Im Insolvenzantrag der P+S-Werften werden allein für die Gruppe der Großgläubiger Forderungen in Höhe von 511 Millionen Euro benannt.
Stralsund. Für die P+S-Werften in Stralsund und Wolgast ist mit dem Hamburger Berthold Brinkmann ein Experte als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt worden. Er hat viel zu tun. Unklar ist, ob Werftenmanager Fuchs bleibt und wie es mit den Schiffbaubetrieben weitergeht.
Die P+S-Werften in Stralsund und Wolgast sehen sich mit Forderungen von mehr als einer halben Milliarde Euro konfrontiert. Das sagte der Sprecher des Stralsunder Amtsgerichtes Dirk Simon nach Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens am Donnerstag. Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Berthold Brinkmann eingesetzt. Brinkmann leitete bereits die Insolvenzverfahren bei der Hamburger Sietas-Werft und den Rostocker Wadan-Werften.
Im Insolvenzantrag werden allein für die Gruppe der Großgläubiger Forderungen in Höhe von 511 Millionen Euro benannt, wie der Sprecher des Amtsgerichtes sagte. Aufgelistet sind laut Amtsgericht Forderungen des Großgläubigers Nord LB in Höhe von 326 Millionen Euro, der VHV-Allgemeine Versicherung und der QBE Insurance Europe von insgesamt 115 Millionen Euro sowie des Landesförderinstituts von 70 Millionen Euro. Hinzu dürften weitere Millionen-Forderungen aus der Gruppe der Kleingläubiger kommen, zu denen auch die vielen Zulieferer gehören.
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Den Forderungen steht allerdings ein Auftragsvolumen gegenüber, das im Juni 2012 von den P+S-Werften noch mit einer Milliarde Euro beziffert wurde. Der neue Geschäftsführer Rüdiger Fuchs sagte am Mittwoch, dass bisher keine Aufträge storniert oder gekündigt worden seien. Allerdings hakt es bei der Abarbeitung der Aufträge. Wegen bislang ungelöster bautechnischer Probleme konnten die beiden Ostseefähren für die Reederei Scandlines nicht ausgeliefert werden. Als neue Liefertermine werden Januar und Mai 2013 genannt.
Scandlines befürchtet, dass die Fähren zu schwer sind und wegen des größeren Tiefgangs nicht auf der Linie Rostock-Gedser eingesetzt werden können. Die Fähren wurden am Mittwoch gewogen. Ergebnisse wurden bislang noch nicht bekannt. Der Insolvenzantrag von P+S habe wegen der Fähren eine „tiefgreifende Rückwirkung“ auf Scandlines, sagte Reedereichef Søren Poulsgaard Jensen. Auch die Auslieferung der beiden Spezialfrachter für die dänische Reederei DFDS verzögert sich.
Dem von Werftenmanager Rüdiger Fuchs am Mittwoch ebenfalls eingereichten Antrag auf Eigenverwaltung gab das Amtsgericht zunächst nicht statt. Der Antrag sei aber „ausdrücklich nicht abgewiesen“ worden, sagte Simon. Der vorläufige Insolvenzverwalter solle zunächst prüfen, ob die Eigenverwaltung den Gläubigerinteressen entgegenstehe. Das Amtsgericht erwartet innerhalb einer Frist von zwei Monaten einen Zwischenbericht des vorläufigen Insolvenzverwalters.
Fuchs, der seit Anfang August die angeschlagenen P+S-Werften leitet, hatte sein Verbleib in Stralsund von der Entscheidung des Gerichtes abhängig gemacht. Er hatte am Mittwoch den Insolvenzantrag für die Werften eingereicht, nachdem eine außergerichtliche Lösung mit Kunden und Lieferanten gescheitert war.
Die Arbeit auf den Werften in Wolgast und Stralsund war auch am Donnerstag normal fortgesetzt worden. Für Freitag sind Betriebsversammlungen an beiden Standorten geplant.
Fünf Zulieferfirmen der P+S-Werften haben in den vergangenen Tagen bei der Arbeitsagentur in Stralsund Kurzarbeit angemeldet. Betroffen seien 86 Arbeitnehmer, sagte der Agenturchef Jürgen Radloff. Zwei weitere Firmen kündigten zudem für 50 Arbeitnehmer Entlassungen an. „Wir hoffen, dass sich die Werfttore nicht schließen und damit drastische Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt vermieden werden können“, sagte Radloff. Bislang habe es auf der Werft keine Entlassungen gegeben.
Die rund 1800 Mitarbeiter der P+S-Werften erhalten bereits für den Monat August Insolvenzgeld, das in Höhe des Nettolohns für drei Monate gezahlt wird. Es wird angestrebt, das Insolvenzgeld sobald als möglich an die Beschäftigten auszuzahlen, sagte Radloff. Einen genauen Auszahlungstermin nannte er nicht.