Die Mutter des gestorbenen Babys Lara Mia steht erneut in Hamburg vor Gericht. Zeugen schilderten die gefasste Reaktion der Mutter.

Hamburg. Die Rippen des Säuglings standen hervor und die Beine des neunmonatigen Mädchens waren so dünn, dass es fast in eine Windel für Neugeborene passte. „Sie sah aus wie ein Kind aus Afrika“, schilderte eine Nachbarin den Zustand der kleinen Lara Mia wenige Wochen vor dessen Tod. Nur 4,8 Kilogramm hat das Mädchen im März 2009 noch gewogen – das Doppelte wäre für ein Kind in ihrem Alter normal gewesen. Wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen muss sich die heute 21-jährige Mutter seit Dienstag erneut vor dem Hamburger Landgericht verantworten.

Laut Anklage hat sie ihren Säugling schon wenige Monate nach dessen Geburt nicht mehr ausreichend gefüttert. Das kleine Mädchen sei zunehmend schwächer geworden und ab Februar 2009 schon lebensbedrohlich dünn gewesen, ohne dass die Mutter etwas dagegen unternahm. Sie habe das Leiden des Kindes laut Staatsanwaltschaft zunehmend gleichgültig in Kauf genommen. Bereits im Juli 2010 waren die Angeklagte und ihr ehemaliger Lebensgefährte dafür zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Im Mai dieses Jahres hob der Bundesgerichtshof das Urteil jedoch wieder auf und verwies den Fall zurück nach Hamburg.

Beim Auftakt des zweiten Prozesses am Dienstag schwieg die zierliche 21-Jährige zu den Tatvorwürfen. „Ich möchte keine Angaben machen“, sagte sie mit gepresster, hoher Stimme. Die Kapuze ihres grauen Pullovers zog sie sich zu Beginn noch über den Kopf, darüber trug sie eine schwarze Lederjacke, die hellblonden Haare waren zu einem Zopf gebunden. Fast den gesamten ersten Verhandlungstag hielt sie den Blick gesenkt, ab und zu stützte sie die Ellenbogen auf den Tisch und vergrub das Gesicht in den Händen.

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Ähnlich gefasst war sie wohl auch kurz nach dem Tod ihres kleinen Kindes. Zusammen mit ihrem Freund habe sie im Wohnzimmer auf dem Sofa gesessen, während die Leiche ihres Babys unter einer Decke auf dem Boden im Schlafzimmer lag und Polizisten jede Mülltüte in der Wohnung inspizierten. „Sie zeigte keine Gefühlsregung“, erinnerte sich ein Polizist vor Gericht. Auch bei der anschließenden Vernehmung gab es „keine Tränenausbrüche oder verzweifelten Ausrufe“, so ein weiterer Beamter, der ebenfalls am Dienstag als Zeuge aussagte.

Ihm sagte die Angeklagte laut Protokoll der Vernehmung auch, dass ihr schon aufgefallen sei, dass Lara Mia immer dünner wurde. Das Kind habe nicht essen wollen. „Ich habe immer versucht, ihr was zu essen zu geben, da wurde sie wieder dicker. Kurz danach war sie aber wieder dünn“, soll die damals 19-Jährige gesagt haben. Aus Angst, man würde ihr das Kind wegnehmen, sei sie nicht zum Kinderarzt gegangen. Und so litt Lara Mia weiter in der verdreckten Wohnung, in der sich noch schlimmer Fäkalgeruch ausbreitete, als die Ermittler den Tatort durchsuchten. Benutzte Windeln lagen auf dem Boden im Kinderzimmer, im Bettchen lag nur eine schmutzige Matratze.

Am Tag des Todes ihrer Tochter sei die Angeklagte noch mit dem Hund Gassi gegangen, geht aus dem Protokoll der Vernehmung weiter hervor. Als sie nach Hause kam, habe sie dem Baby über den Rücken gestreichelt und gemerkt, dass es sich nicht mehr bewegte. „Da habe ich sofort Panik bekommen.“ Ihr damaliger Freund schilderte den Beamten, dass er nach den Rufen seiner Freundin ans Bett des kleinen Mädchens gekommen sei, den neunmonatigen Säugling erst schüttelte, ihm noch die Windel auszog. Dann habe er gesehen, dass Lara Mia blau angelaufen war. Er habe versucht, das Kind mit Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben. Die genaue Todesursache blieb bislang allerdings unklar – Rechtsmediziner konnten auch einen plötzlichen Kindstod nicht ausschließen. (dpa)