Rund 6000 Fans fieberten auf der Reeperbahn mit Roman Lob mit und jubelten hinter Anke Engelke, als Baku live nach St. Pauli schaltete.

Hamburg. Keine zwölf Punkte für Deutschland beim Eurovision Song Contest (ESC), aber für Hamburg: Tausende Fans haben auf der Reeperbahn eine fröhliche und friedliche Grand-Prix-Party gefeiert. Stars wie Udo Lindenberg, Jan Delay und Peter Maffay vor und nach dem Public Viewing sowie traumhaftes Pfingstwetter lockten die Hamburger und Touristen zum Spektakel auf dem Spielbudenplatz. Seit Jahren schon steigt auf der Hamburger Amüsiermeile Deutschlands offizielle ESC-Party – 15.000 bejubelten hier 2010 Lenas Sieg. 6000 Fans sollen es diesmal bei Roman Lobs 8. Platz gewesen sein.

Die Kritik am autoritären Aserbaidschan, die auch rund um den Song-Contest Thema war, hielt das Hamburger Partyvolk nicht vom Feiern ab. Beim Public Viewing fieberten sie mit Roman Lob mit, sangen sein „Standing Still“ und jubelten hinter Anke Engelke, als Baku live nach St. Pauli schaltete. „Es ist gut, abzustimmen, es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf eurer Reise, Aserbaidschan. Europa schaut auf euch“, rief Engelke vor der Kiez-Kulisse und Fähnchen schwenkenden Fans den Aserbaidschanern zu – eine charmant verpackte Kritik, für die sie viel Lob erntete. Viele waren schon in Partylaune, bevor das ESC-Finale überhaupt begonnen hatte. Der „Countdown für Baku“ startete im „Ersten“ um

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20.15 Uhr mit der Live-Übertragung aus Hamburg. Noch während auf der großen Leinwand auf der Reeperbahn die letzten Bilder der „Tagesschau“ zu sehen waren, wurden in Hamburg die „Udo“-, „Udo“-Rufe immer lauter. Lindenberg und Jan Delay standen bereits mit anderen prominenten Kollegen auf der Bühne und warteten auf den Startschuss.

Er habe lange überlegt, diesen ESC zu boykottieren, sagte der Panikrocker, denn: „Aserbaidschan ist – wie ihr wisst – ein grausames unfreies Land.“ Doch die Musik sei ja eine positive Kraft. Dann legte er los und rockte mit Delay seine „Reeperbahn“-Hymne. Auch Musiker wie der Graf von Unheilig und Tim Bendzko stimmten das Hamburger Publikum und die ARD-Zuschauer bis 21 Uhr ein.

Brachten auf dem Partyareal zunächst vor allem das Hutträger-Doppel Lindenberg und Delay die Stimmung zum Kochen, wippten während des Wettbewerbs die Fans beim Auftritt der russischen Babuschkas mit. Zu sehen war in den hinteren Reihen allerdings kaum noch etwas von den singenden Omas. Viele drängelten sich daher auf dem Fußweg vor der Kneipe „Herz von St. Pauli“. 6000 Besucher seien es in der Spitze gewesen, berichtete die Polizei, die im Laufe des Abends mit zusätzliche Gittern auf dem Bürgersteig das Gedränge ein wenig auflöste – etwa, als kurz nach

22.30 Uhr in Baku Roman Lob auf die Bühne trat. Bereits als der Sänger kurz vor seinem Auftritt in die Kamera lächelte, brach auf dem Spielbudenplatz der Jubel aus. Begeisterte Rufe und Applaus nach dem Song, der Deutschland am Ende 110 Punkte von der Eurovisions-Gemeinde einbrachte. „Auf der Party blieb alles friedlich“, sagte ein Polizeisprecher. Auch die zahlreichen dänischen Fans, die wenige Stunden nach der

1:3-Niederlage ihrer Fußballelf gegen Brasilien in Hamburg auf der ESC-Fete die nächste Pleite wegstecken mussten: Ihre Kandidatin Soluna Samay gehörte zu den Schlusslichtern. Ein paar Demonstranten, die mit Megafonen aus einem Fenster heraus gegen den Abriss der Esso-Häuser auf dem Kiez protestierten, konnten sich nur selten Gehör verschaffen – das TV-Publikum bekam davon nichts mit.

Als Engelke kurz vor Abschluss des Wettbewerbs die Abstimmung aus Deutschland mitteilte, stand die schwedische Sängerin Loreen längst als Siegerin fest. Auf dem Hamburger Kiez und im „Ersten“ ging es nach dem „fantastischen achten Platz“ (Moderatorin Judith Rakers) unter anderem mit der Band Silbermond und Rockmusiker Peter Maffay weiter. Und als es auf der Aftershow-Party zu regnen anfing, war sich Engelke sicher: „Das sind Freudentränen.“