Harburg. Sophie Fredenhagens Zeit als Bezirksamtsleiterin endet am 28. September. Sie möchte weitermachen. Abstimmung darüber dürfte sich verzögern
Es ist fast sechs Jahre her, dass Sophie Fredenhagen (damals parteilos, mittlerweile SPD) zur Bezirksamtsleiterin von Harburg ernannt wurde. Gewählt wurde sie am 11. September, die hanseatisch nüchterne Ernennungszeremonie fand am 28. September 2018 statt.
Damit endet ihre Amtszeit spätestens am 28. September dieses Jahres. Um nahtlos weiterzumachen, und das möchte Sophie Fredenhagen, müsste sie rechtzeitig wiedergewählt werden. Nur sieht es danach gerade nicht aus.
Wahl zur Bezirksamtsleiterin: SPD möchte an Sophie Fredenhagen festhalten
Dabei hat Fredenhagen durchaus Unterstützer und – mindestens genauso wichtig – bislang auch keinen Gegenkandidaten. Allerdings wird die Bezirksamtsleiterin von der Bezirksversammlung gewählt.
Diese ist selbst gerade frisch gewählt und findet sich noch. In den bisherigen Sondierungen und in den eventuell noch kommenden Koalitionsverhandlungen, ist die „B-Frage“ je nach Konstellation mindestens ein Verhandlungshebel, wenn nicht gar ein Knackpunkt.
Die SPD, zumindest der größte Teil der Fraktion, möchte an Sophie Fredenhagen festhalten. Als größte Fraktion führten die Sozialdemokraten die Sondierungsgespräche, sie führen demnächst Koalitionsverhandlungen und später wahrscheinlich eine wie auch immer zusammengesetzte Koalition.
Harburger CDU lehnt zweite Amtszeit von Sophie Fredenhagen offen ab
Linke und Grüne, mit denen die SPD ein Dreierbündnis eingehen könnte, halten sich in der Personalie Fredenhagen bedeckt. Das dürfte bedeuten, dass sie die Zustimmung zur Wiederwahl von inhaltlichen Zugeständnissen der SPD in der Bezirkspolitik abhängig machen.
Die CDU wäre für die SPD ein möglicher Partner für eine Zweier-Koalition. Die Christdemokraten lehnen eine zweite Amtszeit von Sophie Fredenhagen offen ab. Die Bezirksamtsleiterin sei unnahbar, bürgerfern und würde Harburger Interessen nicht mit dem nötigen Nachdruck in Hamburg vertreten, argumentiert die CDU.
Vor allem aber müsse eine Bezirksamtsleiterin auch im Bezirk wohnen, heißt es aus der Partei, und Sophie Fredenhagen habe ihr Versprechen, nach Harburg zu ziehen, in sechs Jahren nicht wahrgemacht.
Im Gerüchtekosmos taucht dabei immer wieder der Name Klaus Thorwart auf
Einen Gegenkandidaten hat die CDU-bislang allerdings nicht präsentiert. Man sei auf der Suche und in Gesprächen, heißt es von Rainer Bliefernicht, dem Fraktionsvorsitzenden. Im Gerüchtekosmos taucht dabei immer wieder der Name Klaus Thorwart auf.
Der Verwaltungsrichter und Ex-Sozi ist über das Marmstorfer Dorfnetzwerk eng mit Bliefernicht verbunden. Weder die CDU, noch Thorwart selbst, haben allerdings bislang eine Kandidatur des Marmstorfers bekannt gegeben.
„Integrationsfähigkeit, Ortskenntnis, Verwaltungserfahrung, politische Erfahrung sowie Erfahrung in der Führung größerer Personalkörper“
Ob es zu Koalitionsverhandlungen mit der CDU kommt, ist ohnehin fraglich. Schon inhaltlich ist die SPD in vielen Fragen, wie etwa Wohnungsbau und öffentlicher Nahverkehr, Grünen und Linken näher als der CDU.
Für eine Neuauflage der GroKo braucht es neues Vertrauen
Frank Richter, Fraktionsvorsitzender der SPD, wird sich außerdem ungern an die letzte „GroKo“ erinnern, als der kleine Partner CDU die deutlich gewichtigere SPD-Fraktion immer wieder vorführte. Letztendlich zerbrach die GroKo vor sechs Jahren am Streit um Sophie Fredenhagen als neue Bezirksamtsleiterin.
