Harburg. Archäologisches Museum spricht von „1A-Standort“ im Hamburger Süden. Wann das Projekt starten könnte und was geplant ist.

  • Seit gut einem Jahr steht das alte Karstadt-Haus in der Harburger City leer
  • Viele Harburger haben seitdem Angst, das Wahrzeichen könne sich zu einem Schandfleck entwickeln
  • Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Ideen für neues Leben im alten Haus scheinen aktuell zu florieren

Das leerstehende Gebäude von ehemals Karstadt Harburg in bester City-Lage könnte wieder zu einem Einkaufsort werden – mindestens vorübergehend.

Erst im Frühjahr 2025 könnten verschiedene kulturelle Institutionen wie das Archäologische Museum, die Volkshochschule oder die Bücherhalle Harburg das Gebäude mit Leben füllen. „Bis dahin ist derzeit geplant, die Erdgeschossflächen als Veranstaltungsfläche für Flohmärkte zu nutzen“, antwortet die städtische Sprinkenhof GmbH auf eine Abendblatt-Anfrage.

Flohmärkte, Bücher und Kultur: Das sind die Pläne für das leerstehende Karstadt-Gebäude

Etablierte Flohmarkt-Veranstalter seien bereits kontaktiert worden und haben die Flächen besichtigt, so Sprinkenhof-Sprecher Lars Vieten. „Es wurden auch die Handelsketten aus dem Lebensmitteleinzelhandel und andere Händler von gemischten Sortimenten angesprochen.“ Weitere potenzielle Mieter sollen in einem Interessenbekundungsverfahren gefunden werden. „Zum jetzigen Zeitpunkt lassen sich aber noch keine gesicherten Aussagen über die möglichen Nutzungen treffen“, betont Vieten.

Immobilie in bester City-Lage: Verkaufsfläche beträgt knapp 15.000 Quadratmeter

Der städtische Verwalter und Investor Sprinkenhof managt das Gebäude, nachdem die Stadt im September 2023 die Immobilie per Vorkaufsrecht erworben hatte. Es galt, spekulative Geschäfte mit dem Gebäudekomplex im Herzen Harburgs abzuwenden. Dabei geht es um eine Immobilie mit insgesamt 26.000 Quadratmetern. Vieten: „Das klingt erst einmal nach einer großen Fläche. Netto beträgt die Verkaufsfläche allerdings nur knapp 15.000 Quadratmeter.“

Karstadt Harburg
Schlüsselübergabe an die Stadt: Finanzsenator Andreas Dressel und Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen auf dem Dach des ehemaligen Kaufhauses.  © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Sprinkenhof beabsichtigt, zunächst einmal „nur“ das Erdgeschoss bespielen zu lassen. Hier stehen rund 4000 Quadratmeter zur Verfügung, plus Verkehrsflächen wie Treppen und Rolltreppen. Sollten weitere Flächen in anderen Etagen genutzt werden, müssten, so Sprinkenhof „diese in sich abgeschlossen hergestellt werden. Und es müssten besondere Anforderungen an den Brandschutz, Entrauchung und Fluchtwege erfüllt werden“.

In fünf Jahren wird das alte Gebäude grundsaniert oder abgerissen

Schon für die „kleine“ Interimslösung sind umfangreiche Umbaumaßnahmen nötig, um aus einem Kaufhaus ein Zentrum für unterschiedliche kulturelle Nutzungen zu machen – möglicherweise ergänzt durch kleinere Läden. So müssen beispielsweise „einzelne Brandabschnitte mit feuerfesten Wänden“ hergestellt, neue Versorgungsleitungen gelegt werden. Und das für eine begrenzte Nutzungsdauer von rund fünf Jahren. Danach wird das Gebäude (Baujahr 1961) grundlegend verändert oder womöglich sogar abgerissen werden.

Karstadt Harburg
Offensichtlicher Umbaubedarf: der Eingangsbereich am Schloßmühlendamm im Frühjahr 2024. © Angelika Hillmer | Angelika Hillmer

Ein weiteres bauliches Problem: Sanitäranlagen befinden sich nur im Keller und im ersten Obergeschoss. Sprinkenhof: „Die Aufzüge für die Barrierefreiheit müssten im Bereich der allgemeinen Verkehrsflächen liegen, was wiederum Einfluss auf die Nutzbarkeit von Flächen der jeweiligen Etagen hat.“ Sprinkenhof plant, eine ortsübliche Miete zu verlangen, „um die Ausbaukosten sowie die Betriebskosten zu amortisieren“.  

