Kommentar

Es klingt fast wie eine Mischung aus Dritter Welt und 19. Jahrhundert: Friseure, deren karger Stundenlohn von 5,11 Euro nur voll bezahlt wird, wenn sie extreme Umsatzerwartungen erfüllen; Bauarbeiter, die unbezahlte Überstunden machen müssen; Zimmermädchen, die mit 2,46 Euro die Stunde nach Hause gehen. Wer dagegen aufbegehrt, fliegt. Wer zu langsam ist, fliegt. Und wer krank wird, der fliegt auch. Das alles mitten in Hamburg, im Jahr 2007.

Die Empörung ist, natürlich, groß. Arbeitgeber, Gewerkschaften, Kammern und Politiker verurteilen die Praxis in seltener Einigkeit. Appelle werden verfasst, Aufrufe gestartet. Dagegen ist auch nichts zu sagen. Nur: Ändern lässt sich so nichts.

Die harte Realität ist die, dass zahlreiche Unternehmen vor allem der Dienstleistungsbranche Recht, Gesetz und Tarifverträge ignorieren. Und die Angst vor Rauswurf, vor Hartz IV und Ein-Euro-Jobs bringt Arbeitnehmer dazu, die Bedingungen zähneknirschend zu akzeptieren. Was aber lässt sich tun? Gefordert (und mitschuldig) sind alle: Staat, Wirtschaft - und wir. Als Kunden.

Der Staat muss für wirksame Gesetze, vor allem aber für deren Durchsetzung sorgen. Nur wirklich harte Strafen für ausbeuterische Unternehmen - und die verantwortlichen Personen - können Abhilfe schaffen. Die Wirtschaft muss wissen: Wenn sie Dienstleistungen ausgliedert, und dann möglichst billig wieder einkauft, schafft sie den Nährboden für Dumpinglöhne. Die Unternehmen haben aber die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Aufträge nur an seriöse Anbieter gehen.

Schließlich sind wir als Verbraucher gefordert. Wer immer nur "billig, billig" will, muss wissen, dass die Leistung, die dahinter steckt, auch billig bezahlt wird. Wir können uns nicht über Kinderarbeit in Asien empören, Hungerlöhne in Deutschland aber stillschweigend akzeptieren.