Duisburg. Ein Duisburger Landwirt zeigt, warum die Trockenheit den Getreidebauern zu schaffen macht. Landwirtschaftsverband gegen Gebühren für Bewässerung.

Mit seinem Spaten kommt Reinhard Mosch kaum in den Acker, zwei, drei feste Tritte, dann bricht die Erde auf und der Getreidebauer kann uns das Problem zeigen: Die Wurzeln seiner Wintergerste reichen kaum fünf Zentimeter in den Boden, der unter seiner steinharten Kruste so staubtrocken ist, dass er in seinen Händen zerbröselt. Drei warme, regenfreie Wochen haben gereicht. Und weil der Juni so trocken bleiben soll, wird Reinhard Mosch die Gerste wohl zwei Wochen früher ernten müssen als geplant.

Nach dem Dürre-Triple zwischen 2017 und 2019 droht ihm und allen anderen Ackerbauern der vierte zu trockene Sommer binnen sieben Jahren. In die Falle gelockt hat die Gerste diesmal ausgerechnet das aus Landwirtesicht so schön feuchte Frühjahr: „Im März und April war die Gerste zu faul, Wurzeln zu bilden, weil ja genug Wasser von oben kam“, veranschaulicht Mosch, „jetzt gehen sie nicht tief genug, um welches von unten zu holen.“

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Lehmiger Boden kann das Wasser besser halten

Das liegt auch am Boden, der hier in der Ehinger Rheinaue im Duisburger Süden alle paar Meter anders beschaffen ist. Der ursprüngliche, kurvenreiche Flussverlauf hat schwere lehmige Streifen hinterlassen, die sich mit solchen abwechseln, die voller Kies und Sand und deshalb sehr wasserdurchlässig sind. Was das mit dem Getreide macht, lässt sich bei Bauer Mosch auf ein und demselben Feld gut erkennen: Die Gerste am Rand hat bereits hellgelbe Grannen und fast reife Körner, 30 Meter weiter schlägt der sachte Wind noch grüne Wellen übers Feld, weil dort lehmiger Tonboden das Wasser halten kann.

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Sandige Böden gibt es vor allem im Norden von NRW, weiß die Landwirtschaftskammer, entsprechend rechnet sie hier auch mit Ernteeinbußen bei den frühen Getreiden. „Die Wintergerste entwickelt auf den leichteren Böden bereits eine Notreife, die natürlich zu schwächeren Ernteerträgen führt“, sagt Kammersprecher Jan-Malte Wichern.

Beim Weizen und Roggen entscheide sich in den nächsten Wochen, wie die Ernte wird, denn genau jetzt entwickeln die Pflanzen ihre Körner. Dafür bräuchten sie bald mal ein, zwei Schlucke Wasser, wonach es den Wetterprognosen zufolge nicht aussieht. Entsprechend hält Wichern die Aussicht für „eher kritisch“. Die Getreidemärkte teilen diese Sorge ganz offensichtlich, denn die Weizenpreise sind nach einem langen Sinkflug an den Börsen zuletzt wieder gestiegen.

„Wir müssen uns anpassen und neue Sorten entwickeln“

Die sich häufenden Hitze- und Trockenphasen sind das Thema schlechthin für die Getreidebauern. Zumal sie in diesem Winter und Frühjahr sehen mussten, dass nach den drei trockenen Jahren 2017 bis 2019 auch ein regenreiches Halbjahr es nicht geschafft hat, die Grundwasserspeicher aufzufüllen. „Der Strom zwischen Grundwasser und Oberflächenwasser ist abgerissen“, sagt Reinhard Mosch. Für ihn ist deshalb klar: „Wir müssen uns anpassen, neue Sorten entwickeln und schauen, was wir wo anbauen.“