Volkshochschule würde im Karstadt-Gebäude 2000 Quadratmeter anmieten

Erste potenzielle Mieter haben bereits ihr Interesse öffentlich gemacht. Wie das VHS-Zentrum Harburg; es würde rund 2000 Quadratmeter anmieten. „Wir sind zuversichtlich, dass das in einigen Monaten etwas werden wird“, sagte Uwe Grieger, Direktor der Hamburger Volkshochschule, kürzlich dem Abendblatt.

Auch die Bücherhalle Harburg kann sich einen Umzug ins ehemalige Karstadt-Gebäude vorstellen:  „In Abhängigkeit von möglichen Grundrissen benötigen wir circa 1000 Quadratmeter für die Bücherhalle, inklusive Büroflächen und Gruppenraum. Und natürlich Tageslicht“, sagte Bibliotheksdirektorin Frauke Untiedt. Die Bücherhalle wäre mit ihren nahezu 140.000 Besuchern im Jahr ein guter Frequenzbringer, so Untiedt.

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Auch das Archäologische Museum Hamburg (AMH)/Stadtmuseum Harburg möchte sich engagieren und bestenfalls im ehemaligen Kaufhaus zum Besuchermagneten werden. „Wir sind gern bereit, an diesem 1a-Standort Ausstellungen zu präsentieren, Vorträge und ähnliches anzubieten“, sagt Museumsdirektor Rainer-Maria Weiss. Natürlich können dort keine wertvollen Exponate gezeigt werden, aber beispielsweise Fotoausstellungen seien gut möglich.

Museumsdirektor Weiss: „Wir sind schon am Messen und Planen“

Anders als etwa die Bücherhalle mit ihrem umfangreichen Inventar könne das Museum mit überschaubarem Aufwand 600 bis 1000 Quadratmeter bespielen, so Weiss: „Wir können zwischen ein paar Pappwänden Ausstellungen präsentieren. Wir sind schon am Planen, Messen und Überlegen, was wir dort konkret zeigen können. Dagegen kann die Bücherhalle wohl kaum eine Pop-up-Bibliothek bauen, mit ihren vielen Büchern.“

Hammaburg-Platz
Prof. Rainer-Maria Weiss ist auch Landesarchäologe der Stadt. Hier sitzt er auf dem Hammaburg-Platz. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Weiss ist begeistert, wie „sich Hamburg und Harburg Schulter an Schulter dafür starkmachen, die Immobilie so schnell wie möglich wieder zu nutzen“. Der Museumsdirektor kann sich auch vorstellen, mit der Dauerausstellung zur Harburger Stadtgeschichte einzuziehen. Sie befand sich bis zum Jahr 2009 in der historischen Feuerwache an der Hastedtstraße, wurde dann aber für das Niels-Stensen-Gymnasium geräumt. Seitdem ist die Ausstellung eingelagert.

Neue Hoffnung für Karstadt Harburg: Ideen für die Zwischennutzung florieren

Rainer-Maria Weiss verspricht sich viel von dem zentralen Standort am Harburger Ring. Vor einigen Jahren sei das Museum zwei Jahre lang auf 2500 Quadratmetern schräg gegenüber, in den Harburg Arcaden, präsent gewesen, so Weiss. „Wir haben dort ein vollkommen neues Publikum erreicht. Es ist gut, wenn sich eine Hamburger Kulturinstitution einem breiten Publikum öffnet. Deshalb sind wir jetzt liebend gern dabei.“

Die befristete Ausstellungen im ehemaligen Kaufhaus sieht Weiss auch als Testballon für die Zukunft. Er kann sich gut vorstellen, dass das AMH mit dem Stadtmuseum Harburg später Teil einer Dauerlösung nach dem umfassenden Umbau des Karstadt-Standortes wird. „Die geplante Nutzungsmischung aus Einzelhandel, Kultur und Wohnen wird das gesamte Quartier aufwerten.“