt Wolfssichtung im Ausflugsgebiet im Hamburger Süden. Wie die Lage aktuell ist und was Experten sagen.
Wölfe dringen in der Region immer weiter vor – und wurden jetzt erstmals auch in der Fischbeker Heide gesichert festgestellt. In dem viel besuchten Naherholungsgebiet wurde ein bestätigter Wolfsnachweis erbracht, wie die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) auf Anfrage der Harburger CDU-Fraktion jetzt bestätigte.
Der Nachweis ist allerdings schon etwas älter: Ende Februar 2024 sei in Form von Losung, die im Nachgang im Labor des Senckenberg-Instituts genetisch untersucht wurde, ein eindeutiger Wolfsnachweis gemeldet worden, so die BUKEA.
Behörde bestätigt eindeutigen Wolfsnachweis in Neugraben
Um welches Tier es sich genau handelt, konnte aufgrund der Probenqualität und einer möglichen Fuchskontamination aber nicht festgestellt werden. Die Behörde geht davon aus, dass der Wolf inzwischen nicht mehr in der Fischbeker Heide ist: „ Aktuell gibt es keine Meldungen zu Wolfssichtungen auf Hamburger Gebiet“, teilte eine Behördensprecherin auf Abendblatt-Nachfrage mit.
Anwohner wollen mehr Informationen zu Wolf-Vorkommen
Die CDU hatte das Thema Wolf in der Fischbeker Heide aufgegriffen, weil es im angrenzenden
niedersächsischen Eversen mitten im Ort zu einer Wolfsbegegnung gekommen war sowie zu Rissen im Gebiet Neu Wulmstorf, Moisburg und Appel in der Samtgemeinde Hollenstedt. Das sprach sich auch unter der Bevölkerung im nahen Hamburger Stadtteil Neugraben-Fischbek schnell herum. Die Bilder und Videos im Internet von der Wolfsbegegnung in Eversen, wo der Wolf mitten durchs Wohngebiet läuft, machten die Runde.
„Keine Panik“: CDU-Fraktion stellte Anfrage zum Thema Wolf
„Die Leute haben uns daraufhin mit der Frage konfrontiert, ob es auch auf Hamburger Stadtgebiet in der Fischbeker Heide Sichtungen gegeben habe“, sagt Brit-Meike Fischer-Pinz aus der CDU-Fraktion. Sie wohnt selbst in Hamburgs südlichsten Stadtteil und wollte die Anwohner dort gern über eventuelle Wolfsvorkommen informieren können. „Wir möchten mit unserer Anfrage aber keine Panik schüren“, so Fischer-Pinz.
„Kein Bedarf für besondere Schutz- oder Verhaltensmaßnahmen“
Dazu gibt es nach Meinung der BUKEA derzeit auch keinen Anlass. Es bestehe nach fachlicher Einschätzung kein Bedarf, besondere Schutz- oder Verhaltensmaßnahmen für Menschen in der Fischbeker Heide zu ergreifen, teilt die Behörde mit: „Der Mensch fällt nicht in das natürliche Beutespektrum des Wolfes.“ Auch seien Wolfssichtungen in Hamburg extrem selten: „Seit dem ersten bestätigten Nachweis in 2013 auf Hamburger Stadtgebiet wurden nur wenige, ausschließlich durchziehende Wölfe nachgewiesen.“
Risse und Wolfssichtungen in benachbarten Gebieten
Das war in anderen Gebieten allerdings zunächst auch so – etwa in der Gemeinde Jork im Alten Land. Im Gegensatz zu benachbarten Regionen im Landkreis Stade und in den angrenzenden Landkreisen war das Ausflugsgebiet vor den Toren Hamburgs bis zum vergangenen März noch „wolfsfreie Zone“ und von Wolfsrissen verschont geblieben. Dann wurde auf der Gefängnisinsel Hahnöfersand im März und im April Deichschafe gerissen. Diese Risse wurden einer jungen Wölfin zugeordnet, die mehrfach in den Gärten der Anwohner gesichtet wurde und für Angst sorgte, weil sie offenbar die Scheu vor den Menschen verloren hat. Der Landkreis Stade beantragte eine Abschussgenehmigung, die vom Stader Verwaltungsgericht allerdings abgelehnt wurde und nach einer Beschwerde des Landkreises gegen diese Ablehnung jüngst auch vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG).
Beim Wolf soll es sich wahrscheinlich um ein Einzeltier handeln
Gut möglich, dass es sich bei der in Jork mehrfach gesichteten Wölfin um das gleiche Tier handelt, das in der Fischbeker Heide nachgewiesen wurde. Denn Jungtiere verlassen meist mit Eintritt der Geschlechtsreife das Rudel, um eine eigene „Familie“ zu gründen. Auf der Suche nach einem paarungswilligen Partner überwinden sie weite Strecken – das können bis zu 80 Kilometer am Tag sein. Laut Wolfsmonitoring 2024 (Stand zweites Quartal) gibt es in Niedersachsen 52 Rudel, drei Paare und zwei residenten Einzelwölfe. In Hamburg soll es noch keinen residenten Wolf beziehungsweise ein Wolfsrudel geben, das im Durchschnitt aus fünf bis zehn Tieren besteht.
Schafherde in der Fischbeker Heide geht nachts in den Stall
Allerdings wurde vor einigen Monaten eines im Gebiet Rosengarten/Neu Wulmstorf nachgewiesen – und von dort ist es ein Katzensprung in die Fischbeker Heide. Deshalb sorgte sich nicht nur Brit-Meike Fischer-Pinz um die dortige Schafherde. Aber auch hier gibt die BUKEA Entwarnung: „Die Beweidung findet im Naturschutzgebiet Fischbeker Heide im Hütebetrieb statt. Die hütende Person zieht morgens mit den Tieren und den Hütehunden in das Gebiet und verlässt dieses zum Nachmittag beziehungsweise Abend nach Abschluss der Beweidung wieder“, teilt die BUKEA mit. „Und die Nächte verbringen die Schafe offenbar im verschlossenen Stall und sollen dadurch gegen etwaige Wolfsübergriffe geschützt sein“, sagt Fischer-Pinz.
Zuständige Behörde sieht keinen weiteren Informationsbedarf
Die CDU-Frau ist froh, dass sie ihren Nachbarn und anderen Heide-Besuchern jetzt mit mehr Informationen dienen kann. „Wir überlegen auch, jemanden von der Behörde oder einen Wolfsberater zu einer Informationsveranstaltung nach Neugraben-Fischbek einzuladen“, sagt Fischer-Pinz. So eine Anwohner-Information ist aus der Sicht der BUKEA allerdings nicht notwendig.
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Es stünden ja Hamburger Wolfsbetreuer bei Anfragen, Beratungsbedarf, Begegnungen mit dem Wolf oder Schadensfällen telefonisch oder per Mail zur Verfügung, teilt die Behörde mit. Die Kontaktdaten seien auf der Homepage der BUKEA abrufbar. „Und daneben sind die Rangerinnen und Ranger, die in der Fischbeker Heide und den anderen Hamburger Naturschutzgebieten unterwegs sind, sowie der zuständige Naturschutzwart bei Fragen – auch zum Wolf – im Gebiet ansprechbar“, so die BUKEA.