Für eine Neuauflage der GroKo müsste also neues Vertrauen hergestellt werden. Und da hat Rainer Bliefernicht die Latte gerade höher gelegt: Sein Vorstoß im Hauptausschuss der Bezirksversammlung, dass die Unterausschüsse des Bezirksparlaments ihr Facharbeit auch ohne Koalition wieder aufnehmen, war mit allen demokratischen Parteien abgestimmt, außer der SPD. Die Sozialdemokraten stimmten zu, weil sie Blliefernichts Idee für vernünftig hielten. Der Ärger über die Nichteinbeziehung blieb jedoch.
Zeitplan des Verwaltungsdezernenten für die Wiederwahl gerät ins Wanken
Eigentlich hatte noch am Abend der Hauptausschusssitzung eine Entscheidung im SPD-Kreisvorstand fallen sollen, mit wem die SPD jetzt eine Koalition ausverhandeln möchte. Allerdings wurde diese Entscheidung vertagt. Es schien wichtiger, Parteinterna zu besprechen.
Damit gerät der Zeitplan ins Wanken, den Verwaltungsdezernent Dierk Trispel für die Wiederwahl Fredenhagens aufgestellt hatte. Am 3. September soll die Wahl in einer Sondersitzung der Bezirksversammlung stattfinden. „Jeder spätere Zeitpunkt macht es schwierig, die notwendigen Fristen beim Personalamt einzuhalten“, sagt er. „Das würde wahrscheinlich auf eine Übergangszeit ohne Bezirksamtsleitung hinauslaufen und letztendlich auf eine Neuausschreibung der Stelle.“
„Sophie Fredenhagen hat ihre Arbeit in den sechs Jahren gut gemacht“
An die letzte Ausschreibung der Position erinnern sich ältere Bezirkspolitiker nur ungern. Erstens führte sie zu dem erbitterten Koalitionszoff zwischen SPD und CDU. Und zweitens gab es in dem großen Bewerberfeld zwar zwei bis drei geeignete Kandidatinnen und Kandidaten, die Gesamtheit der Bewerber gab aber eher ein bestürzendes Bild ab.
„Eine geeignete Bewerberin oder Bewerber sollte Integrationsfähigkeit, Ortskenntnis, Verwaltungserfahrung, politische Erfahrung sowie Erfahrung in der Führung größerer Personalkörper mitbringen“, sagt Frank Richter. „Das ist schwierig zu erfüllen, aber das Bezirksamt ist vom Personal her schon mit einem großen mittelständischen Betrieb zu vergleichen, und der Bezirk ist ein Gemeinwesen mit fast 200.000 Einwohnern. Sophie Fredenhagen erfüllt diese Kriterien und hat ihre Arbeit in den sechs Jahren gut gemacht.“
- CDU fordert: Harburg soll in Hamburg lauter auftreten
- Baustellen, Rieckhof, Corona: Harburger Halbzeitbilanz
- So bewerten die Parteien Sophie Fredenhagen
Und doch ist es wahrscheinlich, dass sie zumindest nicht nahtlos in eine zweite Amtszeit übergeht – selbst, wenn der SPD-Vorstand Koalitionsverhandlungen beschlossen hätte. Darüber entscheiden muss bei der SPD nämlich eine Kreisdelegiertenversammlung.
Bezirksamt Harburg: Bis zu einer Neuwahl wäre Fredenhagen im einstweiligen Ruhestand
Zumindest die ist schon einmal terminiert – für den 7. September. Danach würden Koalitionsverhandlungen folgen, in denen man sich über die Besetzung der Bezirksamtsleitung einigt. Solche Gespräche dauern Wochen oder Monate.
Bis zu einer Neuwahl wäre Sophie Fredenhagen im einstweiligen Ruhestand und Dierk Trispel kommissarischer Bezirksamtsleiter. Zeichnet sich absehbar kein Wahltermin ab, würde der Senat die Stelle neu ausschreiben.
Dierk Trispel hat Berufserfahrung als kommissarischer Bezirksamtsleiter. Während der Erkrankung und nach dem Tod von Thomas Völsch hatte er bereits einmal die Amtsgeschäfte geführt. Jetzt allerdings drängt auch bei Trispel die Zeit: Im Herbst wird er pensioniert.