Hamburg. Noch mehr Hiobsbotschaften für Pendler im Hamburger Süden: 2025 laufen mehrere Großprojekte parallel. Was geplant ist, wann es losgeht.

  • ZOB-Erneuerung, Doppelknoten, Sanierung wichtiger Hauptverkehrsachsen: Der Hamburger Süden gleicht immer mehr einer Großbaustelle
  • Im Sommer 2025 werden Pendler in ganz Hamburg wegen einer wochenlangen S-Bahn-Sperrung mehr Geduld brauchen
  • Denn: Am idealen Umsteigepunkt können die Busse des Schienenersatzverkehrs nicht halten

Frühestens Anfang der 2030er-Jahre soll die Hafenautobahn A26 Ost fertig sein. Ihren Schatten wirft sie trotzdem schon längst voraus – viele Harburgerinnen und Harburger werden schon im kommenden Jahr den Autobahnbau massiv zu spüren bekommen. Und das nicht auf der Straße, sondern in der S-Bahn: Die wird 2025 in den Sommerferien für vier und in den Herbstferien für zwei Wochen gesperrt.

A26 Ost: S-Bahn im Hamburger Süden wegen Bauarbeiten für Wochen gesperrt

Der Grund: Im letzten Bauabschnitt, zwischen der B75 und der A1, soll die A26 in einen Tunnel eintauchen. Dafür wird zunächst ein Trog gegraben, in dem der Tunnel gebaut wird. Weil die Bahnstrecke über diesen Trog geführt wird, muss sie für die Bauzeit Hilfsbrücken erhalten. Bei den sechs Gleisen der Fernbahn kann dies sukzessive und mit nur leichten Einschränkungen erfolgen. Die S-Bahnen hingegen können nicht auf Alternativgleise umgeleitet werden.

Die unsichtbare Autobahn: Im bewohnten Teil Wilhelmsburgs wird die A26 in einen Tunnel versenkt. Auch die Nordseite der A1 wird im Bereich der Hochhaussiedlung überdacht. Die Abfahrt Stillhorn wird an die Otto-Brenner-Straße verlegt.
Die unsichtbare Autobahn: Im bewohnten Teil Wilhelmsburgs wird die A26 in einen Tunnel versenkt. Auch die Nordseite der A1 wird im Bereich der Hochhaussiedlung überdacht. Die Abfahrt Stillhorn wird an die Otto-Brenner-Straße verlegt. © xl | Deges

Der Schienenersatzverkehr zwischen Wilhelmsburg und Harburg wird, zumindest bei der vierwöchigen Sommersperrung, eine große Herausforderung für den Busanbieter, die Hamburger Hochbahn AG. Der Harburger ZOB, eigentlich idealer Umsteigepunkt, ist zu dem Zeitpunkt noch Baustelle. Deshalb ist auch am zweitbesten möglichen Umsteigepunkt, der S-Bahn-Haltestelle Harburg Rathaus, dann kein Platz für die Schienenersatzbusse, weil sämtliche Bushaltestellen schon mit Verkehren belegt sind, die vom ZOB hierher verlegt wurden.

Die „Sperrpausen“, so der Bahnjargon, in den Ferien 2025 waren der Hochbahn bekannt, und sie waren die Grundlage des ursprünglichen Zeitplans für den Ausbau des Harburger ZOB und des „Doppelknotens“ aus fünf Straßen, direkt westlich davon. Allein: Der Baustart am ZOB verzögerte sich gleich zweimal, zuletzt auf Anfang Juni 2024. „Damit können wir das Zeitziel Sommer 25 für die Fertigstellung nicht mehr erreichen“, sagt Hochbahn-Pressesprecher Christoph Kreienbaum. „Unsere Planer arbeiten mit Hochdruck an Ideen für den Schienenersatzverkehr.“

Verkehr Harburg: So könnte die Situation für Pendler entschärft werden

Eine Möglichkeit könnte sein, dass zumindest die Erweiterung des ZOB, die Mittelinsel auf der Hannoverschen Straße, bis Sommer 2025 fertiggestellt sein könnte. Hier könnte man pro Fahrtrichtung zwei Gelenkbusse gleichzeitig abfertigen. Dass das rechtzeitig klappt, will die Hochbahn allerdings noch nicht versprechen.

„Die Deges versucht, Fakten zu schaffen, um die Autobahn trotz einer drohenden Klage, knapper werdender Haushaltsmittel und einer vorhandenen Alternativroute durchzusetzen.“

Michael Rothschuh,
Aktivist

Die Autobahn bei Kirchdorf in einen Tunnel zu verlegen, war ein Friedensgeschenk des damaligen Verkehrsstaatsrats Andreas Rieckhof an die Wilhelmsburger – jedenfalls war es so gedacht.

Die Tunnelbauweise soll den Lärm vom Wohngebiet Kirchdorf fernhalten und gleichzeitig eine bessere Nutzung der Flächen zwischen der Großwohnsiedlung Kirchdorf Süd und der Elbe, womöglich sogar für den Wohnungsbau ermöglichen – weil der bisherige Zubringer zur A1, die Straße Kornweide, durch die A26 überflüssig würde und zu einer Art Dorfstraße zurückgebaut werden könnte.

Werden die Brückenstützen gleich für den Autobahnbau weitergenutzt?

Allerdings müssen für den Tunnel auch Häuser weichen. Das wiederum versaute den Friedenspfeifeneffekt. Viele Anwohner sind immer noch gegen die Autobahn.

So kommt auch von den Wilhelmsburgern großer Widerstand gegen den Behelfsbrückenbau. Ihr Argument: Der Planfeststellungsbeschluss für diesen Bauabschnitt ist noch nicht einmal erteilt, geschweige denn durchgeklagt; aber die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) fängt schon einmal an zu bauen.

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„Die Deges versucht erneut, mit frühzeitigen Maßnahmen Fakten zu schaffen, um die Autobahn trotz einer drohenden Klage, knapper werdenden Haushaltsmitteln und einer vorhandenen Alternativroute durchzusetzen“, schreibt der Wilhelmsburger Aktivist Michael Rothschuh im Stadtteilmagazin „Wilhelmsburger Insel-Rundblick“. Und weiter: „Mit einer vorläufigen Anordnung will sie die Errichtung von acht Hilfsbrücken für die Bahngleise durchsetzen. Bisher liegt hierfür kein Planfeststellungsbeschluss vor.“

Hafenautobahn Hamburg: Umweltverbände BUND und Nabu haben Klage eingereicht

Ebenfalls gegen die A26 Ost sind die Umweltverbände BUND und Nabu, die die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss eingereicht haben. Sie glauben und behaupten, dass die Deges plant, für die Hilfsbrücken Bohrpfahlwände in den Boden zu rammen. Diese würden dann auch gleich als Baugrubenwand für den geplanten Tunnel der A26 dienen.

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„Die hier verbauten Pfähle werden unserer Einschätzung nach auch gleich für die eigentlichen Baumaßnahmen an der A26-Ost geplant“, sagt die Hamburger BUND-Chefin Sabine Sommer. „Das ist höchst kritisch, denn je weiter die Baustelle bereits vorangeschritten ist, desto schwieriger wird es, vor Gericht den Stopp dieses natur- und klimaschädlichen Autobahnprojekts durchzusetzen.“

An der Öffentlichkeit vorbei würden so naturzerstörerische Maßnahmen ohne die eigentlich vorgeschriebenen Verfahrensschritte eingeläutet: „Das macht wirklich wütend.“