Löhne weit unter Tarif, Mindest-Umsätze und ein massiver Druck vonseiten der Geschäftsführung auf die Mitarbeiter: Eine Hamburger Friseurkette soll nach Angaben eines früheren Managers mit dubiosen Methoden ihre Angestellten zu Höchstleistungen zwingen. Wie der Insider berichtet, erhielten Gesellen zwischen 850 und 900 Euro Lohn, Meister bekamen 1100 Euro. Es gebe Zielvorgaben, die erreicht werden müssen - sonst wird den Mitarbeitern gekündigt.

"Das Unternehmen will nur Profit machen, achtet nicht auf die Belange seiner Mitarbeiter. Um die Zielvorgabe von 200 Euro Umsatz pro Tag zu erreichen, müssen die Angestellten oft länger als die vorgeschriebenen acht Stunden arbeiten. Die Filialleiter geben ihnen sechs Monate Zeit, dauerhaft auf den Zielumsatz zu kommen. Doch nach der Schonzeit ist schnell Schluss", sagt der Insider zum Abendblatt. "Wer es dann nicht schafft, dem wird sofort gekündigt." Gleiches gelte auch für diejenigen, die dem Druck weder körperlich noch seelisch standhalten könnten. Laut Vertrag gebe es eine dreimonatige Probezeit, und "wer sich in diesem Zeitraum auch nur einen Tag krankmeldet, der fliegt sofort raus". Das Abendblatt konfrontierte eine stellvertretende Filialleiterin dieser Kette mit den Angaben des Insiders. Unglaublich: Die Friseurin gab alles zu: "Ja, es gibt diese Vorgabe von 200 Euro pro Tag. Das sollte man schon schaffen." Sie bestätigte auch die untertariflichen Lohnangaben des Insiders. Unüblich sei das nicht, so die Friseurmeisterin.

Bittere Ironie: Auf die Frage, was sie von dem Lohndumping-Problem in der Hansestadt halte, sagt die Frau: "Ich finde es so schrecklich, dass einige Arbeitgeber dazu in der Lage sind."

Auf Nachfrage in der Geschäftsleitung der Friseurkette, gab man sich unwissend: "Ich kann leider nichts zu dieser angeblichen Zielvorgabe von 200 Euro am Tag sagen. Davon weiß ich nichts, da müsste ich erst die Geschäftsleitung fragen", sagt der Assistent der Geschäftsleitung. Doch die war auf Anfrage des Abendblatts nicht zu sprechen.

Birger Kentzler, Obermeister der Friseur-Innung Hamburg, ist schockiert: "Es kann nicht sein, dass solche Unternehmen damit durchkommen." Für Kentzler sind die Friseurketten "Knochenmühlen: Maximale Umsatzziele müssen mit Zehn-Euro-Haarschnitten erreicht werden." Nur die wenigsten würden das auf Dauer durchstehen. "Die machen dubiose Geschäfte auf Kosten der Gesundheit ihrer Mitarbeiter", sagt Kentzler.

Die Friseur-Innung geht jetzt in die Offensive. "Wir werden eine Untersuchung der Hamburger Friseurketten einleiten", sagt Kentzler. "Melden Sie sich bei uns", bittet er betroffene Arbeitnehmer. "Wir wollen helfen. Dafür brauchen wir Beweise."

Auch wenn das für einige zu spät kommt. Fast täglich habe sein Ex-Arbeitgeber, so der Insider, Mitarbeiter gefeuert - manchmal bis zu elf Friseure am Tag. "Mir taten die jungen Leute leid, und ich konnte nichts für sie tun." Der Insider kündigte seinen Job.