Harburg. Wie soll sich die Harburger City in Zukunft entwicklen? Innenstadtforum sucht nach Antworten. Welche Straße viel Potenzial mitbringt.
Wie sollte sich die Harburger City in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln? Mit dieser Frage befasste sich das Innenstadtforum Harburg, ausgerichtet vom Bezirksamt und der städtischen Entwicklungsgesellschaft steg. Am zweiten Forumstag schloss sich eine Fachtagung der vorangegangenen Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung an. Auch hier wurden, wie am Vorabend, sechs Themenfelder diskutiert: die Entwicklung der City im Allgemeinen, die Zukunft des Einzelhandels, Mobilität, Kultur/öffentliches Leben, klimafreundliche Stadt und öffentliche Räume wie Straßen, Parks und Plätze.
Ein zentrales Thema der Innenstadtentwicklung war die Frage zur Zukunft des ehemaligen Karstadt-Gebäudes. Viele Diskutanten sprachen sich dafür aus, es nicht abzureißen, sondern die ehemaligen Verkaufsetagen als öffentlichen Raum für alle Harburgerinnen und Harburger zu gestalten. „Wir könnten dort die Bücherhalle unterbringen und die Volkshochschule, die derzeit in Harburg mehrere Standorte hat“, sagte beispielsweise der Harburger SPD-Politiker Frank Richter, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses.
Vorbild Offenbach: Hier füllte man das leerstehende Karstadt-Gebäude mit neuem Leben
Auch Marion Rüber-Steins, Stadtplanerin in Offenbach, plädierte in ihrem Vortrag auf der Fachtagung für mehr öffentliche Nutzungen, die nicht kommerziell ausgerichtet sind. Die Stadt Offenbach, die wie Harburg einen hohen Migrationsanteil hat, habe leerstehende Gebäude belebt, in dem sie Räumlichkeiten schuf, an denen sich die Bürger einbringen können.
Die Rechnung ging auf: Migranten kochten Gerichte aus ihren Heimatländern, andere Akteure boten Kinderaktionen an, organisierten Musik- und Tanzveranstaltungen. Der in Offenbach beheimatete Deutsche Wetterdienst betreibt in der City jetzt ein kleines Wetterlabor für Schüler und wer sonst noch Interesse hat an der Meteorologie.
Vielleicht könnte die TUHH ein buntes Rahmenprogramm organisieren?
In Harburg ist es das Warenhaus Galeria Karstadt, in Offenbach Galeria Kaufhof, das Ende Juni geschlossen wurde. „Karstadt und Kaufhof sind nicht mehr die Magnete in der Innenstadt. Und werden es auch in Zukunft nicht sein“, so Rüber-Steins. Städte sollten „die Gesellschaft machen lassen“. So habe die Offenbacher Hochschule für Gestaltung über den gesamten Sommer hinweg rund um ein leer stehendes Gebäude ein buntes Programm organisiert. Vielleicht wäre so etwas ja auch mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH) zu machen.
Der ehemalige Harburger Baudezernent Jörg Heinrich Penner griff die Anregung auf und nannte als Vorbild die niederländische Stadt Maastricht: „Das Leben in der Maastrichter Innenstadt ist studentisch geprägt. Und das, obwohl die Universität ähnlich jung ist wie die in Harburg. Sie wurde fünf Jahre nach der TUHH gegründet.“ Vielleicht wäre ein nicht kommerziell ausgerichtetes Karstadt-Gebäude die Gelegenheit, dass sich Studierende der TUHH in der Harburger City engagieren, ergänzte Richter.
Passanten in Harburg laufen nicht nur sprichwörtlich gegen eine Wand
Ein weiterer Knackpunkt für die Entwicklung Harburgs ist eine Operation an der Achillesferse der Stadtplanung: die Abtrennung der City vom Harburger Binnenhafen, der einstigen Keimzelle der Stadt. Seit Jahren wird diskutiert, entworfen und begutachtet, wie sich Bahntrasse und B73 sinnvollerweise überwinden lassen, um die 1980 auseinandergerissenen Stadtquartiere wieder miteinander zu verweben.
Damals wurde der Bahnübergang zwischen dem Schloßmühlendamm und der Harburger Schloßstraße abgeschafft. Dort stehen heute Lärmschutzwände. Seitdem laufen die Passanten, die die historische Harburger Entwicklungsachse entlanggehen, beidseitig der Bahntrasse optisch gegen eine Wand.
Schloßmühlendamm hat sehr Potenzial im Hinblick auf die Stadtentwicklung
Viele Vorschläge, wie die trennende Trasse überwunden werden könnte, gab es bereits. Sie reichen von einer Landschaftsbrücke über eine großzügige Unterführung bis hin zum Vorschlag aus der Lokalpolitik, Bahn- und Straßentrasse in einen Tunnel – oder zumindest tiefer – zu verlegen. Nach dem aktuell wahrscheinlichsten Vorschlag könnte eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer die ersehnte Verbindung wieder herstellen. Eine Machbarkeitsstudie schlägt vor, dazu den Schloßmühlendamm mit seinen breiten Fahrstreifen deutlich umzugestalten.
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Aus der heutigen Straßenmitte könnte – mit einer langen Rampe – die Brücke entspringen. Das setzt voraus, dass die nur mäßig befahrene Straße verkehrsberuhigt wird, damit die Überführung bequem zu erreichen ist. „Der Schloßmühlendamm hat mit seinem viel zu breiten Straßenraum sehr viel Potenzial, eine höhere Aufenthaltsqualität zu erzeugen“, sagte Claudia Broekhuis vom Harburger Fachamt für übergeordnete Planung in ihrem Vortrag. Generell betonte sie: „Wir versuchen, den Durchgangsverkehr aus der Innenstadt herauszunehmen. Aber sie muss für Autos erreichbar bleiben.“
Harburg zu einem „Entdecker-Stadtteil“ machen – mit multikultureller Gastronomie
Mehrere Diskutanten plädierten dafür, Bestehendes besser in Szene zu setzen, Harburg zum „Entdecker-Stadtteil“ zu machen. Mit attraktiver multikultureller Gastronomie, durch die bessere Pflege und soziale Kontrolle von Harburgs großen Plätzen vor dem Rathaus, am Sand (nachmittags) und am neu gestalteten Herbert-und-Greta-Wehner-Platzes. Die Plätze könnten auch mit Sport- und Spielangeboten belebt werden, sagte Harburgs Sozialdezernenten Anke Jobmann. Ähnliches geschehe an Wochenenden durch die Parksportpiloten in Hamburger Parks..
Soziale Aspekte seien für Harburg sehr wichtig, sagte Claudia Broekhuis. „Die Harburger Innenstadt ist ein RISE-Gebiet. Das heißt, wir haben Geld, um Ideen umzusetzen.“ RISE bezeichnet ein städtisches Programm zur Stadtteilentwicklung. Das RISE-Gebiet „Harburger Innenstadt/Eißendorf Ost“ läuft eigentlich nur bis Ende 2023. Derzeit bemühe sich der Bezirk, die Förderperiode bis 2027 zu verlängern, so Broekhuis.