Harburg. Verkehrsprojekt im Hamburger Süden ist deutschlandweit einmalig. Wie viele Busse kommen und was in Sachen Sicherheit geplant ist.
Sie gehören zu Harburg, als wären sie schon immer da gewesen: die an Londoner Taxis erinnernden Shuttlefahrzeuge von HVV Hop, die tagtäglich auf den Straßen unterwegs sind und sich großer Beliebtheit erfreuen – seit dem Start des Shuttledienstes im Januar 2023 wurden im Hamburger Süden bereits über 340.000 Fahrgäste an ihr Ziel gebracht.
Nun soll das Projekt zu neuen Ufern aufbrechen und eine Premiere für Hamburg werden: Schon im kommenden Jahr werden autonom fahrende Stadtbusse den Service verstärken. Damit gibt es künftig in Hamburg erstmals eine Fahrgastbeförderung ohne Fahrer geben.
HVV Hamburg: Wie die autonome Fahrgastbeförderung funktionieren soll
Dafür soll in der zweiten Jahreshälfte 2025 der erste autonom fahrende Bus auf Harburgs Straßen gesetzt werden und den taxiähnlichen On-Demand-Service ergänzen. Im Laufe des Jahres sollen vier weitere Busse folgen, so dass insgesamt fünf Busse zunächst ohne Passagiere, aber noch mit Sicherheits-Fahrer ihre Runden durch Harburg drehen.
„Es ist wichtig für die Akzeptanz des Projektes, dass zunächst Sicherheitspersonal dabei ist – noch ist der Weg für vollkommen autonom fahrende Shuttles als Teil des ÖPNV in Deutschland ein weiter Weg und echte Pionierarbeit“, erklärte Lorenz Kasch, bei der Präsentation des neuen Busses. „Mit dem heutigen Tag sind wir diesem Ziel einen großen Schritt nähergekommen“, so der Geschäftsführer von vhh.mobility.
Die Busse haben neun Sitze und sind stolze 6,9 Meter lang
Mitte 2026 sollen dann die ersten Testfahrten mit zunächst einer ausgewählten Nutzergruppe stattfinden – auch hier immer noch mit Sicherheits-Fahrpersonal an Bord. „Bis zu neun Personen können in dem 6,9 Meter langen Bus einen Sitzplatz finden, und zudem kann bequem noch ein Rollstuhl oder Kinderwagen mitgenommen werden“, sagt Holger Postl, Geschäftsführer von eVersum. Mit seinem österreichischen Unternehmen hat er den futuristischen Bus mit E-Antrieb und Selbstfahr-Sensorik entwickelt.
Gemeinsam mit der Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr (IAV) und der vhh.mobility wurde am 27. November eine Forschungs- und Entwicklungskooperation, ein sogenannter Letter of Intent, unterschrieben. Deren Ziel ist es, den Übergang in den Regelbetrieb des öffentlichen Personennahverkehrs mit vollkommen unabhängig fahrenden Bussen zu ermöglichen.
Dies wäre ein echter Meilenstein. Einen Bus des Levels 4, also selbstfahrend in einer vorher festgelegten Stadtgrenze, gibt es bisher noch nicht und wäre in Deutschland einzigartig. Dieses Forschungsprojekt unter dem Namen AHOI wird bisher vom Bund mit 18 Millionen Euro gefördert.
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne): „Wir leisten in Hamburg Pionierarbeit“
„Gemeinsam mit unseren Partnern leisten wir in Hamburg Pionierarbeit bei der Entwicklung des ÖPNV der Zukunft. Durch die Zusammenarbeit mit unseren Partnern, dem Bund und der Stadt gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt, um im Süden Hamburgs eine zusätzliche Säule des öffentlichen Nahverkehrs aufzubauen. Das ist ein Versprechen an den Hamburg-Takt den wir wollen und an einen starken ÖPNV in der Stadt“, sagt Anjes Tjarks, Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende, beim Ortstermin.
„Hamburg ist hier Vorreiter – wir entwickeln das autonome Fahren nicht nur im urbanen Zentrum, sondern auch in den äußeren Stadtteilen weiter und sorgen so dafür, alle Bereiche der Stadt durch moderne, innovative Mobilitätsangebote noch stärker verkehrlich miteinander zu verbinden“, so der Senator.
Perspektivisch soll die Zahl der autonom fahrenden Fahrzeuge im HVV-hop-System in Harburg auf bis zu 20 Fahrzeuge aufgestockt werden. Im Laufe des Jahres 2027 sollen die Busse dann, nach ausgiebigen Testfahrten und Anpassungen für alle Fahrgäste, zur Verfügung stehen. Dann voraussichtlich ohne Fahrer.
Autonomes Fahren: Warum Harburg das perfekte Testgebiet ist
Nach einer sorgfältigen Analyse wurde 2023 der Stadtteil Harburg ausgewählt, eine Erweiterung des Service- und Erprobungsgebietes etwa nach Süderelbe sei weiterhin nicht geplant. Im Harburger Stadtgebiet bestehe ein umfangreiches Angebot an Verkehrsmitteln wie S-Bahn und Buslinien. Jedoch weise der Stadtteil Bereiche auf, die durch den ÖPNV noch nicht ausreichend erschlossen seien.
„Unter diesen Rahmenbedingungen macht der Einsatz eines flexiblen und innovativen On-Demand-Services Sinn, der Lücken im ÖPNV-Netz schließt, eine Alternative zum privaten PKW bietet und so noch mehr Menschen an das bestehende Netz im ÖPNV anschließt“, so Kasch.
„Wir freuen uns sehr, dass hvv hop so gut angenommen wird und möchten den Service nun gemeinsam mit unseren Partnern auf das nächste Level heben: hvv hop wird autonom“, erklärte er abschließend.
Gute Nachricht: Auf die kleinen weißen Taxis muss niemand verzichten
Die weißen englischen Taxis bleiben erhalten, sagen alle am Projekt beteiligten Personen übereinstimmend. Gerade für Straßen mit einer engen Wohnbebauung, seien sie unabdingbar. Dort käme der Bus mit seinen 6,9 Metern Länge in der Regel nicht oder nur sehr erschwert durch.
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Daher bleiben die liebgewonnenen Taxis erhalten und sollen durch bereits eingesetzte Kleinbusse, dann allerdings als E-Variante und behindertengerecht, aufgestockt werden. In den letzten Monaten kommen auf Grund von Lieferproblemen von Ersatzteilen des britischen Fahrzeugherstellers LEVC, vermehrt Kleinbusse von Mercedes zum Einsatz. Diese sind zwar vollbeschriftet, sollen aber nur provisorisch sein, denn sie haben einen Makel – es sind Dieselfahrzeuge.