Bei Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Chaoten im Hamburger Schanzenviertel gab es mindestens 60 Verletzte. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sprach von einem „enormen Gewaltpotenzial“.

Hamburg. Nachdem es den ganzen Abend über friedlich geblieben war, ist es am frühen Sonntagmorgen im Hamburger Schanzenviertel zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und krawallbereiten Jugendlichen gekommen. Um Provokationen zu unterbinden, rückte die Polizei im Schanzenviertel an. Fünf Wasserwerfer fuhren auf und wurden am Schulterblatt eingesetzt. Die Beamten wurden mit Flaschen beworfen. Randalierer errichteten an verschiedenen Stellen brennende Barrikaden. Es gab mindestens 60 Verletzte und 130 Fest- und Ingewahrsamnahmen. Das gab die Polizei am Sonntagmittag bei einer Pressekonferenz bekannt. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) sprach von einem „enormen Gewaltpotenzial“ und lobte den Einsatz der Beamten.

Die Angreifer hätten an einer nahe gelegenen Kreuzung einen Polizisten attackiert und dann die Wache in der Stresemannstraße angegriffen, in die dieser flüchtete, erklärte die Polizei. Daraufhin habe die Polizei sich zum Eingreifen entschlossen. Die Polizei schätzt, dass es sich um etwa 300 jugendliche Krawallmacher gehandelt habe.

Mehrere Hundertschaften drangen auf das Fest vor und trieben die Randalierer mit massivem Wasserwerfereinsatz zurück. Darüber kreiste ein Polizeihubschrauber, der die Szenerie mit seinem Scheinwerfer ausleuchtete. Friedliche Besucher zeigten sich enttäuscht über die Krawallmacher. "Es ist schade um das schöne Schanzenfest", sagte ein Teilnehmer.

Bis Mitternacht war beim Schanzenfest entgegen den Befürchtungen alles friedlich geblieben. Das Fest sei auch tagsüber friedlich verlaufen, sagte Polizeisprecher Ralf Meyer. Selbst nach 22.00 Uhr seien keine besonderen Vorkommnisse registriert worden. Am Nachmittag hatten hunderte Besucher eines Straßenfests ausgelassen und friedlich gefeiert. Bei einer ähnlichen links-alternativen Veranstaltung war es Anfang Juli zu schweren Krawallen gekommen, deshalb waren erneut Ausschreitungen befürchtet worden.

Auch am Abend waren die Straßen rund um den Autonomentreff Rote Flora mit feiernden Menschen gefüllt. Unter dem Beifall der zahlreichen Schaulustigen vergnügten sich Besucher unter anderem bei einer scherzhaften Kissenschlacht. Am Abend stieg dann die Anspannung. Im Schanzenpark wurde ein großes Lagerfeuer angezündet, in das Feuerwerkskörper geworfen wurden. Böllerschüsse waren zu hören. Beobachter hatten den Eindruck, dass sich Autonome versammelten. Am Schulterblatt explodierte eine Rauchbombe. Allerdings gelang es besonnenen Besuchern, die Aktionen zunächst zu unterbinden.

In den vergangenen Jahren waren Ausschreitungen nach dem Schanzenfest regelmäßig eine besondere Herausforderung für die Polizei, weil sich stets gewaltbereite junge Leute unter hunderte Kneipengänger mischten. Das Schanzenviertel hat sich in den letzten Jahren zum zweitbeliebtesten Ausgeh-Bezirk der Hansestadt nach der Reeperbahn entwickelt.

Die Polizei, die sich auf erneute Straßenkämpfe bei Einbruch der Dunkelheit eingestellt hatte, blieb trotz der Krawalle vom Vorabend zunächst bewusst im Hintergrund und zeigte keine Präsenz. Den Angaben zufolge waren mehr als 2000 Einsatzkräfte aus dem gesamten Bundesgebiet in Bereitschaft, darunter Beamte aus Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Schleswig-Holstein und von der Bundespolizei.

Mit dem umstrittenen Schanzenfest wollten Anwohner und linke Gruppierungen gegen die ihrer Ansicht nach ungerechtfertigte Härte demonstrieren, mit der die Polizei nach einem ähnlichen Fest Anfang Juli gegen gewaltsame Ausschreitungen von etwa 1000 linksautonomen Randalierern vorgegangen war. Das Schanzenfest durfte als besonderes Zugeständnis des zuständigen Hamburger Bezirksamtes Altona bislang stets ohne behördlich Genehmigung stattfinden.

Am Freitag war es in Hamburg am Rande einer Demonstration gegen einen NPD-Aufmarsch zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Polizei und linken Aktivisten gekommen. Es habe 60 Fest- und Ingewahrsamnahmen gegeben, sagte Polizeisprecher am Sonnabend. Dabei habe es sich überwiegend um linke Aktivisten gehandelt.

Beamte haben bei einem Angriff auf einen Streifenwagen ein oder zwei Warnschüsse abgegeben“, sagte der Sprecher. Überall entlang der Absperrungen habe es Angriffe gegen die Polizei mit Steinen und Flaschen gegeben. Mindestens sechs Polizisten seien verletzt worden. Die Demonstranten zündeten Barrikaden und Autos an, Fensterscheiben gingen zu Bruch. Am späten Freitagabend entspannte sich die Lage.