Mit Blick auf das Stahlwerk von HKM im Duisburger Süden steht Landwirt Reinhard Mosch in seinem Gerstenfeld. Hinter dem trockenen Streifen ist die Gerste noch grün, weil der Boden dort lehmiger ist und das Wasser besser halten kann.
Mit Blick auf das Stahlwerk von HKM im Duisburger Süden steht Landwirt Reinhard Mosch in seinem Gerstenfeld. Hinter dem trockenen Streifen ist die Gerste noch grün, weil der Boden dort lehmiger ist und das Wasser besser halten kann. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Er selbst pflanzt nur noch wenig vom mit Abstand beliebtesten Getreide der Deutschen an: Weizen. Und wenn, dann nur noch auf schweren Böden. Denn „Weizen ist besonders faul, was die Wurzelbildung angeht.“ Stattdessen setzt er auf Dinkel, eine robustere, tiefer wurzelnde Weizenart. Auch Roggen ist weniger empfindlich. Und der französische Winterweizen interessiert ihn, mit dem ein Nachbar gute Erfahrungen gemacht hat.

Der Weizen ist besonders faul beim wurzeln

Wovon Reinhard Mosch nichts hält, sind Kulturen, die nur unter Folien und mit reichlich Bewässerung gedeihen. „Wenn Sie jetzt in der Sonne eine Beregnungsanlage einschalten, verdunstet die Hälfte. Dafür ist unser Grundwasser viel zu schade.“ Für Getreidefelder käme das eh nicht infrage, wäre zu teuer. Kartoffelbauern sind schon eher darauf angewiesen. „Unser Berater für wasserschonende Beregnungsanlagen erhält immer mehr Anfragen von den Landwirten“, sagt Kammersprecher Wichern.

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Aktuell gehe es vor allem darum, die Wassermenge zu senken, indem etwa Sensoren den Flüssigkeitsbedarf der Pflanzen messen. Auch werde bevorzugt nachts beregnet, damit weniger Wasser verdunstet. Während Erdbeeren und Spargel in aller Regel bereits moderne, wassersparende Tröpfchensysteme haben, tun sich Kartoffelbauern damit schon wegen der schnelleren Fruchtfolge schwer: Kartoffeln können nur ein Jahr lang auf demselben Feld wachsen, Spargel zehn Jahre und mehr hintereinander liegen bleiben.

Sollen Landwirte in NRW fürs Grundwasser zahlen?

Und jetzt soll das knappe Gut Wasser für viele Landwirte auch noch teurer werden. Rheinland-Pfalz führt 2024 eine Entnahmegebühr von sechs Cent je Kubikmeter Grundwasser und 2,4 Cent für Oberflächenwasser ein. Andere Länder wie Niedersachsen und das Saarland haben derlei Gebühren seit Jahren, weitere wie Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen sie einführen, Nordrhein-Westfalen verzichtet darauf bisher und hat auch keine Pläne dafür.

Dass die Landwirte an Rhein, Ruhr und Lippe wenig Interesse an neuen Gebühren haben, liegt nahe, entsprechend begrüßt der Rheinische Landwirtschafts Verband die Düsseldorfer Linie. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) betont, die Bewässerung der Felder nehme mit Blick auf die Erntesicherung und vor dem Hintergrund des spürbaren Klimawandels eine große Bedeutung ein. Die Kostenverteilung sei „grundsätzlich zu klären, wobei die Bedeutung der Grundwassernutzung zur Ernährungssicherung durch die Landwirtschaft für uns klar im Vordergrund steht“, sagt WLV-Sprecherin Laura Jacobs auf Anfrage.

Neue, hitzeresistente Getreidesorten brauchen zehn Jahre bis zur Zulassung

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Die Landwirtschaftskammer NRW experimentiert seit dem extremen Dürresommer 2018 verstärkt mit neuen, trockenheitstoleranteren Getreidesorten. Doch bis eine neue Sorte zugelassen sei, dauere es rund zehn Jahren, dämpft Wichern zu große Hoffnungen auf schnelle Lösungen. Bauer Mosch macht sich dennoch wenig Sorgen, dass sich der Getreideanbau in hiesigen Gefilden absehbar nicht mehr lohne. Denn: „Der Süden hat mit der Trockenheit ja noch viel größere Probleme. Unser Getreide wird immer gebraucht werden. Und wenn unsere Erntemengen sinken, steigt eben der Preis.“