Hamburg. Lohbrügger Pharmazeutin sammelt Medizin für die Menschen in den Kriegsgebieten. Mit dem Hilfsprojekt will sie auch ein Zeichen setzen.

Es ist die jüngste Apotheke Bergedorfs, aber die mit dem größten Herz für die Ukraine: Vor einer Woche erst haben Ella Kuzchenko und ihr Team von der el-Apotheke im Medical-Center an Lohbrügges Fußgängerzone Alte Holstenstraße zu Medikamenten-Spenden für die Menschen in den Kriegsgebieten aufgerufen, die nun schon seit über 1000 Tagen den brutalen Angriffen von Putins Armee ausgeliefert sind. Eine Hilfsaktion, deren Erfolg sich schon jetzt in einem großen Stapel von Kisten und Kartons in den Räumen der Apotheke zeigt. Und der schwillt immer mehr an.

„Es ist mir eine Herzensangelegenheit, den notleidenden Menschen in meiner alten Heimat zu helfen“, sagt Ella Kuzchenko, die schon 2014 mit damals 22 Jahren die Region Donezk verlassen hat, wo sie aufgewachsen und Pharmazie studiert hatte. Mit dem Hochschulabschluss als Apothekerin in der Tasche floh sie vor Putins Truppen, die damals noch ohne Hoheitskennzeichen die Krim und auch die östlichsten Territorien der Ukraine wie der Donezk oder Luhansk einnahmen. Eltern und Brüder ließ sie zurück, schlug sich nach Deutschland durch, um hier in ihrem Beruf zu arbeiten.

Krieg in der Ukraine: Überraschend große Resonanz auf Medikamenten-Spendenaktion

Leicht war der Start nicht, akzeptierten die Behörden doch ihr Hauptstudium nicht. Also entschied sich die junge Frau, in Deutschland nochmal für drei Jahre die Universität zu besuchen, um endlich in ihrem Beruf arbeiten zu können. Dann legte sie eine rasante Karriere hin, leitete schließlich verschiedene Apotheken, um sich im Frühjahr 2023 selbstständig zu machen: Sie belebte die damals seit einem halben Jahr leerstehende Apotheke im Medical-Center neu. Heute ist sie mit 32 Jahren hier Chefin von sechs Mitarbeiterinnen.

Mittlerweile sind auch ihre nächsten Verwandten in Bergedorf. Darunter auch ihr Vater, dessen Metallfabrik 2014 in der Stadt Donezk und nach dem Wiederaufbau in Kramatorsk zehn Jahre später nun erneut durch die Russen zerstört wurde. „Es ist einfach schrecklich und zermürbend, wenn die Menschen in der Ukraine nun den dritten Kriegswinter seit Putins Angriff vom Februar 2022 vor sich haben“, sagt Ella Kuzchenko. „Die Hilfsbereitschaft gerade in Deutschland ist groß. Aber auch sie geht heute leider etwas zurück, obwohl die Lage in den Kriegsgebieten immer schwieriger wird.“ Deshalb habe sie jetzt ihre Spendenaktion gestartet.

Gefragt sind Medikamente aller Art – auch Unternehmer Wido Schüttfort unter den Spendern

Gesammelt werden Medikamente aller Art, vor allem solche gegen typische Volkskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fehlfunktionen der Schilddrüse. Auch Wido Schüttfort, Schuhhändler im Ruhestand, ist unter den Spendern: Er hat aus dem Nachlass seiner Mitte November mit 97 Jahren verstorbenen Mutter Gertrud gleich einen ganzen Karton voll abgegeben. „Gern nehmen wir solche Spenden, sofern die Medikamente noch nicht abgelaufen sind“, sagt die Apothekerin. Aber sie nimmt auch Geldspenden an, mit denen der Berg der Medikamente für die Ukraine dann um neue Packungen zum Einkaufspreis anwächst.

„Dieser Teil macht rund 70 Prozent aus, das restliche Drittel stammt tatsächlich aus den Medikamenten-Schränken der Bergedorfer“, sagt Ella Kuzchenko, die überrascht ist, wie groß die Resonanz auf ihre Aktion schon nach nur einer Woche ist. „Wir haben darauf bisher nur unsere Stammkunden angesprochen und eine Kleinigkeit auf Instagram geschrieben.“

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Natürlich hofft sie auf weitere Spenden, zu denen neben Medikamenten auch Bandagen gehören dürfen. Alles soll zu Weihnachten dann über den Verband der ukrainischen Apotheken und freiwillige Helfer die Menschen in den Kriegsregionen erreichen. Vor Ort läuft die Verteilung oft über die Lebensmittelhändler, wo sich die Menschen treffen, wenn häufig kaum mehr als vier Stunden des Tages keine Ausgangssperre herrscht. Den Transport von Deutschland übernimmt die offizielle ukrainische Nova Post, die neuerdings eine Filiale an der Hammerbrookstraße in Hamburg unterhält.

Weitere Infos zur Spendenaktion gibt es direkt in der el-Apotheke, Alte Holstenstraße 16, Telefon 040/7675 22 22. Bleibt die Spendenbereitschaft hoch, soll die Aktion auch nach Weihnachten weiterlaufen. Das junge Team um Ella Kuzchenko sucht übrigens auch Verstärkung. Sowohl Apotheker als auch Pharmazeutisch-Technische Assistenten (PTA) sind gefragt.