Harburg. Leerstehende Immobilie gehört jetzt der Stadt. Ob sie umgebaut oder abgerissen wird, ist offen. Es gibt erste spektakuläre Vorschläge.
Das leerstehende Karstadt-Kaufhaus ist kurz vor Ostern ins Eigentum der Stadt übergegangen. Damit wird der Weg frei, über das Schicksal der Immobilie im Herzen Harburgs zu entscheiden. Zunächst soll es eine Zwischennutzung der ehemaligen Verkaufsräume geben, damit wieder Leben an diesem für Harburg wichtigen Ort einkehrt. Parallel wird in einem städtebaulichen Wettbewerb das beste Konzept für das Schlüsselgrundstück gesucht. Erst danach wird sich zeigen, ob das Gebäude umgebaut oder komplett abgerissen wird.
Im September hatte der zur Finanzbehörde gehörende Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) ein Vorkaufsrecht für die Karstadt-Immobilie ausgeübt. „Im Schulterschluss mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen sowie dem Bezirksamt Harburg“, wie es damals hieß. „Kurzfristig bewahren wir Harburg vor Unsicherheit und Leerstand“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein. Mittel- und langfristig spiele das Grundstück „eine zentrale Rolle bei der Neugestaltung der Harburger Innenstadt – hin zu einem attraktiven, gemischten Quartier mit neuen Wohnungen, Gewerbe und Einzelhandel“.
Harburger City: Karstadt-Komplex spielt zentrale Rolle bei der Entwicklung des Stadtteils
Damit ist der Rahmen bereits abgesteckt. Ganz so „kurzfristig“, wie es die Senatorin ankündigte, ging der Ankauf der Immobilie dann doch nicht vonstatten. Nachdem die Stadt aufgrund eines per Gutachter ermittelten Verkehrswerts ein Preislimit gesetzt hatte, war der Eigentümer nicht bereit, zu diesem Preis zu verkaufen und hatte Rechtsmittel eingelegt. Die Stadt besserte ihr Angebot nach. Die Verhandlungen führten schließlich zum Ziel.
„Eine Katastrophe ist abgewendet“, kommentiert Rainer Bliefernicht (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses, den Abschluss des Kaufvertrags. „Hätte es keine Einigung gegeben, wäre es zu einem langen Rechtsstreit gekommen. Das hätte Harburg stark getroffen. Wir brauchen für dieses Herzstück der Harburger Innenstadt schnellstmöglich eine attraktive Lösung. Die sollten wir gemeinsam entwickeln.“ Der Sand, die Umgebung des Wochenmarkts und der Bereich der Karstadt-Immobilie seien eine wichtige Achse der Harburger City, die ein gutes Konzept brauche, betont Bliefernicht.
Jahrelanger Rechtsstreit mit Leerstand des Gebäudes abgewendet
„Wir sind sehr froh, dass der Kauf endlich geklappt hat“, sagt auch Frank Richter (SPD). Dem Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschusses ist zunächst wichtig, „nun endlich eine Zwischennutzung hinzubekommen“. Für eine zeitweilige Nutzung des Gebäudes bis zum Beginn von Bauarbeiten hatten sich alle Fraktionen der Bezirksversammlung bereits ausgesprochen, als die Schließung des Kaufhauses im Frühjahr 2023 bekannt geworden war. Eine erste, vorsichtige Nutzung bezieht sich auf die ehemaligen Schaufenster: In wenigen Wochen werden sie mit Folien zur Geschichte Harburgs und zu aktuellen Sehenswürdigkeiten versehen, sodass rund um das Gebäude eine Freiluft-Ausstellung entsteht – neue Schau-Fenster.
Die Eigentumsübertragung an die Stadt erleichtert nun die Nutzung der Räumlichkeiten. Die Harburger Parteien hatten dazu bereits kulturelle Aktivitäten ins Spiel gebracht, ähnlich wie es im ehemaligen Karstadt Sport-Gebäude an der Mönckebergstraße geschieht. Unter dem Label Jupiter bietet das Haus auf sechs Etagen Platz für Ausstellungen, Veranstaltungen, Theater, Workshops, Festivals, gemeinsam genutzte Arbeitsplätze, ein Café und vieles mehr.
