Essen. Emmerichs Trinkwasserversorgung stößt an die Grenzen. Mit Dürre oder leeren Speichern hat das weniger zu tun. Warum es das Ruhrgebiet besser hat.
Alarm in Emmerich am Niederrhein: Weil die 30.000 Einwohner in diesen ersten heißen Tagen des Jahres 50 Prozent mehr Wasser als normal verbrauchen, stößt die Trinkwasserversorgung der Stadt an Kapazitätsgrenzen. Die Stadtwerke appellieren an die Bevölkerung dringend, vorerst auf das Befüllen von Pools, auf die Bewässerung der Gärten und auf das Arbeiten mit Hochdruckreinigern zu verzichten. Auch in anderen, kleineren Kommunen in NRW werden Bürger gebeten, sparsam mit dem Wasser umzugehen. Doch mit Dürre, Wasserkrise und leeren Grundwasserschichten haben diese Vorgänge in der Regel nichts zu tun, sagen die Wasserversorger, sondern mit Engpässen in der Aufbereitung und Verteilung.
„Es gibt und gab zu keiner Zeit eine Trinkwasserknappheit“, sagte Steffen Borth, Technischer Leiter der betroffenen Stadtwerke in Emmerich, dieser Redaktion. „Durch die anhaltende Trockenheit und aufgrund des außergewöhnlich hohen Wasserverbrauchs bis in den Nachtstunden sind wir mit unserem Wasserwerk an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen.“ Normalerweise würden pro Stunde im Schnitt 330 Kubikmeter Wasser aufbereitet. Der Bedarf aber habe an den heißen Tagen bei rund 490 Kubikmeter pro Stunde gelegen.
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„Das Rohwasser in NRW ist da“, bestätigt Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamtes für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz. Doch kleineren Wasserwerken in der Region fehle es oft an Kapazitäten, um bei plötzlichen, heftigen Verbrauchsspitzen die Trinkwasseraufbereitung auszuweiten. Größere Aufstellpools in Gärten fassen über 10.000 Liter Wasser. „Unsere Wasserentnahmedaten zeigen ein deutlich erhöhtes Verbrauchsverhalten“, erklärt Borth und nennt die Gartenbewässerung und die Poolbefüllung als Beispiele.
Zudem muss das Wasserwerk in der Region große Mengen für andere Verbraucher aufbereiten und vorhalten: „Die Stadtwerke Emmerich versorgen nicht nur private Haushalte, sondern auch Gewerbe- und Industriekunden mit Trinkwasser. Zudem ist die Trinkwasserinfrastruktur essenziell für die Löschwassersicherstellung.“ Borth geht jedoch davon aus, dass sich die Versorgungslage in Emmerich entspannt. „Der Appell, von Gartenbewässerung und Befüllung von Swimming-Pools abzusehen, hat Wirkung gezeigt. Es scheint, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich werden.“
Trinkwasser-Engpässe: Kleine Wasserwerke anfälliger
Emmerich bangt nicht allein um die Ressource Wasser. Stadtwerke in ländlichen Regionen, die den Bedarf an Trinkwasser in der Regel aus einem Wasserwerk decken, es in wenigen Puffern vorhalten und das Wasser durch ein kleines Rohrnetz leiten, sind anfälliger für Verbrauchsspitzen – wie es sich Emmerich nun wieder zeigt.
Gelsenwasser, Deutschlands größter Wasserversorger, kann die Spitzen eher abfedern - aufgrund der Größe seiner Infrastruktur. „Unsere Infrastruktur und das Netz unserer Talsperren wurden für den damaligen Bedarf der Großindustrie geschaffen. Das gibt uns heute Kapazitäten für die Ballungsräume“, sagt Gelsenwasser-Sprecher André Ziegert. Die Wasserverbräuche seien mit dem Schrumpfen von Montan- und Stahlindustrie gesunken. Bei Modernisierungen des Leitungsnetzes könnten kleiner dimensionierte Rohre in die bestehenden, größeren Leitungen eingezogen werden. „Dafür brauchen wir nicht die Straße aufzureißen“, sagt Ziegert.
Gelsenwasser kann nachts seine Speicher auffüllen
An einem typischen Sommertag im Ruhrgebiet, so Ziegert, verlaufe die Kurve des Wasserverbrauchs eher „unspektakulär“, ohne riesige Sprünge. Morgens ab vier Uhr steige der Verbrauch merklich an: Die Menschen erwachen, setzen Kaffee auf, duschen, betätigen die Toilettenspülungen. Die Industrie wirft ihre Produktionsstätten an, „das sorgt im Tagesverlauf für einen gleichbleibenden, hohen Verbrauch“, sagt Ziegert. Abends, gegen 20 Uhr, ist der Bedarf am größten. „Wir sehen es an den Verbräuchen, wenn die Menschen abends ihre Gärten bewässern. Und wir sehen, wann bei einer Fußball-WM in einem spannenden Spiel Halbzeitpause ist und die Toiletten rauschen.“
„Nachts, wenn die Menschen schlafen, füllen wir unsere Speicher auf, um den Bedarf des nächsten Tages zu sichern“, sagt Ziegert. Ein kleines Stadtwerk wie in Emmerich hingegen muss seine Kapazitäten aus Kostengründen kleiner dimensionieren – und hoffen, dass die Einwohner in der Stadt an heißen Tagen Verständnis zeigen.