Im Koalitionsvertrag der Hamburger Regierung ist die Trasse von der A7 zur A1 vereinbart – doch nun wollen Grüne für eine andere Lösung.
- Hamburger Grüne stellen Bau der Hafenautobahn A26-Ost infrage
- Nun droht ein Krach mit dem Koalitionspartner SPD
- Wie eine Alternative aussehen könnte
Der erneute Ärger um die Elbschlick-Verklappung ist noch nicht verraucht, da droht bereits der nächste Koalitionskrach in Hamburg: Die Grünen stellen den im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbarten Bau der Hafenautobahn A26-Ost infrage.
„Das ist die pro Kilometer teuerste geplante Autobahn in Deutschland, und ihr Nutzen ist zweifelhaft“, sagte Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen im Gespräch mit dem Abendblatt. „Die erwartete immense Steigerung des Containerumschlags in Hamburg, die der Planung mal zugrunde lag, ist nicht eingetroffen, das Mobilitätsverhalten der Menschen ändert sich und nur wenige Kilometer nördlich der A26 soll ohnehin ein neuer Köhlbrandtunnel entstehen, der für die Hafenwirtschaft absolute Priorität hat.“
A26: Grüne gegen neue Autobahn – aber für andere Hafen-Trasse
Wie berichtet, soll die marode Köhlbrandbrücke durch einen rund drei bis vier Milliarden Euro teuren Tunnel ersetzt werden, den Hamburg und der Bund wohl je zur Hälfte finanzieren müssten. „Es stellt sich daher die Frage, ob eine Hafenquerspange von der A7 zur A1 in Verlängerung dieses Tunnels nicht sinnvoller wäre und dafür auf die A26-Ost verzichtet werden kann“, so Lorenzen.
„Wenn der Bund dieses Projekt finanzieren würde, könnte Hamburg seinen Anteil am Köhlbrandtunnel von bis zu zwei Milliarden Euro sinnvoller investieren, zum Beispiel in einen Ausbau der Hafenbahn oder in den Wasserstoff-Cluster in Moorburg.“
Auslöser der Forderung ist der Ärger der Bundes-Grünen über die aus ihrer Sicht stockende Verkehrswende – was sie vor allem der FDP und ihrem Verkehrsminister Volker Wissing anlasten. Trotz Klima- und Artenkrise enthalte der Bundesverkehrswegeplan „noch Hunderte weitere Straßenbauprojekte, die unsere Landschaft zerschneiden und den Klimaschutz gefährden“, heißt es in einem Beschluss der Grünen-Bundestagsfraktion vom Donnerstag.
Lorenzen: Stehen zur Koalition – wollen aber über die A26-Ost sprechen
Nachdem sie sich beim Atom- und Kohle-Ausstieg flexibel gezeigt hatte, pocht die Ökopartei nun auf die Vereinbarung im Ampel-Koalitionsvertrag, die Prioritäten bei den Verkehrsprojekten neu zu setzen und will „die bis 2030 vorgesehenen Ausbauten von Autobahnen und Bundesfernstraßen deutlich reduzieren“.
Lorenzen begrüßt das: „Wir haben im Bund mit dem Atom- und Kohle-Kompromiss vorgelegt, im Verkehr braucht es nun auch Lösungen im Interesse der Gesamtgesellschaft.“ Den Koalitionsvertrag mit der SPD, in dem vereinbart ist, dass Hamburg den Bund beim Bau der A26-Ost „unterstützt“, stellt er nicht infrage: „Dazu stehen wir Grüne – aber ohne dass wir das Projekt deswegen gut finden. Wenn der Bund nun seinerseits Autobahnprojekte auf den Prüfstand stellt, dann müssen wir auch über die A26-Ost sprechen.“
Till Steffen: „Sollten uns von dem Vorhaben verabschieden“
Der Fraktionschef in der Bürgerschaft räumte aber auch ein: „Am Ende ist das eine Entscheidung, die der Bund zu treffen hat.“ Dort gibt es auch Widerstand der Grünen: „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, muss auch der Verkehrssektor seinen Beitrag leisten. Da hat Verkehrsminister Wissing bislang nichts abgeliefert“, sagte der Bundestagsabgeordnete Till Steffen dem Abendblatt.
Neben einem Tempolimit sei der Verzicht auf neue Autobahnen der wirksamste Hebel, so der frühere Hamburger Justizsenator. „Als Ampel-Koalition haben wir vereinbart, dass wir den Bundesverkehrswegeplan nach Klima-Kriterien überarbeiten“, sagte Steffen. „Die A26-Ost ist dabei der Bau, der pro Kilometer am meisten Geld kostet und CO2 verursacht. Wir sollten uns deswegen von diesem Vorhaben verabschieden.“
Tschentscher hatte Grüne und Nachbar mit Schlick-Äußerung verärgert
Eine Retourkutsche für die Äußerungen von Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der am Dienstagabend den nach zähem Ringen gefundenen Kompromiss mit Schleswig-Holstein und Niedersachsen zur Schlickentsorgung in der Nordsee in einer Rede vor dem Überseeclub sehr zum Ärger der Grünen und auch der Nachbarländer wieder infrage gestellt hatte, ist das übrigens nicht – die Grünen hatten ihre Neu-Positionierung zur A26 schon vorher intern festgezurrt.
Die Trasse war ursprünglich unter dem Namen „Hafenquerspange“ geplant worden. Die Hamburger Wirtschaft drängt seit vielen Jahren auf den Bau dieser Straße. Sie soll auf 9,7 Kilometer Länge die A7 im Westen mit der A1 im Osten verbinden. Teil der Planung sind auch ein 1,5 Kilometer langer Lärmschutztunnel in Wilhelmsburg-Süd sowie eine 550 Meter lange und 50 Meter hohe neue Brücke über die Süderelbe.
CDU will die A26-Brücke über die Elbe zu einem Wahrzeichen machen
Die CDU in der Bürgerschaft hatte kürzlich gefordert, dieses Bauwerk, das mit seinen 140 Meter hohen Pylonen sogar die heutige Köhlbrandbrücke überragen würde, nachts zu illuminieren und so zu einem neuen Wahrzeichen für die Süderelbe-Region zu machen.
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Doch dafür müsste die Autobahn erstmal gebaut werden. Wie berichtet, musste der Senat kurz vor Weihnachten einräumen, dass es erneut zu Verzögerungen kommt. Der schon mehrfach erwartete Planfeststellungsbeschluss für den ersten Abschnitt bei Moorburg werde „frühestens im Jahr 2023 vorliegen“. Dass die gesamte Autobahn wie geplant bis 2031 fertig wird, gilt daher als unwahrscheinlich.
Christoph Ploß (CDU) über „Verkehrsinfarkt in Hamburgs Süden“: