Hilfskraft blieben 24 Minuten für die Komplettreinigung eines Zimmers. In Hamburg ist das gängige Praxis.

Ein Job als Zimmermädchen in einem Fünf-Sterne-Hotel: Für Sabine Krug (28, Name geändert) war das noch vor einigen Wochen ein großer Traum. "Heute ist die Vorstellung, für ein Reinigungsunternehmen zu arbeiten, ein Albtraum", sagt sie.

Die Zeit, in der die junge Frau als Etagenhilfskraft in einem Hamburger Nobelhotel tätig war, möchte sie nicht noch einmal durchmachen. "Abends habe ich mich oft bei meinem Lebensgefährten ausgeweint", sagt sie mit leiser Stimme. Der Druck, unter Akkord arbeiten zu müssen, sei einfach zu groß gewesen. "Am Schlimmsten waren die Existenzängste", sagt sie. Angst, nicht genug Geld zu verdienen, um sich und die drei kleinen Kinder über die Runden zu bringen. Nun wurde der Hamburgerin gekündigt.

Ihr Arbeitgeber, Alexander Neppert vom gleichnamigen Reinigungsunternehmen, beschäftigt sie nicht weiter, weil sie angeblich zu langsam gearbeitet hat. In Hamburg oft gängige Praxis. Neppert: "Wer es in einer Stunde nicht schafft, die geforderte Zimmeranzahl zu säubern, ist nicht geeignet für den Job. Deshalb fliegt jeder raus, der zu langsam ist."

Dabei war die Freude über die neue Anstellung bei Sabine Krug und ihrer Familie anfangs noch groß. "In meinem Arbeitsvertrag wurde mir ein tariflicher Stundenlohn versprochen", sagt die junge Frau. Dabei handelt es sich um den Hoteltarifstundenlohn von 7,27 Euro pro Stunde für Etagenhilfskräfte. "Letzte Woche teilte mir die Firma jedoch mit, dass ich ab dem 8. Januar eine Pauschale von 3,50 Euro pro gesäubertem Zimmer erhalte", sagt das ehemalige Zimmermädchen, "das war ein Riesenschock."

Nach Angaben von Neppert war die Änderung der Vergü- tung unumgänglich: "Ansonsten hätte ich bei den Löhnen draufgezahlt. Außerdem wird Akkordarbeit in jeder Fabrik praktiziert."

Die junge Frau war verzweifelt. "Mir war klar, dass ich die geforderten zweieinhalb Zimmer nicht in 60 Minuten schaffe. Schon gar nicht, wenn die Zimmer stark verschmutzt sind", sagt Sabine Krug. Sie sei erst seit Kurzem als Zimmermädchen beschäftigt gewesen und hätte wegen der fehlenden Routine mindestens 40 Minuten pro Zimmer gebraucht. Schließlich seien die Aufgaben sehr umfangreich: Betten beziehen, staubsaugen und wischen, Handtücher auswechseln, das Bad putzen und Spiegelflächen polieren - das könnte nicht sorgfältig in den vorgegebenen 24 Minuten erledigt werden. "Zudem hat man mich nie richtig eingearbeitet. Dafür wurde ich ständig angemotzt", sagt sie und schaut bedrückt auf den Boden ihrer 59-Quadratmeter-Wohnung.

Nach ihren Berechnungen wäre sie künftig höchstens noch auf 560 Euro brutto gekommen. "Und dabei haben wir sowieso nicht viel Geld zum Leben", sagt sie. Ihr Lebensgefährte bekommt 300 Euro Erziehungsgeld. Das Kindergeld beträgt 470 Euro. "Aber allein die Miete kostet uns schon 650 Euro", sagt sie.

Ihr Ex-Chef bestreitet, dass seine Angestellten nicht nach Tarif bezahlt würden. Fest steht jedoch: "Diejenigen, die nicht auf den Tarifstundenlohn kommen, müssen gehen", sagt Neppert.

Dass ihr gekündigt wurde, weil sie angeblich nicht schnell genug gearbeitet hat, betrachtet Sabine Krug als eine "Frechheit". "Denen ist es egal, ob man nach der Arbeit auf allen vieren kriecht. Hauptsache, die Zimmer sind schnell fertig. Das ist pure Ausbeutung", sagt sie. Die Überstunden, die sie vermutlich nicht mehr bezahlt bekommen wird, erwähnt sie nur am Rande.

Obwohl ihr Traum, in einem schicken Hotel zu arbeiten, zerplatzte und sie weiterhin jeden Cent umdrehen muss, ist sie froh, dem Druck nicht weiter ausgesetzt zu sein. Trotz der Enttäuschung blickt sie zuversichtlich in die Zukunft: "Beim nächsten Job wird bestimmt alles besser."