Hamburg/Kiew. Bürgermeister Peter Tschentscher hat die ukrainische Hauptstadt besucht. Warum das keine Symbolik, sondern ein starkes Signal war.

Auf der Zugfahrt meldete sich der Krieg zurück. Tagsüber, als Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, seine Delegation und die begleitenden Journalisten am Montag Kiew besuchten, blieb es ruhig in der ukrainischen Hauptstadt. Die Menschen bewegten sich im Stadtbild, als sei das Leben hier ein normales. Sie fuhren zur Arbeit, steckten dabei morgens und abends im Stau des Berufsverkehrs fest, sie brachten die Kinder in die Kita, Mädchen und Jungen gingen zur Schule.

Viele Läden waren geöffnet, die Regale in den Supermärkten gut gefüllt. Die Präsenz schwer bewaffneter Militärs erschien eher gering. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko und sein Bruder Wladimir zeigten Tschentscher beim Gang durch Kiew ihre Stadt in einer Art Normalzustand.

Damit war es am Abend, als die Hamburger Reisegruppe wieder in Richtung polnischer Grenze unterwegs war, schlagartig vorbei, als auf den Handys der Delegation im Nachtzug der Bombenalarm losheulte. Es passierte nichts in dieser Nacht, nichts im Zug, nichts in Kiew. Aber gleich zweimal wurden die Menschen in Kiew per Alarm aufgefordert, Schutzräume aufzusuchen: abends gegen 22.30 Uhr und noch ein zweites Mal mitten in der Nacht gegen 3 Uhr.

Unterstützung für Kiew: Wie Hamburg hilft

In dieser Stadt gibt es keinen Normal­zustand. Kiew ist bedroht, selbst wenn die Kampfhandlungen woanders, im Osten des Landes, Menschenleben kosten. 200 Zivilisten sind in den vergangenen gut zwei Jahren in der ukrainischen Hauptstadt bei Angriffen mit Raketen und Kamikazedrohnen getötet worden.

Kiew ist eine Stadt voller Lebensmut und Überlebenswillen, aber genauso eine Stadt in Putins Visier. Er habe Kiew als lebenswerte, attraktive europäische Metropole erlebt, trotz der Spuren, die der Krieg auch in der Hauptstadt hinterlassen hat – so hat es Tschentscher formuliert.

Tschentschers Besuch in Kiew ist ein starkes Signal

Diese Stadt als erster deutscher Ministerpräsident seit Kriegsbeginn besucht zu haben ist ein starkes Signal der Solidarität, das Tschentscher sendet. Und zwar ein Signal in zwei Richtungen: nach Hamburg und nach Kiew. „Wir haben euch nicht vergessen.“ Und: „Wir stehen an der Seite der Ukraine.“ Diese Botschaft schickt Tschentscher mit seinem Besuch, über den die örtlichen Medien länglich berichteten, in Richtung der Klitschkos und der Menschen in Kiew. „Wir dürfen nicht nachlassen zu helfen.“ Dieses Signal geht vom Besuch in Richtung Hamburg aus.

Die Hansestadt und die ukrainische Hauptstadt haben vor zwei Jahren, wenige Wochen nach Putins Kriegsbeginn, den „Pakt für Solidarität und Zukunft“ geschlossen. 330 Paletten Hilfsgüter haben die beiden gemeinnützigen Organisationen Hanseatic Help und #WeAreAll­Ukrainians nach Kiew geschickt. Viele Dutzend Sattelschlepper haben Kleidung, Lebensmittel, Hygieneartikel, aber auch dringend benötigte medizinische Geräte in das Kriegsland gebracht. Hochbahn und VHH schickten Linienbusse, die Feuerwehr Rettungswagen.

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Psychologische Betreuungszentren für traumatisierte Kinder, viele von ihnen befreit aus russischer Verschleppung, wurden in der Ukraine aufgebaut – ebenfalls finanziert durch kleine und große Spenden von Privatleuten und Unternehmen. Im nächsten Schritt sollen Hamburger Kliniken mit Krankenhausärzten in Kiew kooperieren, die neben ihren „normalen“ Patienten schwerstverletzte Kriegsopfer behandeln müssen: Menschen mit schlimmsten Verbrennungen, Verstümmelungen, Amputationen.

Ohne Unterstützung unserer Partner könnten wir nicht überleben, so hat es Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko gesagt. Hamburg kann stolz sein auf seine Hilfe für die Ukraine. Sie kommt an.