Neugraben-Fischbek. Die mobilen Naturschützer der Umweltbehörde besuchen regelmäßig vier besonders geschützte Naturräume im Bezirk Harburg.
„Es ist total schön, dass wir jetzt das Privileg haben, alle Hamburger Naturschutzgebiete kennenzulernen“, sagt Sandra Fischer. Sie ist eine von zehn Rangerinnen und Rangern der Umweltbehörde, die die 36 Schutzgebiete der Hansestadt regelmäßig aufsuchen, um nach allem zu sehen, was da kreucht und fleucht. Dazu zählen auch die menschlichen Besucher. Wer mehr über das jeweilige Gebiet erfahren will oder sich nicht an die Regeln hält, kommt mit den Naturschutz-Rangern ins Gespräch.
Derzeit ist das Team noch im Aufbau und erst siebenköpfig. Drei Rangerinnen waren am Dienstag im Naturschutzgebiet (NSG) Fischbeker Heide unterwegs, eines von vier Gebieten im Bezirk Harburg. „Sie sind ganz unterschiedlich“, sagt Anne Jüngst (41), „von den Neuländer Moorwiesen und dem Schweenssand im Osten bis zum Moorgürtel und der Fischbeker Heide im Westen.“ Die Gebiete unterscheiden sich nicht nur als Naturräume, sondern auch in ihrer Naherholungsfunktion: „In der Fischbeker Heide gibt es Standorte, an denen man immer jemandem begegnet. Im Moorgürtel ist viel weniger los.“
Das Ranger-Team ist noch im Aufbau – fünf Teams zu zwei Personen sind geplant
„Und am Schweenssand trifft man hoffentlich niemanden, denn das Gebiet darf nicht betreten werden“, ergänzt Lisa Tümmler, die das Rangerinnen-Trio an diesem Tag komplettiert. Meist gehen die Naturwächter in Zweier-Teams. Aber da erst sieben Kollegen im Einsatz sind, kommen ab und an auch Trios zustande. Mindestens einmal wöchentlich läuft ein Team durch eines der Harburger Naturreservate. An unterschiedlichen Tagen, damit die Anwesenheit der Ranger nicht berechnbar wird.
Sie selbst verstehen sich mehr als Freund und Helfer denn als Kontrolleure. „Wir leisten Aufklärungsarbeit bei falschem Verhalten“, erläutert Jüngst, gelernte Tierpflegerin. Auch sei die Kommunikation mit Spaziergängern und Joggern nur ein Teil ihrer Arbeit, betonen die drei. Sie schauen nach besonderen Tier- und Pflanzenarten in den Gebieten und melden sie der Behörde. Sie kontrollieren Zäune und die Lesbarkeit von Hinweisschildern (die Buchstaben verschwinden ab und an unter Graffiti oder Aufklebern). Sie sammeln Müll auf, räumen kindliche Bauwerke wie Asthütten weg, sperren illegale Trampelpfade, die der Heideflora und -fauna ihre Ruhe nehmen.
Das Fischbeker Heidehaus freut sich über Unterstützung durch die Ranger
Der Weg durch die Heide startet und endet am Fischbeker Heidehaus. Das kleine Informationszentrum am südöstlichen „Berghang“ des Fischbektals wird von der Loki Schmidt Stiftung betrieben. „Wir sind sehr froh, dass es jetzt die Ranger gibt“, sagen Maike Hinze und Frederik Landwehr, die das Informationshaus gemeinsam leiten. „Anders als wir können sie auch mal Verwarnungsgelder von uneinsichtigen Besuchern kassieren“, sagt Hinze. „Wenn wir auf unseren Führungen Leute ansprechen, die gegen Regeln verstoßen, dann fühlen die sich vorgeführt. Da kommen schnell aggressive Reaktionen“, ergänzt Landwehr.
Gerade in der Corona-Zeit war das Heidegebiet oft überlaufen, und die Naturschützer hatten ihre Mühe, die Belastung des Naturraums in ökologisch verträglichen Grenzen zu halten. „Gerade zur Heideblüte kommen viele Touristen hierher“, sagt Lisa Tümmler (33). „Die sind sich oft gar nicht bewusst, dass sie in einem Naturschutzgebiet sind, in dem sie auf den Wegen bleiben und ihre Hunde anleinen müssen.“
Grundschulklassen erkunden meistens lautstark die Natur
Am heutigen Dienstagvormittag sind zwei Grundschulklassen in der Heide unterwegs; die Kinderstimmen sind von weitem hörbar. Die Gebietsbetreuer freuen sich darüber, ist es doch ein Zeichen von zurückkehrender Normalität. Auch einige Spaziergänger sind zu sehen. Die studierte Biologin Sandra Fischer (28) drückt bei jeder Sichtung auf den mechanischen Handzähler. Mit den Klicks wird das Besucheraufkommen registriert – genau so, wie sonst Vögel oder andere Tiere gezählt werden. Wenn die Rangerinnen Gespräche mit Besuchern führen, wird auch dies festgehalten. Sie fragen nicht nach den Personalien, sondern notieren sich nur Anzahl und Inhalte der Gespräche.
Anne Jüngst bleibt stehen und zückt das Fernglas: „Ich glaube, dahinten sind Kollegen von uns.“ Als die Rangerinnen näher kommen, fährt gerade ein Arbeitsfahrzeug mit offener Ladefläche, wie es Gartenbauer und Forstleute häufiger nutzen, aus dem Gebiet heraus. Kurze Zeit später richtet sich das Fernglas gen Himmel. „Das sind Gänse“, kommentiert Jüngst eine Gruppe vorbeifliegender Vögel. Als sie etwas näher kommen, ist Geschnatter zu vernehmen. Hier wird sich offenbar im Fluge unterhalten. Nach ein paar hundert Metern biegt Lisa Tümmler plötzlich links ab und greift ihre Plastiktüte – nur sie hatte den Abfall in der Heide entdeckt. „Adlerauge“ kommentieren die Kolleginnen anerkennend.
Im Moorgürtel ruft in der Nacht der Wachtelkönig
In anderen Harburger NSG kommen die Naturexpertinnen vielleicht noch mehr auf ihre Kosten als in der stark besuchten Fischbeker Heide. „Die Neuländer Wiesen mit ihrer artenreichen Vogelwelt sind ein schönes Beobachtungsgebiet“, sagt Lisa Tümmler, die Tiermedizin studiert hat und dann „dem Herzen gefolgt“ sei und Naturschutz-Rangerin wurde. Im Moorgürtel habe sie im Frühjahr das Crex Crex gehört, die Rufe des Wachtelkönigs. An lauen Sommerabenden, wenn die Besucher verschwunden sind, übernimmt die Natur auch in der Fischbeker Heide das Zepter. In der Dämmerung seien dann die markanten Rufe des Ziegenmelkers und der Waldschnepfe zu hören, freut sich Tümmler.