Niederländischer Marinesoldat, der bereitsmehrfach im Hamburger Piraten-Prozess ausgesagt hat, steht im Fokus der Ermittlungen.

Hamburg. Die Hamburger Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen einen niederländischen Marinesoldaten eingeleitet, der mehrmals im Piraten-Prozess in der Hansestadt ausgesagt hatte. Gegen ihn bestehe der Verdacht der fahrlässigen Tötung, teilte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers am Mittwoch mit. Ein 28 Jahre alter Angeklagter hatte zuvor Strafanzeige gegen den Zeugen eingereicht.

Hintergrund ist, dass der Soldat den mutmaßlichen Seeräuber im März vor dem Hamburger Landgericht öffentlich als Informanten enttarnte. Der 28-Jährige soll der niederländischen Marine Informationen zur Piraterie in Somalia gegeben haben. Drahtzieher in seiner Heimat sollen das über die Medien erfahren und als Reaktion darauf den Halbbruder des Angeklagten erschossen haben.

Der Rechtsanwalt des mutmaßlichen Piraten stellte am Mittwoch zudem einen Beweisantrag, wonach die Mutter und die Ehefrau des Angeklagten vor Gericht zu den Vorfällen gehört werden sollen. Sie können angeblich bestätigen, dass der 28-Jährige vor dem Überfall auf den Hamburger Frachter „Taipan“ vom April 2010 von zwei Männern unter Druck gesetzt wurde. Zudem seien die Mutter und der Vater des Angeklagten nach der Enttarnung durch den niederländischen Soldaten von den Drahtziehern massiv bedroht worden und befinden sich seitdem auf der Flucht. Im April wurde schließlich der Halbbruder des Angeklagten erst gefangen genommen und dann erschossen. Aus Sicht der Verteidigung gehen die Ausschreitungen auf die Äußerungen des Zeugen zurück.

Die niederländische Marine hatte die „Taipan“ am Ostermontag vergangenen Jahres wenige Stunden nach dem Piraten-Angriff befreit und zehn mutmaßliche Seeräuber auf der niederländischen Fregatte „Tromp“ festgesetzt. Der Marinesoldat, gegen den jetzt die Ermittlungen laufen, soll dort freiwillige Erklärungen der Verdächtigen entgegengenommen haben. Die Videoaufzeichnungen der Gespräche wollen die niederländischen Behörden dem deutschen Gericht allerdings nicht zur Verfügung stellen, wie der Vorsitzende Richter am Mittwoch bekanntgab. Zehn mutmaßliche somalische Piraten müssen sich seit November 2010 wegen Gefährdung des Seeverkehrs und erpresserischen Menschenraubs in der Hansestadt verantworten. (dpa)