Schon wieder verzögert sich der Zeitplan im Hamburger Piraten-Prozess: Jetzt wurden sogar Termine bis zum 30. November abgesprochen.

Hamburg. Der Zeitplan im Hamburger Piraten-Prozess verzögert sich weiter: Die Prozessbeteiligten haben am Mittwoch vorsorglich Verhandlungstermine bis zum 30. November abgesprochen. Demnach würde die Verhandlung über ein Jahr lang dauern – am 22. November 2010 war Auftakt. Zu Beginn des Prozesses sollte bereits im März diesen Jahres ein Urteil fallen, dann verschob sich das Enddatum bis Mai und schließlich bis August. Von den bisherigen 34 Verhandlungstagen mussten fünf wegen Erkrankungen von Angeklagten ausfallen, auch am Mittwoch geriet die Befragung eines Sachverständigen durch gesundheitliche Probleme eines mutmaßlichen Seeräubers in Verzug.

Der norwegische Politik-Dozent schilderte vor Gericht die Professionalisierung der Piraterie in Somalia. "Vom Teilzeit- zum Vollzeitpiraten“ habe sich das Bild in den letzten Jahren gewandelt, wurde er von einem Dolmetscher übersetzt. Vor allem eine Gruppierung, die sich selbst "Somali Marines“ nannte, soll Männer ausgebildet und quasi auf Kommission auf Schiffskaperungen geschickt haben – keine Beute hieß auch keine Bezahlung. Investoren konnten sich sogar durch Anteile an den Raubzügen bereichern. Allein von 2009 bis 2010 hat sich nach Angaben des Experten die durchschnittliche Lösegeldsumme für ein gekapertes Schiff in der Region auf fünf Millionen Dollar verdreifacht.

"Die somalische Piraterie ist aber nicht mit Gewalttätigkeit verbunden“, sagte der Gutachter im Zeugenstand. In diesem Jahr wurden bislang neun Geiseln von somalischen Seeräubern umgebracht, im vergangenen Jahr waren es ebenfalls neun Tote. Doch im Vergleich zu Schiffskaperungen in anderen Regionen würden die somalischen Piraten weniger brutal vorgehen, sagte der Norweger. Damit bestätigte er den Bericht des ersten Somalia-Experten, der vor wenigen Wochen vor dem Landgericht ausgesagt hatte.

Bei dem Überfall auf dem Hamburger Frachter "Taipan“ im April 2010 war niemand verletzt worden. Wegen Gefährdung des Seeverkehrs und erpresserischen Menschenraubs müssen sich zehn mutmaßliche somalische Piraten in der Hansestadt verantworten. (dpa)