Harburg. Eine gigantische Röhre soll von Hamburg ins südliche Umland verlegt werden – meist entlang der B75. Was darüber bislang bekannt ist.
Was kommt da schon wieder auf die Autofahrer im Hamburger Süden zu? Wegen eines wichtiges Energieprojektes müssen Straßen gesperrt werden. Für einen guten Zweck, doch zu einer Unzeit. Denn schon jetzt rollt der Verkehr in Harburg und Umgebung oft nur im Schneckentempo.
Die Freie und Hansestadt Hamburg setzt große Klimahoffnungen in das Hamburger Wasserstoffindustrienetz (HH-WIN). Zwar ist es von der Leitungslänge her mit 60 Kilometern ein Zwerg, aber von der Leistung her ein Riese: Weil die größten Energieverbraucher Hamburgs angeschlossen werden, kann so ein Drittel des Hamburger Erdgasverbrauchs durch Wasserstoff ersetzt werden, schätzt „Energienetz-Hamburg“-Sprecher Bernd Eilitz.
Heimfeld und Rosengarten: Hier verläuft die Pipeline
Rechnerisch würden dadurch 1,4 Millionen Tonnen CO₂ jährlich eingespart. Eine wichtige Leitung des HH-WIN wird durch Heimfeld und Rosengarten verlaufen. Für ihren Bau drohen Sperrungen und Einschränkungen auf der B73, dem Ehestorfer Weg und der Appelbütteler Straße.
Mit der einen halben Meter dicken Hochdruckpipeline wird das Zentrum des Hamburger Wasserstoffnetzes, der „Green Hydrogen Hub“ („Hub“ ist englisch für Nabe oder Achse) auf dem ehemaligen Moorburger Kraftwerksgelände an das europäische Wasserstoffnetz angeschlossen. „Für den Wasserstoff, den wir produzieren oder per Schiff importieren wollen, haben wir in Hamburg keinen eigenen Speicher, sondern nutzen das Netz zum Abpuffern von Spitzen in Produktion oder Bedarf“, sagt Eilitz.
Der nächstmögliche Anschluss an das Fernnetz ist die Gasübernahmestation in Leversen. Der Weg von Moorburg dorthin führt über Spülfelder, Eisenbahnschienen, Wald und Ackerflächen. Bei „Energienetz Hamburg“ kennt man diesen Weg. Dort verlaufen bereits Erdgasleitungen. Die könnte man theoretisch auch für Wasserstoff nutzen, praktisch braucht man sie aber noch für die anderen zwei Drittel des Hamburger Gasbedarfs. Also müssen neue Rohre in die Erde.
Eng wird es an der B73, am Ehestorfer Weg und an der Appelbütteler Straße
Das kann größtenteils passieren, ohne dass es die Harburgerinnen und Harburger berührt, denn die allermeisten Rohrkilometer verlaufen unter Forst und Feldern. Hier und da müssen aber auch Straßen gequert werden, und an einigen Stellen verlaufen die Leitungen sogar über lange Strecken unter der Fahrbahn. Dafür müssen die betreffenden Straßen gesperrt werden – bei Querungen für Wochen, bei Arbeiten unter der langen Strecke für Monate.
Das betrifft zum Glück nicht jede Straße. Erhöht liegende Straßen, wie etwas der Fürstenmoordamm, können ohne Eingriff in die Fahrbahn im Tunnelbauverfahren unterquert werden. Es bleiben aber als neuralgische Punkte die B73, der Ehestorfer Weg und die Appelbütteler Straße.
Anwohner am Ehestorfer Weg mussten schon viel erdulden
Bei der Appelbütteler Straße zwischen Harburger Straße und Ehestorfer Weg hoffen die Energienetz-Ingenieure, die Sperrung auf die Nordseite begrenzen zu können, sodass nur eine halbseitige Sperrung nötig wird. Beim Ehestorfer Weg allerdings sieht es anders aus: Hier läuft die Leitung zwar die ersten 200 Meter sogar nur neben der Fahrbahn, danach aber 800 Meter lang quasi unter ihrer Mitte, bis sie an der Stadtscheide in den Wald abbiegt. „Hier wird eine Vollsperrung unvermeidlich“, sagt Bernd Eilitz.
Die Anwohner des Ehestorfer Wegs sind gebeutelt. Die Straße, die bei Stau auf den Hauptstrecken quasi die Hintertür und der Notausgang für den Hamburger Stadtteil Eißendorf ist, wurde auf Hamburger Seite erst 2018 vier Monate lang grundsaniert und voll gesperrt. Bald danach begannen in Ehestorf die Bauarbeiten am Kreisverkehr, der die Kreisstraße 20 (Appelbütteler Straße/Emmetal) an den Ehestorfer Weg anbindet. Wieder kein Durchkommen. Und danach wurde mit dem Umbau des Ehestorfer Heuwegs die Weiterfahrt nach Norden für Jahre blockiert.
Der Harburger CDU gefällt die Planung nicht
Der Stadtscheide, also dem Haupt-Waldweg durch die Haake, folgend, kommt die Leitung am Parkplatz Kärntner Hütte an der Cuxhavener Straße an und wird von dort neben der Bundesstraße 73 bis zur A7 geführt. Hier gibt es keine Einschränkungen für den fließenden Verkehr, wohl aber für den ruhenden: Der wichtigste Parkplatz für Wander- und Mountainbiketouren in die Haake soll, zumindest zum Teil, Baustellen-Einrichtungsfläche werden.
Der Harburger CDU gefällt das nicht. „Dass auf der Stadtscheide gebaut wird, ist noch hinnehmbar“, sagt der CDU-Bezirksabgeordnete Lars Frommann. „Aber der Wanderparkplatz muss erhalten und heil bleiben.“
Wasserstoff-Pipeline: Was die Politik in Harburg fordert
Die CDU bringt einen Antrag in die Bezirksversammlung ein, in dem sie unter anderem fordert, statt des Wald-Parkplatzes die leerstehende Aldi-Fläche auf der anderen Straßenseite als Baustelleneinrichtungsfläche zu nutzen. Diese ist bereits befestigt und würde unter Baumaschinenverkehr nicht so stark leiden, wie der Wanderparkplatz.
Neue Energie für Hamburg – mehr Infos:
- Neuer Energieriese in Hamburg: Was kommt auf Kunden und Beschäftigte zu?
- Wie ein Dorf bei Hamburg Hotspot der Energiewende werden soll
- Baustart für Wasserstoff-Großelektrolyseur in Moorburg 2025
Die Querung der B73 erfolgt östlich der Autobahn. Hierfür muss die Stader Straße abwechselnd halbseitig gesperrt werden. „Energienetz Hamburg“ schätzt die Dauer seiner Arbeiten in diesem Bereich auf vier Wochen. Allerdings will „Hamburg Wasser“ die Gelegenheit nutzen und in der gleichen Baugrube, nur etwas tiefer, am Abwassernetz arbeiten.
Die CDU fordert in ihrem Antrag, dass diese Arbeiten in den Sommerferien stattfinden. Allerdings ist die Terminierung kompliziert. Die Arbeiten sollen mit der Sanierung der Bremer Straße koordiniert werden, damit diese Projekte nicht parallel stattfinden. Außerdem befindet sich das Leitungsbau-Vorhaben erst in der Planfeststellungsphase. Man hofft, Ende 2025 beginnen zu können. Sicher ist das nicht.