Karstadt Harburg: Ideen zur Weiterverwendung des Sockelbaus
Zur Zukunft der Harburger Immobilie werde es einen städtebaulichen Wettbewerb geben, sagt Richter. Vertreter der beteiligten Behörden und der Harburger Politik werden die Jury bilden. Der Sozialdemokrat hofft, dass der Wettbewerb im Laufe des Jahres 2025 ein Ergebnis bringen wird, inklusive der voraussichtlich entstehenden Kosten. Je nach Konzept müsse anschließend das Planrecht geändert werden. Dies sei der Fall, wenn der Anteil des Wohnens gegenüber gewerblicher Nutzung bei mehr als 30, 40 Prozent liege.
Bis eine gute Lösung gefunden, die rechtliche Basis geschaffen und die Planungen weitgehend abgeschlossen sind, werden, so Richter, mindestens zwei Jahre vergehen. Zur Frage, ob Abriss/Neubau oder ein Umbau zu favorisieren sei, antworten Bliefernicht und Richter unisono: „Das kommt auf das Konzept an.“ Andreas Finkler (Die Grünen) könnte sich vorstellen, dass zumindest die zweigeschossige Kaufhausfassade am Harburger Ring stehen bleibt und darüber beispielsweise Wohnungen in Holzbauweise errichtet werden. „Die Fassade ist ein Identifikationsfaktor. Man muss abwägen, wieviel vom Gebäude übrig bleiben sollte“, sagt Finkler.
- Shoppen und Chillen am Kanal: Große Pläne für das Freudenberger-Areal
- Harburg: Wohnungsbau stockt – Warum das soziale Projekte trifft
- Innenstadt Harburg: Wie sich das Sozialkaufhaus neu erfunden hat
Vom Warenhaus zum Treffpunkt der Harburgerinnen und Harburger?
Frank Richter kann sich vorstellen, auch unter Umweltaspekten den gesamten unteren Gebäudeteil stehenzulassen: „Das Gebäude ist bereits statisch untersucht worden. Demnach sind die unteren Geschosse ausreichend tragfähig, um auf ihnen Wohnungen zu bauen. Außerdem ist die Trennung des Untergeschosses von der S-Bahn-Station sehr schwierig.“ Bereits beim Harburger Innenstadtforum im September 2023 plädierten viele Diskutanten aus Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit dafür, das Gebäude nicht komplett abzureißen, sondern die ehemaligen Verkaufsetagen als öffentlichen Raum für alle Harburgerinnen und Harburger zu gestalten.
„Wir könnten dort die Bücherhalle unterbringen und die Volkshochschule, die derzeit in Harburg mehrere Standorte hat“, regte Frank Richter damals an und tut dies noch heute. Er spricht von einer „soziokulturellen Nutzung“ durch Kulturschaffende, Stadtteilinitiativen oder auch von Harburger Institutionen wie das Stadtmuseum oder die Technische Universität. Baulich müssten das Erdgeschoss und die erste Etage mit mehr Tageslicht versorgt werden. Das könne beispielsweise durch einen Innenhof geschehen.
Modellquartier für Städtebau im Zeichen des Klimawandels
Ob und wie diese ersten Ideen im Laufe der kommenden Jahre realisiert werden, ist derzeit schwer absehbar. Zumal nicht nur das Karstadt-Areal, sondern das gesamte Schippsee-Quartier, an dessen Rand es liegt, gerade städtebaulich entwickelt wird. Es soll zum Modell eines Stadtviertels werden, das gegen Folgen des Klimawandels wie Hitzestress und Starkregen gewappnet ist. Der Vorschlag eines mit Voruntersuchungen betrauten Planungsbüros lautet, zwischen den Straßen Küchgarten und Kleiner Schippsee einen kleinen Park vorzusehen. In dem Areal liegt unter anderem ein Teil des ehemaligen Karstadt-Parkhauses.