Harburg. Das große Fachwerkhaus an der Harburger Schloßstraße zeigt 500 Jahre Baugeschichte und moderne Kunst. Der Weg dorthin war dornig.

Gut drei Jahre dauerte die Sanierung des Bornemannschen Hauses an der Harburger Schloßstraße 13. Sie verschlang mehrere Millionen Euro und machte das historische Gebäude, dessen Kern auf das Jahr 1565 zurückgeht, zum (Bau-)Kunstwerk. In dieser Woche wird es gleich zweimal ausgezeichnet: Investor Arne Weber erhält am Donnerstag den Denkmalpreis des Museumsvereins Harburg. Und zwei Handwerksbetriebe, die die Sanierung hauptsächlich durchführten, wurden am Dienstagabend im Hamburger Rathaus mit dem Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege geehrt.

Arne Weber habe mit der Sanierung des Bornemannschen Hauses ein neues Kulturhighlight für den Harburger Binnenhafen geschaffen, betont das Stadtmuseum Harburg in der Einladung zur Preisverleihung. Das Bornemannsche Haus sei eines der ältesten Bürgerhäuser in Hamburg und stehe seit 1941 unter Denkmalschutz. „Mit der jährlichen Vergabe des Denkmalpreises will der Museumsverein das Engagement von Eigentümern denkmalgeschützter Gebäude anerkennen, die zum Erhalt historischer Bausubstanz in Harburg beitragen“, so das Stadtmuseum.

Schmuckstück im Harburger Binnenhafen: das Bornemannsches Haus nach der Sanierung.
Schmuckstück im Harburger Binnenhafen: das Bornemannsches Haus nach der Sanierung. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Harburger Binnenhafen erhält gleich zwei kulturelle Highlights

Ein kulturelles Highlight im doppelten Sinn: Weber hat das alte Fachwerkhaus auf eine Weise restaurieren lassen, dass in ihm die unterschiedlichen Bauphasen ablesbar sind. Dadurch wirken die Räume nicht wie aus einem Guss, sondern als Kaleidoskop der Baugeschichte. An den Wänden der (neuen) Treppe blättert Farbe, die vielleicht vor 100 Jahren aufgetragen wurde. Der Fußboden im ersten Stockwerk neigt sich wellenförmig Richtung Kaufhauskanal. Und auch die alten Türen blieben, wie sie waren – keine gleicht der anderen. Sein Haus selbst sei ein Kunstwerk, sagte Anna Joss, Leiterin des Hamburger Denkmalschutzamts, dem Bauherrn, als er ihr von seinem Plan erzählte, dort eine Galerie zu eröffnen.

Die Galerie 1565 startete im Mai 2023. Die Zahl 1565 bezieht sich auf das Baujahr des Gebäudes. Hier wird moderne Kunst ausgestellt und sehr gern auch verkauft. Derzeit zieren Werke des Osnabrücker Künstlers Jakob Schöning die Backsteinwände; die Solo-Ausstellung „Paradise Blues“ bespielt die Räume der ersten Etage. Ein wiederkehrendes Motiv sind stark verzerrte menschliche Figuren. Im Foyer zeigen drei Künstler unter dem Titel Kinky in Kolor farbgewaltige, expressive Gemälde.

Dass das Fachwerkhaus eines Tages moderne Kunst beherbergen wird, war nicht abzusehen, als Weber das Bornemannsche Haus im Jahr 2006 kaufte. Er wollte es abreißen. „Es war nach meiner Meinung nicht sanierungsfähig: Innen war alles verrottet und außen hinter der Fassade alles kaputt“, sagt er rückblickend. 2016 besorgten die Hamburger Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Rüdiger Kruse (CDU) Fördermittel aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes in Höhe von zwei Millionen Euro.

Mehr zum Thema

Die Entscheidung fiel, das Gebäude aufwendig zu sanieren. Dazu waren umfangreiche Voruntersuchungen und Gutachten nötig. Die Idee war zunächst, in dem Fachwerkhaus Studentenwohnungen unterzubringen, im August 2019 sollten sie bezugsfertig sein. Mindestens 20 Wohneinheiten waren geplant. Doch das Konzept passte nicht zum Gebäude: Die Bausubstanz wäre größtenteils hinter Gipskarton verschwunden, Bäder und Küchen hätten eingebaut werden müssen. „Erst in letzter Minute habe ich gesagt, als ich durch das Haus gegangen bin: Wir machen keine Wohnungen, wir lassen alles so“, sagt der Bauherr.

Lob von Hamburgs oberster Denkmalschützerin

So wurde das Bornemannsche Haus zu einer Galerie mit besonderem Ambiente. „An dem Haus kann die gesellschaftliche und städtebauliche Geschichte Hamburgs über mehrere Jahrhunderte nachvollzogen werden“, sagte Joss bei Fertigstellung dem Abendblatt. Bei den Begehungen des Denkmals habe sie „besonders die Arbeit der Handwerker und Handwerkerinnen beeindruckt, die sehr sorgfältig und fachgerecht die leider zahlreich vorhandenen maroden Bauteile passgenau erneuert haben. Beispielsweise Teile der Tragkonstruktion und des Fachwerks.“

Ein Blick in das zweite Obergeschoss während der Arbeiten: Hier ist erkennbar, wie grundlegend die Sanierung erfolgen musste.
Ein Blick in das zweite Obergeschoss während der Arbeiten: Hier ist erkennbar, wie grundlegend die Sanierung erfolgen musste. © HC Hagemann | HC Hagemann

Diese handwerkliche Arbeit wurde nun ebenfalls ausgezeichnet: mit dem „Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege“ am Dienstagabend im Hamburger Rathaus. Zwei der 30 Preisträger im Bereich Handwerk haben am Bornemannschen Haus gearbeitet: Die Hamburger Firma FachWerk von Martin-J. Kottmeier leistete preiswürdiges Zimmererhandwerk. Und die Manufakturtischlerei Ehmke aus Wahlstedt (Kreis Segeberg) baute und installierte die zahlreichen Historikfenster des Hauses. Der von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks gestiftete Preis wird jährlich in zwei Bundesländern verliehen. In diesem Jahr waren es Hamburg und Bayern.

„Wir freuen uns natürlich über die Preise“, sagt Bauherr Arne Weber. „Ich nehme das als Anerkennung, dass wir das Haus auf so besondere, einzigartige Weise saniert haben. Wir haben hier fast 500 Jahre Baugeschichte zum Anfassen.“ Der Einsatz sei hoch gewesen, insgesamt seien mehr als das Doppelte der zwei Millionen Euro Fördermittel in das Projekt geflossen. Weber: „Das ist reines Mäzenatentum. Ich habe es für Harburg getan. Als Dankeschön an die Stadt.“