Harburg. Bei der Sanierung wurde mehr alte Substanz gefunden, als vermutet. Das macht die Arbeiten aufwendiger. Bürgerschaft will helfen.

In das Kellergewölbe des Harburger Schlosses soll die stadthistorische Dauerausstellung des Archäologischen Museums Hamburg (AMH) einziehen. Dafür muss das Gewölbe saniert werden. Das ist ist den Harburgern schon länger bekannt. Nun stellt sich heraus, dass die Sanierung deutlich aufwendiger wird, als zunächst vermutet.

Dabei geht es nicht um ästhetische Aspekte, sondern die statische Substanz: Die Mauern des Schlosses müssen abgefangen werden, damit es nicht irgendwann einfach einstürzt. Das klingt erst einmal wie eine schlechte Nachricht.

Harburger Schloss: Von Fürstenresidenz bis Arbeiterwohnhaus

Es gibt aber auch gute: Das Geld für die Sanierung soll morgen von der Bürgerschaft bewilligt werden. Unter anderem hat sich der Harburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Sören Schumacher dafür stark gemacht. Und: weil nun anders saniert werden muss, als ursprünglich geplant, vergrößert sich der Ausstellungsraum deutlich. Das eröffnet buchstäblich ganz neue Perspektiven für die stadthistorische Ausstellung. Ab 2025 soll sie zu besuchen sein.

Das jetzt als „das Schloss“ bezeichnete Gebäude ist der einzige verbliebene von einst drei Gebäudeteilen des Harburger Schlosses und hat von Fürstenresidenz bis Arbeiterwohnhaus eine bunte Geschichte hinter sich. Erste Spuren einer Burg datieren auf das elfte Jahrhundert, erste Urkunden gibt es ab dem zwölften.

Bau zum Renaissanceschloss durch Steuern finanziert

Die Burg diente zunächst rein strategischen Zwecken. Kurz nach dem Mittelalter allerdings ließen sich die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg für 115 Jahre hier nieder und bauten die Horeburg zu einem Renaissanceschloss aus. Finanziert wurde das durch Steuererhöhungen, was die Fürsten nicht gerade beliebt machte. Im 30-Jährigen Krieg wurde Harburg zur Zitadelle ausgebaut. Mehr als 100 Jahre später, im siebenjährigen Krieg, wurde die Festung tatsächlich angegriffen und durch die Franzosen beschädigt. Noch etwas später, unter der napoleonischen Besatzung zerstörte ein Brand einen Teil des Schlosses. Ab der industriellen Revolution hielten die Harburger das schloss für verzichtbar: Hafenflächen wurden gebraucht.

Die damals noch zwei Flügel, die verblieben, wurden Werftarbeiter-Wohnhäuser. 1972 wurde der Ostflügel abgerissen. Nur die ab den 1980er Jahren begonnene Wiederaufwertung des Binnenhafens bewahrte den Westflügel vor einem ähnlichen Schicksal.

Blick in das Kellergewölbe des historischen Harburger Schlosses.
Blick in das Kellergewölbe des historischen Harburger Schlosses. © André Zand-Vakili | André Zand-Vakili

Heute gilt der Schloss-Überrest als ein stadthistorisches Juwel, nicht nur für Harburg: „Das Harburger Schloss ist Hamburgs ältestes Baudenkmal“, erkennt die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Isabella Vértes-Schütter in einer Pressemitteilung an, in der sie auch ankündigt, dass die Rot-Grüne Bürgerschaftskoalition 1,4 Millionen Euro aus zwei Haushaltstöpfen für die Sanierung bereitstellen will.

Harburger Schloss: Fachleute immer wieder überrascht

Als die Fachleute anfangen wollten, das Schloss zu sanieren, wurden sie immer wieder überrascht: Hier stießen sie noch auf mittelalterliche Burgmauern, dort auf 600 Jahre alte Fenster. All das war im Laufe der Jahrhunderte einfach überdeckt und geglättet worden. „Das sind wundervolle Entdeckungen, aber sie machen die Statik ungleich komplizierter“, sagt Rainer Maria Weiß, Direktor des AMH.

Dazu kommt, dass die Denkmalschutzauflagen jedes Mal schärfer wurden, je mehr alte Substanz entdeckt wurde. Um alles noch etwas komplizierter zu machen, entdeckten die Bauleute auch noch Setzungsrisse im alten Gemäuer. Die Fürsten hatten wohl zu schwer gebaut. Um das Gebäude abfangen zu können, müssen zwei Wohnungen darin, die derzeit ohnehin für die Sanierung geräumt sind, dauerhaft aufgegeben werden. Sie werden dem ursprünglich nur im Kellergewölbe geplanten Ausstellungsraum zugeschlagen.

Viktoria Ehlers: „Das wird spektakulär!“

„Man wird die Ausstellung dann im Hochparterre betreten, das mit einem Empfangsbereich ausgestattet ist und ansonsten als Galerie um eine Treppe herum, die ins Gewölbe führt“, freut sich Sören Schumacher. „Das wird spektakulär!“ Viktoria Ehlers, Fraktionsvorsitzende der FDP in der Harburger Bezirksversammlung freut sich auch, äußert aber Vorbehalte: „Die Harburger warten seit Jahren darauf, ihre stadthistorische Ausstellung wieder sehen zu können“, sagt sie, „Dafür fordern wir kurzfristige Lösungen. Es gibt so viel Leerstand in Harburg und wir haben gute Erfahrungen mit Pop-Up-Stores gemacht.“ Einen Antrag zur stadthistorischen Sammlung hat die FDP gestellt.

Die Dokumentation von Harburgs Stadtgeschichte ist eine der zwei Hauptaufgaben des AMH, das aus dem alten Helms-Museum hervorgegangen ist. Als archäologisches Museum hat das AMH internationale Bekanntheit. So richtig Dynamik ist in der Harburger Geschichte auch erst seit der industriellen Revolution. Just bei der hört die alte Helms-Sammlung allerdings auf. Die Ausstellung im Schlossgewölbe wird ebenfalls nur bis zur Industrialisierung gehen.

„Das bedeutet nicht, dass wir uns damit nicht beschäftigen, aber eben anders“, sagt Rainer Maria Weiß. „Wir machen zur jüngeren Geschichte zum Beispiel Fotoausstellungen und Internetpräsentationen. Pop-Up-Ausstellungen kann ich mir nur schwer vorstellen. Man muss sie ständig neu konzipieren, muss sie beaufsichtigen und erklären. Das ist aufwändiger, als man denkt.“