Nettelnburg. Invasive Nager kommen Kindern nicht nur in Nettelnburg gefährlich nahe. Am Schlosspark Bergedorf mussten Stadtjäger anrücken.

Sie wollte eigentlich mit ihren Enkelkindern (zwei und vier Jahre) ein paar schöne Stunden auf dem kleinen Spielplatz am Ameisweg in Nettelnburg verbringen. Doch was Petra Voss dann erlebte, machte sie einfach nur wütend: Etliche Nutrias tummelten sich dort zwischen den tobenden Kindern, kamen den Jungen und Mädchen immer wieder gefährlich nah.

„Nur ein paar Meter von den spielenden Kindern entfernt haben die Tiere auf dem Rasen gesessen“, empört sich die 72-Jährige. Weil die Nager – eine invasive Art aus Südamerika – schon mal aggressiv werden, wenn Menschen ihnen zu nahe kommen, fürchtet Petra Voss, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis Kinder zu Schaden kommen. Denn sie kennen keine Abstandsregeln, wollen die Tiere beispielsweise streicheln. Gefährliche Bisse drohen. Die Großmutter fordert: „Die Behörden müssen deutlich mehr gegen die Nutrias unternehmen!“

Nutrias auf Spielplatz in Nettelnburg: kein Einzelfall in Bergedorf

Zumal sich das Problem offenbar rasant ausweitet. Im Bezirksamt hat Petra Voss erfahren, dass auch der Spielplatz im Bergedorfer Schlosspark – wie der am Ameisweg in Wassernähe gelegen – zeitweise von Nutrias bevölkert ist. „Die Stadtjäger haben dort am vergangenen Wochenende zwei Tiere beseitigt“, bestätigt Pressesprecher Lennart Hellmessen auf Nachfrage. Aktuell kommen meist Lebendfallen zum Einsatz, die mit Sensoren ausgestattet sind und den Jägern melden, wenn ein Tier gefangen wurde.

Der kleine Spielplatz am Ameisweg in Nettelnburg liegt direkt am Fährbuernfleet und Landscheidefleet. Eltern berichten davon, dass hier Nutrias nah an die Kinder herankommen.
Der kleine Spielplatz am Ameisweg in Nettelnburg liegt direkt am Fährbuernfleet und Landscheidefleet. Eltern berichten davon, dass hier Nutrias nah an die Kinder herankommen. © Christina Rückert | Christina Rückert

Das Problem mit den Nutrias ist längst erkannt: Schon lange appelliert die Bezirkspolitik an die Umweltbehörde, mehr gegen die invasive Art zu unternehmen, die sich rasant vermehrt und in Bergedorf in den Gräben und auf Feldern für massive Schäden sorgt. Im vergangenen Jahr hatte die Behörde bereits ein Gutachten erstellen lassen, um Populationsentwicklungen abschätzen zu können. Im Juni stellte sie nun eine insgesamt 30.000 Euro hohe „Schwanzprämie“ bereit. Doch die genauen Rahmenbedingungen der Jagd durch die Stadtjäger sollten zunächst geklärt werden – etwa, in welchen Bereichen bejagt wird, wie die Prämie pro erlegtes Tier ausfällt und ob auch Muttertiere getötet werden dürfen.

In der City, am Serrahn: Die invasive Art kommt immer näher

Die Zeit drängt, die südamerikanischen Nager kommen den Menschen immer näher. Ende Juli fotografierte eine Bergedorferin eine Nutria sogar mitten in der Fußgängerzone. Petra Voss hat die Tiere auch in Serrahnnähe bemerkt. Zwar sind die Nager nicht im eigentlichen Sinne aggressiv. Doch: „Werden Nutrias in die Enge getrieben oder provoziert, wehren sie sich energisch, auch gegen Hunde“, hatte Bezirksamtssprecher Lennart Hellmessen schon nach der Sichtung in der City festgestellt. Ein Biss wiederum kann gefährlich werden, wenn die Wildtiere bakterielle Infektionskrankheiten übertragen.

Eine Sichtung sollte deshalb immer gemeldet werden. Das ist etwa über das Portal neobiota-nord.de möglich, wo mithilfe von Google Maps der genaue Fundort angegeben werden kann. Aber auch das Bezirksamt Bergedorf will jetzt die betroffenen Spielplätzen in Wassernähe genauer inspizieren: „Das Fachamt Management des öffentlichen Raums wird sich die Lage anschauen und die Meldung dann an die Stadtjäger weitergeben“, verspricht Hellmessen.

Petra Voss sieht auf den Spielplätzen auch das Problem, dass größere Kinder durchaus mal alleine dorthin gehen. Im Ernstfall kann dann kein Erwachsener helfen. Und auch Eltern und Großeltern könne es nicht egal sein, wenn die Nutrias den spielenden Kindern so nahe kommen. „Wenn dann doch einmal etwas passiert, dann werden wir belangt, weil wir unsere Aufsichtspflicht verletzt haben“, stellt sie fest. Und fragt sich: „Hat aber hier nicht auch unser Staat und unsere Politik eine Sorgfaltspflicht?“